Hellwache, aufmerksame Stille

Hellwache, aufmerksame Stille – das ist der Zustand, der angestrebt werden muss. Es geht nicht darum Gedanken abzuwürgen oder Gedankenfrei und dabei schläfrig zu sein!

Das Bewusstsein muss auf sich selbst ausgerichtet werden, es muss hellwach, hochgradig aufmerksam und inaktiv sein – und gleichzeitig muss ein fragendes, forschendes Gefühl aufrecht erhalten werden – so als ob man konzentriert aber entspannt in einen unbekannten Raum hinein schaut – aber ohne dabei zu denken oder sich sonstwie innerlich zu bewegen oder zu verspannen.

Es ist eine innere, konzentrierte, entspannte, fragende Haltung, die dazu führt, dass sämtliche mentalen Bewegungen zu ihrem Ende kommen. Dann schaut Stille auf Stille. Das ist totale Stille, Frieden, Liebe, Glück – mehr geht nicht.

Wenn man geübt ist, kann das sehr lange aufrecht erhalten werden – genau so lange, wie man sich nicht von irgendwelchen Erscheinungen im Wahrnehmungsfeld ablenken lässt. Und wenn es zur Normalität und Gewohnheit wird, merkt man, dass es ein natürlicher Zustand ist, der nur durch Jahrzehntelanges, zwanghaftes Denkens verdeckt wurde. Es ist schlicht und einfach der natürliche Zustand, in dem es weder Gedanken, noch eine Person oder irgendwelche mentalen Bewegungen gibt.

Man kann das auch in Flow-Erlebnissen erfahren – aber wozu soll man den Umweg über äußere Tätigkeiten gehen, die zudem immer nur temporär sein können, wenn man diesen innerlichen, natürlichen Zustand direkt und dauerhaft herbeiführen kann?

Man braucht buchstäblich NICHTS um einfach nur das zu sein, was man ohnehin immer ist: STILLE, FRIEDEN, LIEBE, FREUDE. Man muss nur das Überflüssige (Denken=Person) weglassen – dann ist es wieder da. Genauso wie wenn man die Hand vor die Augen hält – dann sieht man nichts – nimmt man sie weg, ist die Sicht wieder da.

Das ganze fühlt sich so an, als wäre hinter dem Hinterkopf oder um die hintere Hälfte des Kopfes herum, sie einschließend und weit darüber hinausragend, eine große leuchtende Kugel, die ich bin und in der diese Gefühle erlebt werden. Das darf man nicht wörtlich nehmen, denn mit den Augen ist da nichts zu sehen – es fühlt sich nur so an.

Ich habe gerade gesehen, dass ich hier bereits darüber geschrieben hatte. Hier noch zwei weitere Quellen, die sich mit solchen Bewusstseins-Phänomenen beschäftigen: Eins, Zwei. Das hört sich für normale Menschen sicherlich an, wie eine Verrückt-Heit – tatsächlich sind aber die normalen Menschen ver-rückt – nämlich aus ihrer natürlichen Bewusstseins-Position ver-rückt.

Transpersonale Entwicklung, Seite 74: Das Folgende ist perfekt formuliert:
Die Perspektivenhaftigkeit des Radikalen Konstruktivismus und seine Möglichkeiten zum Wechsel in die Aperspektivität bzw. Multiperspektivität des erleuchteten Geistes sind unausweichliche Muster transpersonaler Bewusstseinsmutation, die auch in das Erleben von Zeit hineinwirken und die künstlichen Grenzen einer konsensusorientierten Wahrnehmung sprengen. Meditation als gelebte, fleischgewordene Kunst erlaubt den Eintritt in das Energiefeld des Bewusstseinszustands der Gegenwärtigkeit, dort, wo der Begriff Zeit restlos eliminiert wird zugunsten eines fließenden Bewusstseins reinen Jetzt. Die Befreiung und positive Auflösung von manifesten Gedanken an Vergangenheit und Zukunft, welche den Geist beherrschen und zur unzufriedenen Existenz führen, wird dann möglich, wenn eine präsentische, gelebte Zeit die mental vorgestellte Zeit in sich zurücknimmt. Denn im Zusammenbruch virtueller Zeitvorstellungen vollzieht sich das vollkommen bewusste Eintauchen ins gegenwärtige Geschehen, in den Flow, dem Stadium totaler Anteilnahme und Ankunft in der realen Zeit des lebendigen biologischen Organismus. Mit der Zurückweisung aller Projektionen als Hemmnis wahrer Gegenwärtigkeit und der Kontaktaufnahme mit dem Jetzt erfahren transpersonale Psychonauten gleichsam auch die Aufhebung der Schwerkraft personaler Identität. Die Identität, die dann auftaucht, stammt von einem tieferen Ort, einem Gefühl des Seins, einem Gefühl der Lebendigkeit und vollkommenen Friedens, der verwurzelt ist im Jetzt. Dieser aus der Ruhe des Geistes geborene Perspektivenwechsel ist untrennbar verbunden mit dem Gefühl, das Jetzt selbst zu sein, also das Bewusstseinsfeld, in dem alles passiert. Innerhalb dieser präsentischen Zeitlosigkeit gibt es keine Identifikationen mit Gedanken und Emotionen, sondern vielmehr mit der Ruhe, dem Raum, in dem es passiert. Und in dem Moment, in dem man sich erlaubt, das Jetzt zu sein, wie es ist, ist eine Weite, ein unendliches, aperspektivisches Bewusstsein da. Alles, was dann passiert, passiert in dieser Weite, in dieser Geistes-Gegenwärtigkeit, in der alle Versenkungen aus Tagträumen verschwunden sind, alle Ich-Illusionen verloschen, wie auch das ständige Planen und Hoffen oder Schwelgen in Zukunftsvisionen.


Hier noch zwei Zitate aus „Gespräche mit Ramana Maharshi„:

»Vritti ist nur von kurzer Dauer. Es ist bedingtes, zielgerichtetes Bewusstsein oder absolutes Bewusstsein, das von Gedanken, Empfindungen usw. unterbrochen wird. Vritti ist die Funktionsweise des Geistes (Verstandes), während das ununterbrochene Bewusstsein den Geist (Verstand) überschreitet. Das ist der natürliche, ursprüngliche Zustand des jnani oder Befreiten. Es ist eine ununterbrochene Erfahrung, die sich durchsetzt, wenn das relative Bewusstsein verebbt. Aham vritti (der Ich-Gedanke) ist zeitlich begrenzt, aham sphurana (das Licht des ›Ich-Ich‹) ist ewig und beständig. Nachdem die Gedanken verebbt sind, erstrahlt das Licht.«

»Dieses Gewahrsein, das den Schlaf als Zustand erkennt, sieht jetzt die Welt im Wachzustand. Wenn die Welt nicht wahrgenommen wird, ist dies der Schlafzustand. Die Welt mag erscheinen oder verschwinden – d.h. man mag wach sein oder schlafen – das Gewahrsein bleibt davon unberührt. Es ist ein fortdauerndes Ganzes, an dem die drei Zustände von Wachen, Traum und Tiefschlaf vorbeiziehen. Sei auch jetzt dieses Gewahrsein. Das ist das Selbst – das ist Verwirklichung – das ist Friede – das ist Glückseligkeit