Die eigene Intuition

Das Wissen, dass ICH das ALLES BIN, war früher verbal mitgeteiltes Geheimwissen. Darum erschien es auch selten oder gar nicht in den Lehrtexten.

Außerdem darf nicht vergessen werden, dass die Gesellschaft immer die Tendenz hat, für sie gefährliches Wissen in ungefährliches umzuwandeln. Das geschieht oft sogar unwissentlich, indem Menschen, die dieses intuitive Wissen nicht haben (normale Wissenschaftler), solche Texte übersetzen und damit unbrauchbar machen.

Es muss davon ausgegangen werden, dass das bei praktisch allen alten Texten der Fall ist. Eine Ausnahme sind bestimmte Dzogchen-Texte, die in alten Zeiten oft so versteckt wurden, dass sie nur von intuitiv Wissenden gefunden werden konnten. Aber selbst in diesen Fällen ist seitdem so viel Zeit vergangen und sie wurden ja auch vielfach übersetzt – so dass davon ausgegangen werden muss, dass sie verfälscht sind.

Da es aber ein unbestreitbarer Fakt ist, dass jeder Lebens-Ausdruck das Leben selbst ist, gibt es nirgends auch nur einen Quadratmillimeter, der nicht lebendig ist.

Obwohl ein Stein nicht lebendig „wirkt“ – so ist er doch unbestreitbar wahrnehmbar und damit ein Lebens-Ausdruck und zwangsläufig lebendig – wenn auch nur durch die Tatsache, dass das Leben lebendig ist. Jeder Ausdruck – auch Tiere und Menschen – ist immer nur indirekt lebendig, weil das Leben lebendig ist, dessen Ausdruck er ist.

Da es nichts anderes als Leben gibt – also auch ICH das Leben BIN – und die alten Texte meistens unbrauchbar sind, gibt es nur ein einziges wirkliches Mittel, um herauszufinden, was herauszufinden ist: die eigene Intuition.

Genau darauf zeigt auch der erst kürzlich verfasste Beitrag: Sei dein eigener Meister.

Wer trotzdem an alten Religionen, Texten und Ritualen hängt und nicht davon loskommt, der ist damit letztlich immer noch unwissentlich Bestandteil der Gesellschaft, denn er hat noch nicht die Kraft gefunden, für sich alleine zu stehen und zu sehen.

Das liegt ausschließlich daran, dass er noch nicht erkannt hat, dass DAS WAS IST, sich als „er“ ausdrückt. Jeder Ausdruck, jede Erscheinung, ist so etwas wie ein Instrument zur Selbstbeobachtung des Lebens, denn das Leben kann sich nicht selbst sehen, sondern nur über erzeugte Instrumente (Seh-Hilfen). Damit ist jeder immer genau so, wie er sein muss und er muss sich niemals anstrengen, um das zu werden, was er bereits ist – denn er ist es ja schon.

Aber natürlich ist mit dem, was ist, weder Körper, Person, noch Ich oder Ego gemeint! Sondern ausschließlich die Tatsache, dass etwas Unpersönliches und nicht-Dinghaftes DA ist, was das Erschienene (sein eigenes Erzeugnis) gewahrt. Da es aber nirgends eine Grenze oder Trennung gibt, gewahrt das Erschienene sich letztlich selbst:
Seher = Sehen = Gesehenes = Erscheinungs- und Vernichtungs-Prozess

Lebendig zu sein bedeutet, dass etwas nicht-Dinghaftes und Unpersönliches da ist, das seinen eigenen Ausdruck (das Erschienene) beobachtet. Dass also etwas da ist, was sich selbst beobachtet. Leben ist Selbst-Beobachtung – eine Rückkoppelungs-Schleife – wie ein Spiegel, der sich in unendlicher Regression in sich selbst spiegelt.