Gewahrsein erkennen – Update

Das Problem mit dem stillen Nur-Wahrnehmungs-Zustand (Gewahrsein, Wahrnehmungs-Funktion) ist, dass niemand ihn bemerkt, obwohl er allen Wahrnehmungs-Akten zugrunde liegt und daher inhärent ist. Ich habe heute eine Weile damit experimentiert und folgendes herausgefunden:

Wenn man die Augen eng macht und sich auf eine visuelle Wahrnehmung konzentriert, dann erfolgt eine Kontraktion im Kopf, hinter den Augen – das kann man deutlich spüren. Wenn man nichts spürt, einfach die Konzentration auf das visuelle Objekt verstärken, bis man etwas spürt. Um den Kontraktions-Effekt weiter zu verstärken, kann man auch die Augen zusammenkneifen, die Zähne zusammenbeißen oder andere Gesichtsmuskeln anspannen.

Sobald man die Kontraktionen spürt, löst man die Konzentration und alle zusätzlichen Kontraktionen ruckartig auf, und macht den Blick weit und unfokussiert. Das Weitmachen des Blicks, zusammen mit der schnellen muskulären Entspannung, erzeugt ein Gefühl der Weite in den Augen, im Kopf und um den Kopf herum. Wenn man das Gefühl der Weite spürt, entspannt man sich einfach da hinein und lässt es sich ganz natürlich weiter ausdehnen, ohne sich anzustrengen oder irgend etwas damit zu tun.

Wenn man das schafft und in die spontane Präsenz dieses Gefühles der „offenen Weite“ eintauchen kann oder gar darin bleiben kann, braucht man keine weiteren Methoden, Lehren, Philosophien oder gar Religionen um Stille und Frieden zu erreichen. Sobald man wieder herausfällt, kann das Ganze jederzeit wiederholt werden.

Die Konzentration der Augen und die muskulären Kontraktionen dienen dazu, durch die ruckartige Entspannung der Kontraktionen ein bereits vorhandenes aber verdecktes Gefühl der „offenen Weite“ zu erkennen und sich soweit damit vertraut zu machen – bis man es auch ohne Kontraktionen spontan aufsuchen kann.

Das Wahrnehmungs- und Erscheinungs-Feld hat keine bestimmte Größe, weil keine Grenze aufgefunden werden kann. Wenn das Fühlvermögen wächst, erkennt man, dass es gefühlt unendlich groß ist, was aber nichts über die tatsächliche Größe aussagt. Die Begriffe „offene Weite“ oder „grenzenlose Offenheit“ treffen das Gefühl recht gut.

Dieses Gewahrseins- oder Wahrnehmungs-Feld, wenn es dauerhaft gehalten werden kann, transparent ist und sich nirgendwo aufstützt – wenn also keine Hilfsgefühle benutzt werden, um sich darin zu halten – kann als „Buddha-Bewusstsein“ oder auch „Christus-Bewusstsein“ bezeichnet werden.

Man wird erkennen, dass dieses Feld-an-sich keinerlei Subjekte, Objekte und Bewegungen beinhaltet, also auch keine Gedanken, Gefühle, Emotionen, Vorstellungen, Weltanschauungen, Bewertungen und sonstigen Ego/Verstandes-Funktionen.

In diesem stillen, zeitlosen, weiten, offenen Feld (Raum, offene Weite) kann ALLES er-scheinen – aber das Feld selbst ist leer von erkennbaren Objekten und Bewegungen (objektive Leerheit) und voll von Leben, Intelligenz, Weisheit und Erkenntnisfähigkeit (Fülle, gefüllt mit Intelligenz, Energie und Funktionen).

Das Gewahrseins-Feld-an-sich ist leer von greifbaren und sichtbaren Objekten und voll von nicht-greifbaren und unsichtbaren Funktionen, Kreativität und Intelligenz. Daher sagt man auch „Reiner Geist“ (engl. Mind) dazu, weil es darin nirgendwo auch nur einen Hauch von Festigkeit und Materie gibt.

Und weil dieser „Reine Geist“ allem zugrunde liegt, gibt es nirgendwo etwas, das nicht identisch damit ist. ALLES IST EIN EINZIGES BEWUSSTES LEBEN. Das bedeutet, dass es keine davon getrennten Lebe-Wesen gibt – das er-scheint nur so.

Dieses, allen Erscheinungen zugrunde liegende, unpersönliche, universelle, zeitlose, nicht-duale Gewahrseins-Feld, mit seinen Intelligenz- und Kreativitäts-Funktionen, wird in der Selbsterkenntnis-Literatur wie folgt benannt: Christus-Bewusstsein, grundlegendes-Bewusstsein, Awareness, Buddha, Buddha-Bewusstsein, Rigpa, Shiva/Shakti, Urgrund, Absolutes, Bewusstseins-Ozean, offene-Weite, Quelle,Gott„…


Nachtrag 1: Longchen Rabjam (Longchenpa, 1308-1363), einer der größten spirituellen Meister, die Tibet hervorbrachte, fasste sein Lebenswerk, kurz vor seinem Tod, in dem Text „Das makellose Strahlen“ folgendermaßen zusammen:

Die Natur des Geistes ist die ultimative Sphäre, wie der Raum.
Die Natur des Raumes ist die Natur des Geistes, die angeborene Natur.
In der Bedeutung sind sie nicht getrennt.
Sie sind die Einheit großer Vollkommenheit.
Bitte erkenne die Natur in diesem Moment ….

Meine Freude am Tod ist viel größer als
die Freude der Händler, die ihr Glück auf See gemacht haben,
die Herren der Götter, die ihren Sieg im Krieg verkündet haben,
oder jene Weisen, die in der Absorption bleiben.
Jetzt wird Pema Ledrel Tsal (Longchenpa) nicht mehr lange hier bleiben,
sondern wird bald in die große Glückseligkeit der Todlosigkeit eingehen.
Longchenpa


Text + Audios: Padmasambhava’s Anleitung zur Erkennung des Gewahrseins


Wer das hier Beschriebene nicht durchdringen kann oder will, der muss, wohl oder übel, solange irgendwelchen Stufenwegen folgen, bis sich dieses Verständnis eingestellt hat. Dann wird auch er Willens und in der Lage sein, das nicht-duale Gewahrsein zu erkennen und darin zu leben. Es ist sehr leicht zu erreichen, weil es das ist, was wir wirklich sind – aber sehr schwer zu akzeptieren, weil all unsere herkömmlichen Erfahrungen scheinbar das Gegenteil aufzeigen. Genau diese Täuschung muss durchbrochen werden.


Nachtrag 2: Hier noch ein weiterer Text von Longchenpa, den ich gerade erst entdeckt habe: The precious Treasury of the Way of Abiding (PDF-Buch), der das Ganze umfassend erläutert. Der englische Text wurde maschinell in deutsch übersetzt und manuell korrigiert.

Die unaussprechliche Natur der Dinge ist, dass sie Kraft ihres Wesens leer (von Objekthaftigkeit und Substanz) sind. In der Weite des erwachten Geistes, gleich dem Raum, erscheinen Dinge, die von Natur aus unaussprechlich sind.

In der Gebärmutter des Grundraums als ein unendlicher Himmel, manifestiert sich das Universum durch Übergänge und Veränderungen in den vier Elementen. Diese Formen der Leere sind von Natur aus unaussprechlich, ebenso wie die Phänomene, die der manifeste Aspekt des erwachten Geistes sind.

So wie illusorische Bilder, obwohl sie sich in irgendeiner Weise manifestieren, von Natur aus leer sind und keine Substanz haben, sind alle Phänomene – die Welt der Erscheinungen und Möglichkeiten, so wie sie sich manifestieren – nur Erscheinungen im erwachten Geist und haben keine Substanz.

So wie Träume nicht vom Schlaf zu trennen und von Natur aus unaussprechlich sind, erscheint die Welt der Erscheinungen und Möglichkeiten, sei es Samsara (Relativität) oder Nirvana, ebenso nur im erwachten Geist und hat keine Substanz oder Eigenschaften.

Obwohl Phänomene dem Geist erscheinen, sind sie weder Geist noch irgend etwas anderes als Geist. Wegen ihrer illusorischen Natur, zwar klar sichtbar aber unaussprechlich, sind Manifestationen, in jedem Augenblick jenseits von Beschreibung, Imagination oder Ausdruck.

Aus diesem Grund wisse, dass alle Phänomene, die dem Geist erscheinen, unaussprechlich sind, selbst wenn sie sich manifestieren. Und so wie die scheinbaren Objekte von Natur aus unaussprechlich sind, so ist die Natur des erwachten Geistes, der sie wahrnimmt, im Grunde unaussprechlich, wie die des Raumes.

Erkenne, dass dies jenseits von Beschreibung, Vorstellungskraft oder Ausdruck liegt. In natürlich vorkommendem, zeitlosem Gewahrsein, der ultimativen Herz-Essenz, gibt es keine Kausalität, daher wird der Abgrund von Samsara überquert. Es gibt nichts Besseres oder Schlechteres, also sind Samsara und Nirvana ein integriertes Mandala.

Es gibt keinen Fehler oder Verdunkelung, also werden die drei Ebenen der bedingten Existenz exakt durchschaut. Erleuchtung – die Natur des Geistes – ist wie der Raum, nicht durch irgendein Extrem oder Vorurteil definiert, denn er ist von Natur aus nicht-dual.

Es gibt keine Sichtweise, die gepflegt werden muss, keine einzuhaltenden Gelübde, keine Anstrengung in erleuchteter Aktivität. Es gibt nichts, um zeitloses Bewusstsein zu verdecken, keine Ebenen, auf denen man trainieren kann, keine Wege, die man durchqueren muss, keine subtilen Faktoren, keine Dualität, keine Abhängigkeit. Da Werturteile transzendiert werden, gibt es nichts Spirituelles oder Nicht-Spirituelles.

Diese Ausdehnung, wie die Insel des Goldes, die keine Differenzierung oder Ausschließung beinhaltet, ist die natürlich vorkommende Natur des Geistes, wie der Raum, dessen Natur unaussprechlich ist und jenseits aller Charakterisierung und Ausdrücke. Innerhalb des letztendlichen Herzens, des ultimativen Essenzbewusstseins als solches, gibt es nichts zu verbessern, so dass positive Handlungen keinen Nutzen bringen.

Es gibt nichts zu verschlechtern, so dass negative Handlungen keine Verletzung verursachen. Es gibt keine karmische Kausalität, also gibt es kein Glück oder Leiden als unvermeidliche Konsequenz. Es gibt nichts Besseres oder Schlechteres, also gibt es keine Ablehnung von Samsara oder Akzeptanz von Nirvana. Es gibt keine Möglichkeit, an diese Essenz zu denken oder sie auszudrücken, also gibt es Freiheit von all diesen Versuchen.

Es gibt kein Vorher oder Nachher, also sind aufeinanderfolgende Lebenszeiten bloße Etiketten. Wie kann etwas verewigt werden? Wie kann man sich überhaupt durch Samsara (Relativität) bewegen? Was ist Karma? Was sind die unvermeidlichen Konsequenzen? Betrachte und untersuche die ultimative Bedeutung, die wie der Raum ist. Obwohl du intelligent nachforschst, immer wieder nachdenkst und analysierst, gibt es kein Fragment irgendeiner Substanz – nicht einmal ein Atom kann gefunden werden und keine Zeitteilung.

Ohne dualistische Wahrnehmung bleibt in diesem Moment die Essenz im Herzen, die ultimativ bedeutungsvoll und fundamental unkonditioniert ist. Unaussprechlich, wenn sie untersucht werden und gleichsam unaussprechlich, wenn sie nicht untersucht werden, sind Phänomene in ihrer Mannigfaltigkeit immer unaussprechlich, da es nicht den geringsten Bezugsrahmen gibt, auch nicht im Hinblick auf konventionelle Bezeichnungen. Wisse, dass sie von Natur aus keine Substanz haben, wie Illusionen oder Träume.

Im Kontext der Leere, die Träumen und magischen Illusionen innewohnt, sind diejenigen, die unklug und unreif sind, an Fixierung gebunden, aber diejenigen, die sich ihrer Natur bewusst sind, können nicht gebunden werden.

Gleichermaßen sind Menschen, die keine Weisheit in Bezug auf Unbeschreibbarkeit haben, durch Fixierung auf Identität gebunden und sind daher in Samsara gefangen. Während weise Menschen, die in echtes Sein eintauchen und sich im Moment über die Unbeschreibbarkeit klar sind, in der offenen Weite frei sind, in der Natur von Phänomenen, in denen es keine Kausalität gibt.

In der erwachten Natur des Geistes, die weder bestätigt noch geleugnet werden kann, bleibt zeitloses Gewahrsein ohne dualistische Wahrnehmung selbstverständlich. In nacktem Gewahrsein, das keine Kausalität beinhaltet, ist die einzigartige Sphäre, die weder positiv noch negativ ist. In einem uneingeschränkten Gewahrsein, ohne Grenzen oder Zentren, bleibt die vollständig positive, erleuchtete Absicht des Dharmakaya eine Selbstverständlichkeit.

In der Erleuchtung ist selbst-wissendes Gewahrsein, die Herz-Essenz der Unaus-Sprechlichkeit, die vollkommen reine und nicht-referentielle Absicht der Siegreichen klar ersichtlich. Als die natürlichen Manifestationen des Gewahrseins entstehen unaussprechliche Phänomene als unaufhörliche Darstellung für diejenigen, die in die wahre Natur der Illusionen eintauchen. Sie entscheiden, dass diese selbst dann unaussprechlich sind, wenn sie entstehen und reagieren nicht im geringsten mit Akzeptanz oder Ablehnung. Sie bleiben in höchster unerschütterlicher Ruhe, die sorglos mit einer tiefen inneren Weite ist.

Die Unreifen, getäuscht von dem, was unaussprechlich ist, sind wie Rehe, die eine Luftspiegelung verfolgen, nach der sie dürsten. Da sie Bedeutung in konventionelle Etiketten investieren – die Sprache der Verwirrung – werden sie in ihren jeweiligen Philosophien behindert und missverstehen Phänomene als Identität.

Da die Entwicklungsansätze von Stufenwegen die Falle des gewöhnlichen Geistes (Verstand) nicht vermeiden, wird die echte und endgültige Herzessenz nicht gesehen. Atiyoga – der grundlegende Raum, der Phänomene übersteigt, die völlig unaussprechlich sind – ist von der Natur des Raumes.

In keinem Augenblick bewegt sich das Dharmakaya, der natürliche Ort der Ruhe. In der Weite des ursprünglichen Grundraums gibt es spontane Präsenz in höchst seliger und natürlicher Ruhe. Wenn du nicht das geheime Gewahrsein erkennst – das, was letztlich in der Erleuchtung wichtig ist – wirst du niemals durch das befreit werden, was bewusste Anstrengung mit sich bringt (Stufenweg, Übungen). Weißt du nicht, dass alles Relative und Zusammengesetzte unbeständig ist und dem Zerfall unterliegt?

Wie kann der enge und komplizierte Knoten von gewöhnlichem Körper, Rede und Geist die ultimative Bedeutung der unzerstörbaren Herzensessenz berühren? Wenn du das erhellst, was erhaben ist – den Weg des Bleibens – dann lege alle Faktoren beiseite, die dich, wie so viele kindliche Spiele, physisch, verbal und mental fesseln und erschöpfen.

Die Natur der Unbeschreibbarkeit, die freie Entfaltung, ist die Natur der Phänomene – die natürliche große Vollkommenheit. In der Ausdehnung jenseits der Vorstellungskraft, in der nichts getan werden muss, erblicke die ultimative Bedeutung der höchsten, ungekünstelten Gleichförmigkeit.

Da dies jenseits von Kausalität und bewusster Anstrengung liegt, sei achtsam. Selbst-wissendes Gewahrsein, das keine Wahrnehmung von äußerem Objekt und innerem Subjekt beinhaltet, hat keine Zeit und keinen Ort und ist jenseits von Phänomenen, die entstehen oder aufhören.

Es ist rein wie der Raum und braucht daher keine langwierige spirituelle Annäherung. Da alle Gedanken darüber, ob das Gewahrsein existent ist oder nicht, falsch sind, vermeide jegliche gedanklichen Fallstricke oder Verdunkelungen, die dadurch entstehen, dass Phänomene als Identität missverstanden werden. Im unteilbaren und vollkommen positiven Bereich des Gewahrsamkeits-Raumes, verbleibe entschlossen in der höchsten und unendlichen Leere. Stehe fest in der leeren Natur der Phänomene, die ohne Übergang und Änderung ist.

Im ursprünglichen Bereich des Grundraumes, der nirgends verweilt, werden die oberflächlichen Schichten der Sicht durchschnitten – und der Schlüsselpunkt in seiner Gesamtheit enthüllt sich als Unaussprechbarkeit.

Wenn der Schlüsselpunkt der Unaussprechlichkeit offenbart wurde, ist eine Implikation, dass Gewahrsein, ein Zustand unbeirrbarer Ruhe, der in der Meditation nicht kultiviert wird, erkannt werden kann, in Abwesenheit von Akzeptanz oder Ablehnung von was auch immer entsteht. (Gedankenloser Zustand)

Die Weite ist das integrierte Mandala des Geistes. Der Vajra-Grundraum – der höchst glückselige Zustand der natürlichen Ruhe – ist erhabene meditative Stabilität, spontan präsent, ohne kultiviert werden zu müssen. Immer präsent, wie der Lauf eines großen Flusses, ist es selbstverständlich, wenn es ein ungekünsteltes Gleichgewicht gibt. 

Die leere Natur der Phänomene, ist dem Raum ähnlich. Da es keinen Übergang oder Veränderung gibt, ist es keine Frage, ob es Ablenkung gibt oder nicht. Die Unendlichkeit des erhabenen Grundraumes, der sich nicht bildet und zerfällt, liegt nicht im Bereich der endlichen Erfahrung, die durch Worte charakterisiert werden kann. 

Diejenigen, die in das wahre Sein eingetaucht sind – für die sich das natürlich entstehende Gewahrsein als die Weite des erhabenen Wissens herausbildet, deren Verstand nicht pedantisch ist, obwohl sie viele Lehren gehört haben und das Unbeschreibbare jenseits aller Vorstellungskraft erleben – entscheiden, dass es sich nicht um etwas handelt, das charakterisiert wird oder nicht.

Da weder Meditation noch irgendetwas, worüber man meditieren kann, gefunden werden kann, braucht man die Feinde der Lethargie und Agitation nicht zu töten.

Da die Herzessenz die Unaussprechbarkeit ist (die zeitlose Freiheit der scheinbaren Phänomene und des Geistes), die Weite der Gleichheit (die Natur der Phänomene, in denen sich die Verwirrung auf natürliche Weise niederschlägt) bleibe ununterbrochen im Bereich des Dharmakaya.

Es gibt keine Trennung zwischen Entstehen und Freiwerden; Sie konvergieren in einer einzigen glückseligen Weite. Beim Entstehen entstehen sie auf natürliche Weise und halten sich an ihrem eigenen Platz. Im Bleiben bleiben sie natürlich und halten sich an ihrem eigenen Platz. Indem sie befreit werden, werden sie auf natürliche Weise befreit und halten sich an ihrem eigenen Platz. Alles ist natürlich frei, entsteht aus der Weite der Natur der Phänomene und bewegt sich daher nicht anderswo, sondern ist einfach die Zurschaustellung von Dharmakaya. 

Scheinbare Phänomene, die sich natürlich manifestieren und bedingungslos erfahren werden, sind die natürlichen Ausdrucksformen der Leere. Sie bleiben in der ultimativen Herzensessenz und sind weder positiv noch negativ. Was auch immer erscheint, alles, was sich als dynamische Ausdrucksformen des Gewahrseins ausbreitet – wie die fünf emotionalen Gifte – so wie sie entstehen, werden sie wahrgenommen. Perfektion ihrer dynamischen Energie und ihres natürlichen Verblassens ohne Spuren zu hinterlassen.

Eine Implikation ist, dass Gleichgewicht einen Zustand unerschütterlicher Ruhe im „Intervall“ zwischen Objekten und Geist darstellt. Eine ander Implikation ist, dass natürlich vorkommendes, zeitloses Gewahrsein, wie ein fliegender Vogel, keine Spuren hinterlässt.

Eine weitere Implikation ist, dass alles aus einem Grundraum besteht, wie Wellen auf dem Wasser. Phänomene werden für immer im Kontext des höchsten Geheimnisses erkannt, und so liegt es in der Natur der Dinge, dass Freiheit einfach durch das Verständnis dieses Schlüssels zustande kommt. 

Eine weitere Implikation, die erkannt werden kann, ist, dass Erleuchtung eine räumliche und zeitlose Ausdehnung ist. Aus dem Gewahrsein, ungeschaffen und spontan gegenwärtig, entsteht eine erleuchtete Absicht, ein natürlicher Zustand der Ruhe, der mühelos und räumlich ist.

Der erwachte Geist jenseits aller Ursachen und Wirkungen, ob positiv oder negativ, wird im Bereich der unveränderlichen Natur der Phänomene erkannt. Räumliche, erleuchtete Absicht, deren Wesen unaussprechlich ist, umfasst alle Phänomene ohne Ausnahme in ihrem Umfang. So wie das Universum im Umfang des Raumes subsumiert wird, so werden Phänomene, die sich auf natürliche Weise manifestieren, in höchste und zeitlose Leere subsumiert. 

Darüber hinaus wird alles, was Anstrengung mit sich bringt – alles was Ursache und Wirkung, Vorteil und Nachteil beinhaltet – zeitlos in den größeren Bereich der Unbeschreibbarkeit eingeschlossen.

Nun, diejenigen, die in die echte Herzessenz von Ati eingetaucht sind – und erkannt haben, dass alle Lehren über die Kausalität, die dazu dienen, die Unreifen zu leiten, Wege für die weniger Glücklichen sind, die stufenweise Fortschritte machen – umarmen die erleuchtete Absicht, die Essenz, die ultimative Bedeutung, die Phänomene transzendiert, innerhalb des großen Raums, in dem nichts getan werden muss.

Absichtliches Handeln führt in die Irre – sieh dir die verwirrenden Erscheinungen von Samsara an. Aufwand korrumpiert – denke an die Machenschaften des Leidens. Mit Vorteil und Nachteil gibt es einen ununterbrochenen Fluss von Glück und Leid. Karma wird verstärkt, wodurch man durch Samsara rauf und runter wandern kann. Es gibt keine Möglichkeit, dem Ozean bedingter Existenz zu entkommen.

Wenn der Fluss von Vorteil und Nachteil unterbrochen wird, wenn es keine Vereinigung mit der Natur der Phänomene und keine Trennung von ihr gibt, dann gibt es Eintauchen in das wahre Sein als das endgültige und höchste Geheimnis. Man erreicht mühelos die ursprüngliche Ebene des Seins, nachdem er den majestätischen Palast des Dharmakaya erhalten hat – zeitlose Ruhe.

Daher sind alle Dinge, die durch die Benennung von Namen und Bedeutungen verdinglicht werden, ebenso wie Reaktionen, die auf Unterscheidungen von besser oder schlechter beruhen, und absichtliche Bemühungen um Kausalität – wie alle diese Phänomene manifestieren, unaussprechliche Phänomene, wie der Raum, in dem nichts getan werden muss. Wer das versteht, wird alle Phänomene in sich aufnehmen in den größeren Umfang der Unbeschreibbarkeit.

Die entscheidende Erfahrung der Unaussprechlichkeit ist die ultimative Herzensessenz. Da alle Phänomene der Welt, der Erscheinungen und Möglichkeiten, ob von Samsara oder Nirwana, von Natur aus unaussprechlich sind, sind sie jenseits der Existenz. Da sie sich unaufhörlich manifestieren, sind sie jenseits aller Nichtexistenz. Da sie weder existent noch nicht existent sind, sind sie beides. Da es keine Dualität gibt, sind sie jenseits davon. Da sie weder „sind“ noch „nicht sind“, kann die letztendliche Herzensessenz nicht als etwas „Dingliches“ charakterisiert werden, denn sie übersteigt alle Vorstellungskraft und jeden Ausdruck.

Obwohl die Natur der Phänomene ursprünglich rein ist, sind unreife Menschen – nicht ahnend, dass das, was letztendlich bedeutungsvoll ist, nichts mit Akzeptanz oder Ablehnung zu tun hat – an ihre eigenen Ansichten gebunden und sind deshalb ständig darin gefangen.

Weil sie emotional betroffen sind – verdinglichten sie die Eigenschaften der Dinge. Weil sie verwirrt sind, interpretieren sie, was unaussprechlich ist, als Identität. Wie ermüdend es ist, Extreme zu bestätigen, obwohl es keine gibt. Wie würdig des Mitgefühls sind diejenigen, die für immer in Samsara umherwandern. Die Sonne der ultimativen Realität, das natürlich vorkommende Gewahrsein, wird durch die Wolken von Bewertungen, Vorteil und Nachteil, positiv und negativ, verdeckt und durch die Blitze der obsessiven Bemühungen, zu akzeptieren oder abzulehnen, behindert.

Mit dem fortwährenden Fluss der verwirrten Wahrnehmungen von Glück und Leiden reifen Samsaras Samenkörner in die Frucht der sechs Arten von Wesen. Ach! Wie würdig des Mitgefühls sind die Wesen, die in diesen sechs Zuständen gequält werden.

Aus der vollendeten und ultimativen Perspektive der endgültigen Herzessenz, sind Goldketten und Seile gleichermaßen bindend. Ebenso binden das Geistige und Nichtgeistige den Geist gleichermaßen. So wie helle und dunkle Wolken gleichermaßen behindern, verdecken positive und negative Handlungen ebenso das Bewusstsein. Daher ist es entscheidend, dass man in echtes Wesen eingetaucht ist – wer dies erkannt hat – ist über alle Ursachen und Wirkungen hinaus, ob positiv oder negativ.

Natürlich auftretendes zeitloses Gewahrsein entsteht von innen heraus, die dunkle Nacht der Kausalität wird beseitigt, und die massierenden Wolken der Vorteils und Nachteils ergeben überhaupt nichts – die Sonne der ultimativen Realität scheint am Himmel des Grundraums von Phänomenen.

Dies ist die entscheidende Erfahrung im letzten Sinn. Die endgültige Schlussfolgerung wird aufgrund der unaussprechlichen Natur der zehn Attribute erreicht. Dies ist allen spirituellen Ansätzen, die entweder auf Ursachen oder auf Ergebnissen basieren, überlegen.

Die nicht-meditative Absorption liegt außerhalb des Bereichs der Meditation. Dieses selbst-wissende Gewahrsein als solches, frei von Ausarbeitung, ist die entscheidende Erfahrung der vollständigen Auflösung von Phänomenen. Phänomene sind darin aufgelöst; es findet außerdem seine Auflösung in Phänomenen. 

Da diese entscheidende Erfahrung nichts mit der Frage zu tun hat, ob es eine solche Lösung gibt oder nicht, liegt sie entschieden jenseits von Charakterisierung und Ausdruck in Bezug auf Existenz oder Nichtexistenz. Es gibt keinen spezifischen Bezugspunkt, sondern einen äußerst geräumigen und panoramischen Zustand. Phänomene sind aufgelöst, gewöhnliches Bewusstsein ist transzendiert. Wie freudig ist man in echtes Sein eingetaucht!

Genau dieser Zustand – das Eintauchen in das echte Sein in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft ist der einzige Grundraum der erleuchteten Absicht, die ununterbrochene Natur der Phänomene. Meister des Gewahrseins teilen eine Erfahrungsdimension, die der aller Siegreichen (Erleuchteten) entspricht: Die nicht zusammengesetzte Weite – unveränderlich und unteilbar. Die Weite des natürlich vorkommenden, zeitlosen Gewahrseins jenseits von Anstrengung und Leistung. Die Weite, in der alle Phänomene bloße Namen jenseits von Vorstellungskraft und Ausdruck sind.

In diesem gänzlich positiven Bereich, in dem nichts getan werden muss, unabhängig davon, was sich manifestiert, gibt es immer noch einen gänzlich positiven Grundraum. In diesem grundlegenden Raum von Samantabhadra sind scheinbare Phänomene und Leere nicht besser oder schlechter. Wenn das Unaussprechliche als existent angenommen wird, geschieht die Kennzeichnung aus der Verwirrung heraus, und doch gibt es auch während der Etikettierung keine Verwirrung oder ihr Gegenteil.

Man kommt zu einer entscheidenden Erfahrung von Phänomenen, die völlig unbenennbar sind: das ist die Kunst (im Gewahrsein) zu bleiben (Way of Abiding), die natürliche, große Vollkommenheit ist. In Bezug auf die Erscheinungen der Welt der Erscheinungen und Möglichkeiten, sei es Samsara oder Nirwana, mit der Entscheidung, dass es keine Verwirrung gibt oder nicht, ist Nirvana nicht zu erreichen, wenn man auf Samsara verzichtet.

Mit der Entscheidung, dass es keine Frage gibt, ob Dinge geboren werden oder nicht, transzendiert man Objekte, die als geboren oder aufhörend betrachtet werden, als existent oder nicht. Mit der Entscheidung, dass es keine Frage gibt, ob es Reinheit oder Unreinheit gibt, es gibt Gleichgewicht – nichts Besseres oder Schlimmeres, keine Akzeptanz oder Ablehnung. Man ist zu einer entscheidenden Erfahrung aller Phänomene innerhalb der gänzlich positiven Weite gekommen. Von der kostbaren Schatzkammer des Weges des Bleibens ist dies das erste Thema, das die endgültige Schlussfolgerung erreicht, bezüglich der völligen Unaussprechlichkeit aller Phänomene.

Zu einem gründlichen Verständnis gekommen, dass die Kunst des Bleibens völlig Unbeschreiblich ist, gelangt man zu der endgültigen Schlussfolgerung, dass seine Natur Offenheit ist. Die Übertragung von atiyoga, der Gipfelpunkt aller spirituellen Ansätze, ist wie der Raum, ohne Grenzen oder Zentrum. Der Größte der Großen ist der weitläufige Geist von Samantabhadra, seine Natur eine höchste und ununterbrochene Gleichmäßigkeit.

Da manifeste Phänomene – die Welt der Erscheinungen und Möglichkeiten – und der nicht manifeste erwachte Geist sci nicht fortbewegen, von dem, was einfach IST, schmucklos, gibt es Freiheit von Begriffen, ohne Rahmen von Grenzen oder Zentren. Die Natur der Offenheit bleibt, beherrschend und ununterbrochen. So wie sie erscheinen, haben alle Phänomene, die sich als Objekte manifestieren, keine Aspekte oder Substanz, und daher gibt es eine expansive Offenheit.

Darüber hinaus ist Gewahrsein – das selbst-erkennende Gewahrsein – nicht in frühere und spätere Teile teilbar und stellt so, wie es ist, eine expansive Offenheit dar, wie der Raum. Nachdem die Vergangenheit aufgehört hat, die Zukunft noch bevorsteht und nicht in der Gegenwart verbleibt, hat der Bereich des erwachten Geistes keine Grundlage oder Substanz und überschreitet das Charakterisieren eines Objekts.

Natürliche Offenheit ist die unendliche Dimension des Raumes. In der ultimativen Herzensessenz, ohne Extreme oder Voreingenommenheit, gibt es keinen Rahmen für Sicht, Ermächtigung, Mandala, Mantrawiederholung, Ebenen, Wege, Samaya (Gelübde), Training oder Fortschritt. Vielmehr gibt es eine expansive Offenheit in höchster Großzügigkeit, die frei von jeglicher Grundlage ist.

Dies geschieht im erwachten Geist, der Natur der Phänomene. Alle Erscheinungen, wie auch immer sie sich manifestieren, sind heilig, weil sie von Natur aus ungeboren sind, und so sind sie spontan gegenwärtig – unaufhörlich und nicht auf eine bestimmte Weise bleibend. Da es absolute Reinheit gibt, frei von jeglichem Rahmen der Existenz oder Nichtexistenz, ist die Natur der Phänomene eine expansive Offenheit, eine große Vollkommenheit.

Im Gewahrsein, der ultimativen Herzensessenz der Erleuchtung, gibt es keinen Halt für extreme Ansichten, sondern eher Freiheit von Voreingenommenheit basierend auf Eigenschaften. Es gibt keine Schlussfolgerung durch Sprach- oder Wissenstheorien. Es ist jenseits von Eigenschaften, kann weder bestätigt noch geleugnet werden, weder steigt noch sinkt es, und weder kommt noch geht es. [Quelle S. 3-27] 


Wer das hier Beschriebene nicht durchdringen kann oder will, der muss, wohl oder übel, solange irgendwelchen Stufenwegen folgen, bis sich dieses Verständnis eingestellt hat. Dann wird auch er Willens und in der Lage sein, das nicht-duale Gewahrsein zu erkennen und darin zu leben. Es ist sehr leicht zu erreichen – aber sehr schwer zu akzeptieren, weil all unsere herkömmlichen Erfahrungen scheinbar das Gegenteil aufzeigen. Genau diese Täuschung muss durchbrochen werden.