Die Präsenz halten

Für Menschen, die bereits Zugang zum inneren Raum des Bewusstseins haben, ist es eminent wichtig, diese Präsenz unter allen Umständen aufrecht zu erhalten. Später wird diese Präsenz dann noch durch Absenz (Loslassende Hingabe an die Quelle) ausbalanciert. Aber um überhaupt dahin kommen zu können – und auch den Gedankenfluss steuern und beenden zu können – muss erst einmal eine (während der Wachphase) nie endende Präsenz vorhanden sein.

Ich weiß, dass sich das für die meisten Menschen lächerlich anhört, denn sie glauben, immer präsent zu sein – sie sind ja „wach“ und laufen in der Gegend herum oder arbeiten. Das, was sie da tun, hat aber nicht das Geringste mit wacher, innerer Präsenz oder gar Hingabe zu tun. Diese Leute laufen und arbeiten automatisch – da ist nirgends eine bewusste, innere Präsenz zu finden, was bedeutet, dass da niemand ist. Dass es so aussieht, dass da jemand ist, liegt unter anderem am automatisch ablaufenden inneren Gedankenchaos, das die Illusion von Bewusstheit und Anwesendheit aufrecht erhält. Sobald einmal einer aufwacht und wahre Präsenz erlebt, wird er merken, dass die kaum zu halten ist, denn er wird sofort wieder nach außen gezogen.

Ich habe jahrelang probiert, die innere Präsenz, aufrecht zu erhalten, indem ich auf den inneren Ton hörte. Aber sobald ich abgelenkt wurde und die Konzentration nachließ, driftete ich weg. Dann ist etwas passiert, was die Präsenz stabilisiert hat und ich weiß nicht, ob das passiert wäre, wenn ich nie etwas in diese Richtung unternommen hätte. Seitdem habe ich sie nie mehr verloren. Sie ist da, wenn ich am Morgen erwache und sie ist immer noch da, wenn ich am Abend einschlafe. Und ich muss absolut nichts dafür tun.

Ohne diese andauernde und nicht wegdriftende Präsenz kann man keine Selbsterkenntnis betreiben. Mit Selbsterkenntnis meine ich, die tiefgreifende Erkundung des inneren Raumes, die Entdeckung des inneren, intuitiven Wissenden (bewusstes ICH), die Etablierung der sekundären ICH-Zentren, die andauernde Verkörperung dieser Zentren und ihre Hingabe an die Quelle.

Diese Zentren sind Energieknoten purer Subjektivität, welche das Bewusstsein erst richtig „aufspannen“ und es möglich machen, sich mit dem universellen Bewusstsein und dem Absoluten zu verbinden. Der innere Wissende ist dabei die Hauptsache, denn er stellt die Hauptverbindung zur Quelle dar und ist das, was man als „Seele“ bezeichnen kann – der eigentliche Wesenskern.

Heutzutage würde ich nicht mehr auf den inneren Ton hören, sondern mich einfach an den Zentren festhalten und sie verkörpern, um nicht nach außen wegzudriften. Ich mache das auch – aber nicht um die Präsenz zu erhalten, sondern um die Zentren zu entwickeln und zu stabilisieren. Ich muss mich nicht an den Zentren festhalten, denn ich drifte nicht mehr nach außen weg. Selbst dann, wenn ich mich maximal auf einen Sinnesreiz konzentriere, fühle ich mich immer noch eindeutig innen und nicht außen.

Ich erlebe mich praktisch ununterbrochen als subjektives Bewusstsein (der ganze Kopf ist voller Subjektivität) und das funktioniert nur deshalb, weil ich nicht mehr in Richtung Sinnenreize wegdrifte. Früher klebte ich an ihnen, weil ich innen nicht bewusst präsent war – heute kommen sie zu mir, weil ich ununterbrochen innerlich präsent bin.

Es gibt in mir auch keinen zwanghaften Gedankenfluss mehr, stattdessen eine tiefe Stille – und ich bin individuell präsent, als subjektives Bewusstsein, das in Kontakt ist mit dem universellen (unpersönlichen) Bewusstsein. ICH weiß um meine Existenz und kann sie ununterbrochen fühlen – somit bin ICH genau das, was es laut Advaita und Buddhismus gar nicht geben kann, denn die glauben an ein „No-Self“ – sie verleugnen also ihre eigene Existenz.

All das, was hier aufgezählt ist, sind lediglich die notwendigen Voraussetzungen, um diese Reise antreten zu können – ich habe gerade erst den ersten Schritt gemacht, mehr nicht… Ich weiß, dass ich solche Aussagen schon häufiger gemacht habe – ich nutze das gezielt, um mich selbst in der Spur zu halten. Das funktioniert sehr viel besser, als wenn ich es nur gedanklich in mir bekräftige.

Ich habe diese „Technik“ auch schon benutzt, als ich mit 42 Jahren noch ein Fern-Studium angefangen habe. Mein Chef riet mir damals, niemandem etwas zu erzählen aber ich wusste, dass ich Druck brauche, um diesen Weg gehen zu können, so erzählte ich es allen Kollegen. Viele grinsten dabei, lachten mich innerlich aus – aber ich habe es geschafft, obwohl niemand außer mir daran glaubte. Ich wollte mit 1,x bestehen – und genau das ist auch eingetreten. Wenn man so will, benutzte ich meine eigene Schwäche, um Stärke zu erzeugen. Man könnte auch dazu sagen: „Sich an den eigenen Haaren aus dem Sumpf ziehen.

Ich bin kein Supermann – eher das Gegenteil – und muss daher alles nutzen, was mir zur Verfügung steht, ansonsten saufe ich einfach ab. Um dem entgegen zu wirken, erzeuge ich einfach soviel innere Stärke und Zuversicht, wie möglich – und Einträge, wie dieser hier, sind Teil dessen, was ich dazu tun kann. Mir kommt gerade, dass das etwas mit Aufmerksamkeit zu tun hat…