Wer ist derjenige, der Bewusstheit besitzt?

Besitzt Bewusstheit sich selbst? Kann es ein Ich-Gefühl geben, ohne ein echtes Ich, den individuellen Wesenskern? Kann ein Lineal oder ein Taschenrechner ein Ich-Gefühl haben? Wie kommt es zu diesem Ich-Gefühl und wie kann es sein, dass es auch dann vorhanden ist, wenn der Verstand vollkommen schweigt?

Wir sind lebendige Wesen, individualisierte Abkömmlinge der Quelle allen Seins und leben ausschließlich in ihr – denn es gibt kein Außerhalb. Jeder Mensch, jedes Tier und jede Pflanze – wahrscheinlich sogar jeder Einzeller – ist ein solcher Wesenskern. Die Tiere und Pflanzen wissen das nicht, denn sie können nicht bewusst reflektieren – sie sind sich aber ihrer Umgebung sehr stark bewusst, um ihr Überleben zu sichern.

Die große Mehrheit der Menschen weiß nichts von ihrem Wesenskern. Ihr wahres Ich-Gefühl ist so schwach entwickelt, dass das Unterbewusstsein mittels des permanenten Selbstgespräches im mentalen Apparat versucht, eine Illusion von „Ich“ aufrecht zu erhalten. Wenn der Verstand daher tatsächlich einmal für einen Augenblick schweigt, fühlen sich diese Menschen verloren, sie scheinen nicht mehr zu existieren, haben Angst vor der Selbst-Auflösung. Sie retten sich meist sofort in ihren gewohnten Verstand zurück.

Aus diesem Grund halten die Menschen sich aneinander fest, bilden eine Masse der total Unter- oder Unbewussten. Sie scheinen aber aufgrund ihrer lebenslangen geistigen Dressur intelligent und bewusst zu sein.

Tatsächlich ist da keine Selbst-Bewusstheit – nur tiefster Schlaf, also Unter- oder Unbewusstheit. Im Grunde ist es völlig gleichgültig ob ein solcher Mensch handelt oder schlafend im Bett liegt – er schläft immer, während seiner kompletten Lebenszeit. Dieses Wissen schmerzt – daher könnte man sich einreden, dass dies nicht so ist und diese Menschen als bewusste Individuen ansehen. Das ist aber nichts anderes als ein Selbstbetrug, der nur scheinbar zu einem besseren Befinden führt. Warum? Weil jeder wirklich wache Mensch immer und unmittelbar wahrnimmt, dass alle anderen um ihn herum schlafen und nur so erscheinen, als ob sie wach sind. Man kann das nur dann übersehen, wenn man es bewusst übersehen will.

Es ist nicht einfach, wach zu sein und ununterbrochen zu erleben, dass die Menschen um einen herum tief schlafen. Man darf sie aber auch nicht dafür verantwortlich machen, denn sie können nichts dafür. Sie bilden die dunkle, unbewusste Schicht, den Hintergrund für die bewusste Entwicklung des individuellen Lichtes der Bewusstheit und des eigenen Wesenskernes. Darum werden solche Menschen auch manchmal Leuchttürme genannt. Sie leuchten in tiefster Dunkelheit – es ist aber außer ihnen selbst niemand da, der dieses innere Leuchten sehen kann.

Der Beweis? Ganz einfach: Man achte auf die Resonanz der eigenen Äußerungen bezüglich Selbsterkenntnis. Kommt da etwas intelligentes aus einem offensichtlich aufwachenden Bewusstsein  zurück? Oder nur Plattitüden und angelesene Redensarten? Oder gar pure Ablehnung und Anfeindungen? Ich kann nur für mich sprechen – aber es gibt nur ein oder zwei Menschen, die jemals intelligente Fragen gestellt haben.

Nur damit wir uns richtig verstehen – ich rufe hiermit nicht dazu auf, Fragen zu stellen. Was hier steht, sollte ausreichen, um Sucher auf sich selbst zurück zu werfen – denn nur dort kann die Wahrheit gefunden, entdeckt und bloßgelegt werden. Worte sind immer nur im Verstand – man sollte sie schnell wieder vergessen. Das Echte kann nur klar und tief gefühlt werden. Dazu muss man nur wissen, wo man hinschauen muss und wie sich das ungefähr anfühlt – und natürlich muss die Fühlfähigkeit schon ein gewisses Maß erreichen. Die wichtigen Zentren sind wie folgt zu erkennen:

  • Das vordere Ich-Zentrum ist etwa zwei bis drei Zentimeter oberhalb der physischen Augen hinter der Stirn. Man kann es entdecken, wenn man bewusst, langsam und intensiv denkt und dann immer wieder die Aufmerksamkeit auf das Zentrum richtet, das hinter den Gedanken aufscheint. Wer denkt da? Wie fühlt sich das an? Man kann aber auch einfach nur entspannt und panoramisch schauen und das Zentrum des Sehens fühlen. Wer ist es der sieht? Wo sehe ich und wie fühlt sich das an?
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  • Das zugehörige pure Ich liegt etwas unterhalb, etwa in Augenhöhe. Man kann es leicht entdecken, wenn man die Augen entspannt und die Augäpfel nach unten „sacken lässt“. Dann fühlt man, wie „etwas“ hinter der Stirn absinkt und dort zur Ruhe kommt. Dort ist eine Art Ruhepunkt und die Präsenz an dieser Stelle muss bewusst als Ich erkannt werden, was nur in der Entspannung (Hingabe) möglich ist.
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  • Das hintere Ich-Zentrum ist am Hinterkopf und bildet die Brücke zum universellen Bewusstsein. Wer sich dort nicht fühlen kann, lege die Zunge an den Gaumen, so dass er fühlt, wie das Bewusstsein „flacher“ wird (wie eine Ellipse) und sich weiter nach vorne und hinten erstreckt. Etwas vor dem hinteren Schädelknochen liegt das pure Ich des Bewusstseins. Wenn dort eine Präsenz gefühlt, daran festgehalten und dann „nach hinten“ entspannt wird, dann fühlt man dort einen „Ankerpunkt“, direkt hinter dem physischen Schädelknochen. Das ist ein Gefühl wie eine „Verdichtung“ des Bewusstseins, ein Ort erhöhter „Festigkeit“. Dort ist der Übergang zum universellen Bewusstsein.
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  • Das Herzzentrum liegt in der Mitte der Brust und sollte, wie das Hara-Zentrum, erst dann tiefer erforscht werden, wenn das Bewusstsein dauerhaft stabil und selbsterkennend geworden ist. Der Grund liegt darin, dass die Struktur des Bewusstseins sehr leicht verloren wird, wenn man versucht, tiefer nach unten zu gehen, solange das Bewusstsein noch nicht sehr stabilisiert wurde.

Diese Punkte sind als Anlage in jedem Menschen vorhanden – wenn sie auch kaum einer (er) kennt und in Besitz nimmt. Das bedeutet aber nicht, dass es sie nicht gibt und dass sie nicht entwickelt werden können. Diese Entwicklung ist der Grund für unser Sein und die Aufgabe unseres Lebens. Es gibt bei der Erkenntnis des Bewusstseins folgende Möglichkeiten oder Stadien:

  • Keinerlei Fähigkeit, sich und seine bewusste Struktur zu fühlen, Bestandteil der dunklen, unbewussten Masse.
  • Sich als universelles, frei schwebendes Bewusstsein zu erleben, seine Individualität/Wesenskern/ICH zu leugnen oder nicht zu erkennen, Das Bewusstsein voll mit mentalen und energetischen Fluktuationen.
  • Beginn des Prozesses der bewussten Selbstindividuation.
  • Sich und seine bewusste Struktur klar, scharf und leuchtend in der vollkommenen Schwärze zu fühlen – und gleichzeitig im Absoluten Sein und im universellen Bewusstsein zu ankern.

Die Schwärze oder Leere ist nicht leer, sie ist übervoll mit sich selbst. Nur als ich noch nicht „sehen“ oder „fühlen“ konnte, war sie vollkommen schwarz und leer. Tatsächlich sind darin sehr scharfe Lichtpunkte enthalten – die meine bewusste Struktur bilden. Am Anfang waren diese Punkte wie durch ein „Halo“ umgeben und wirkten irgendwie „verschmiert“. Aber sie werden zunehmend schärfer und an manchen Tagen sind sie so scharf und klar, wie ein Lichtpunkt in der Größe einer Nadelspitze in unendlicher Ferne. Das ist immer dann der Fall, wenn der innere Raum total schwarz und leer ist und frei von energetischen Störungen. Dann bin ich in der Schwärze und sonst ist da nichts. Ich fühle klar, dass ich existiere und wie ich existiere.

Menschen, die sich als „schwebendes Bewusstsein“ erleben, wurden irgendwie hinter ihren mentalen Apparat katapultiert. Da sie aber nicht wissen, wer sie wirklich sind und sich nur als universelles Bewusstsein identifizieren und ihre Individualität nicht erkennen können oder leugnen, haben sie keine festen Bezugspunkte in ihrem Bewusstseinsraum. Das führt dazu, dass sie zu einem Leben  im Chaos ihrer mentalen und energetischen Fluktuationen verdammt sind. Da solche Menschen ihren Verstand aber nicht beruhigen können und immer wieder darin versacken, werden sie diese Fluktuationen wahrscheinlich nicht einmal bemerken und daher auch nicht daran leiden

Wer aber die tiefste Stille auch nur einmal gefühlt hat und die Freiheit von energetischen Fluktuationen, der kann nicht mehr anders, als seine Fähigkeiten zu verbessern, diese loszulassen, so dass sie sich in die Quelle hinein auflösen können. Die Freiheit von allen energetischen Fluktuationen, die zu tiefstem Frieden und Stille führt und die feste und dauerhafte Verankerung in der Quelle und im universellen Bewusstsein – das ist wahre Freiheit. Alles andere ist mentale Sklaverei.

Es ist nur am Anfang Arbeit. Wenn man weiß, wie es geht, läuft das mehr oder weniger von selbst ab. Da ist eine Fluktuation? Zentrieren, entspannen, loslassen und einfach nur sein – das war es auch schon. Das Loslassen dieser unbewussten, mentalen Energien ist nichts anderes, als ihre Kanalisierung in die universelle Quelle. Es ist im Prinzip wie auf der Toilette: Abfall entspannt loslassen und die Klospülung betätigen.