Die Welt als Traum erkennen

Solange die Welt nicht als Traum erkannt wird, muss sie ernst genommen werden. Und was ernst genommen wird, unterliegt nicht nur der Kritik, sondern auch dem Wunsch nach Veränderung.

Diese beiden Punkte erzeugen ununterbrochen neue Erfahrungen, die genau die gleiche innerliche Befindlichkeit erzeugen, die zu diesen Erfahrungen geführt hat. Das nennt man Karma – oder auch das Leidens-Rad.

Welt-Vorstellung → Erfahrung, die nicht zur Vorstellung passt → Leiden → Kritik → erneute Erfahrung, die nicht zur Vorstellung passt → Leiden … unendliche Folge. Das Schlimmste ist, dass sich solche Menschen auch noch als „kritische und wahre Verfechter der Wahrheit“ sehen. Sie glauben allen Ernstes, dass sich an der Welt irgend etwas ändern könnte. Es wird sich auch etwas ändern: sie werden sterben, ohne auch nur ein Bit an der Welt verändert zu haben.

Die Freiheit von diesem Leidens-Rad wird erreicht, indem die Welt als Traum, als faktische Unwahrheit erkannt wird. Wer diese Freiheit wirklich erreicht, der erlebt definitiv die Freiheit von NEUEM, gedanklich selbst gemachten emotionalen und gefühlsmäßigen Leid. Das ist mein vollster Ernst – und entspricht meiner ständigen Erfahrung!

Das hat aber überhaupt nichts damit zu tun, dass weiterhin Leid aufgrund von Altlasten hochkommen kann, die noch in der Psyche herum liegen. Das ist nicht vermeidbar, solange dieser Psycho-Müll dort latent herum liegt. Diese Altlasten muss man passiv hoch kommen lassen, sie müssen sich zeigen können und müssen angeschaut werden, damit sie sich selbst befreien können. Hilfreich ist hierbei, wenn man sich aktiv wünscht, dass diese Altlasten hochkommen und sich gleichzeitig bereit zeigt, sie anzuschauen. Dann werden sie hoch kommen!

Aber es kommt kein NEUES Leid dazu, eben weil „die Welt„, „das eigene Leben“ „der Körper“ und „die Person“ als Traum erkannt wurde – und DAS ist der wichtige Punkt!

Würde irgend jemand, der „normal“ im Kopf ist, einen nächtlichen Traum kritisieren oder das Verhalten einiger Traumpersonen darin? Würde er gar einen kritischen Traum-Blog darüber schreiben oder kritische Traum-Videos machen? Normalerweise sicher nicht – aber wenn er nicht alle Latten am Zaun hat, würde er das vielleicht tun!

Würde einer mit wirklicher Selbst-Erkenntnis, der „den Körper, die Person, die anderen Personen und die Welt“ als Trauminhalte erkannt hat und das ständig sieht – würde so einer „die Traum-Welt kritisieren„? Niemals! Und wenn doch, dann lügt er, in Bezug auf seine Selbst-Erkenntnis.

Selbsterkenntnis bedeutet primär, das, was 99,9% aller Menschen für wahr und richtig ansehen, als vollkommen unwahr zu erkennen – und das, was die 99,9% nicht sehen und erkennen – nämlich das Unerkennbare – als sein eigenes, reines SEIN zu erkennen.

Wenn ICH wahrhaftig das Unerkennbare BIN, wenn ICH DAS EINE BIN – wie kann dann die „relative, erkennbare Welt„, die nur MEIN Inhalt ist, wahr sein? Das nicht zu erkennen, ist vollständige Blindheit und Ignoranz – und gleichbedeutend mit dem vollständigem Fehlen von Selbst-Erkenntnis.

Genau darum heißt es im Mahamudra-Lied von Tilopa:

Wer die Vergänglichkeit niemals vergisst,
Noch das Prinzip der Urteilslosigkeit,
Der richtet sich nach Tantrischem Gebot.

Aber so etwas überliest man immer, wenn man es nicht kennt. Das wird dann gerne als „Schnörkel„, „Verzierung“ oder „Übertreibung“ angesehen aber nicht als die Wahrheit. Aber ich kann euch aus eigener Erfahrung heraus versichern, dass im Lied von Tilopa kein einziges Wort falsch ist. Wenn einer ein falsches Wort oder gar einen falschen Satz darin entdeckt – dann ist ER, bzw. seine Vorstellungen falsch und nicht das Lied!

Noch drei Abschnitte aus dem Tilopa-Gesang:

Wer alles Sehnen aufgibt,
Sich nicht an dieses oder jenes heftet,
Erkennt den wahren Sinn der Schriften.

Im Mahamudra verbrennen all deine Sünden;
Im Mahamudra wirst du
Aus dem Gefängnis dieser Welt entlassen.

Es ist die hellste Flamme des Dharma.
Die das nicht glauben, sind Narren,
Die sich in Elend und Sorgen ewig wälzen.

Mahamudra bedeutet „das große Siegel“ – damit ist das Absolute gemeint. Tilopa spricht hier definitiv nicht von theoretischen Erkenntnissen, die er aus irgendwelchen Schriften extrahiert hat – er spricht aus seiner direkten Erfahrung der stillen und dunklen Quelle – und was er sagt, stimmt mit dem überein, was hier erfahren wird. Hier ein Beitrag vom September 2018, der sich mit dem Mahamudra befasst.

Und noch etwas: Man kann trotz Schmerzen glückselig sein – denn Schmerzen betreffen nur den grobstofflichen Körper aber nicht die energetische Schichten, in denen Vibrationen in unterschiedlichen Intensitätsgraden auftreten. Diese innerlich gefühlten Vibrationen machen glücklich – selbst dann, wenn Schmerzen da sind.

Das habe ich früher nie geglaubt und habe diese Leute „dauergrinsende Idioten“ genannt oder sie als „Falsch-Spieler“ gebrandmarkt.

Aber es gibt diese Glückseligkeits-Schichten tatsächlich und das erfährt jeder, der meditiert oder im normalen Wachbewusstsein diese energetischen Schichten bewusst wahrnimmt. Das ist manchmal so intensiv, dass es kaum auszuhalten ist. Wer das nicht glaubt, der mache einfach selbst diese Erfahrungen, dann weiß er für sich selbst.