Flow und Transzendenz

Flowstatus: Dinge – persönliche Besitztümer, Luxus usw. – spielen keine große Rolle, wenn jemand glücklich ist. Dr. Chentmihalyi stellte fest, dass Menschen im Fluss (Flow) am glücklichsten sind.

Dieser Zustand eines punktuellen (einspitzig, one-pointedness) Bewusstseins neigt dazu, aufzutreten, wenn eine Person einer Aufgabe, die sie aus intrinsischen Gründen erledigt, ihre größte Aufmerksamkeit schenkt – das heißt, die Person führt die Tätigkeit für sich selbst aus und nicht als Mittel zum Zweck.

Die Aktivität nimmt die ungeteilte Aufmerksamkeit der Person auf, so dass der Geist völlig in das, was er tut, absorbiert wird. Wenn Sie sich im Fluss befinden, taucht Ihr gesamtes Wesen in die Aktivität ein und alles scheint in vollkommener Harmonie zusammenzuarbeiten.

Ihr Leistungsniveau ist oft auf dem Höhepunkt, Sie erreichen ein Optimum an Klarheit und Fokus, ohne dabei darüber nachzudenken. Sie beurteilen nicht jeden Zug, Sie planen nicht Ihren nächsten Zug. Sie lassen es einfach entfalten.

Im Fluss zieht sich Ihr „Ego“ zurück und macht den Prozess ungehindert möglich – Sie sind sich nicht der Hemmungen, Hunger, Durst, Müdigkeit, Schmerzen oder etwas außerhalb der Aktivität bewusst. Alle Sorgen, Gedanken und Erinnerungen scheinen zu schwinden.

Die Zeit vergeht, aber Sie werden sich nicht darüber im Klaren sein, als ob Sie für einen Moment aus ihr herausgetreten wären. Sie werden eins mit dem, was Sie im Fluss tun. Studien, die an Athleten in „the zone“ – dem Zustand des Flusses – durchgeführt wurden, zeigen, dass ihre Gehirnwellen ähnlich funktionieren wie die Gehirnwellen der Meditierenden.

Flow beruht auf einer Kohärenz der rechten und linken Gehirnseite und bewirkt das Folgende:

  1. Vollständig in das eingebunden zu sein, was wir tun.
  2. Ein Gefühl von Ekstase oder Freude außerhalb der alltäglichen Realität.
  3. Innere Klarheit – wissen, was zu tun ist und wie gut wir sind.
  4. Zu wissen, dass es machbar ist und wir für die Aufgabe bereit sind.
  5. Gelassenheit – keine Sorgen um das Selbst, das über die Grenzen des Ich hinauswächst.
  6. Zeitlosigkeit, in der Gegenwart vergehen Stunden schnell.
  7. Intrinsische Motivation – der Fluss wird zu seiner eigenen Belohnung

Aber um das zu erleben, muss ich nicht den Himalaya bezwingen oder glücksfördernde Aktivität triggern.

Wer regelmäßig mühelos meditiert und dabei den Verstand transzendiert und auch wer sich ohne Meditation dauerhaft in Transzendenz befindet, macht exakt die gleichen Erfahrungen – jedoch ohne Gefahr, dass der Verstand sich die Aktivität schnappt und sein eigenes Süppchen kocht.

Wer nicht ständig DA ist, weil er meistens im Verstand versackt ist, der kann das nicht verhindern. Ich weiß, was ich da sage – schließlich habe ich 54 Jahre im Verstand zugebracht – aber seit vier Jahren ist das vorbei.

Nötig ist lediglich das ZULASSEN, dass sich diese Dinge entfalten und wenn man sich dann in den Flow fallen lässt, dann erhält er sich aus sich selbst – darum heißt das ja Flow=Fluss.

Ich erlebe die dauerhafte Transzendenz als glückliches Sein in der Ewigkeit der Stille des ungetakteten Momentes – unendliche Fülle, die in jedem Moment voll erlebt wird, ohne etwas anderes zu wollen. Der Fluss des Lebens ist mehr als genug – selbst dann, wenn ich stundenlang nur dasitze und auf das Wasser schaue. Es wird nie langweilig, weil das Leben selbst in sich Bewegung bedeutet: vibrierendes Lebendigsein, glückselige Ekstase im Kopf und im ganzen Körper.

Wer dauerhaft im Flow/Transzendenz IST, bei dem hat der Begriff „Langeweile“ ausgedient. Langeweile ist Existenz außerhalb des „Flow-Zustandes“ bzw. Transzendenz. Flow/Transzendenz bewirkt hier zB ein unendlich gedehntes, ungetaktetes Zeitgefühl (Zeitlosigkeit), so dass ich nie weiß, wieviel Uhr es ist oder wie lange ich irgendwo war. Ich frage immer meine Frau, wenn keine Uhr in Reichweite ist, sie weiß auch ohne Uhr die Uhrzeit auf die Minute genau. Ich weiß immer nur ungefähr, ob es Morgens, Mittags oder Abends ist.

Den Flow-Zustand erlebte ich früher meist kurz, kann aber auch lange sein, zB beim intensiven Programmieren, Dauerlaufen oder früher auch beim Wildwasserfahren. Die Aktivität selbst ist es allerdings nicht, was den Flow-Zustand auslöst, sondern die plötzliche Transzendenz (Überschreitung) des Verstandes und des Ich.

Das wirkt, wie wenn ein Schalter umgelegt wird von nicht-Flow auf Flow. Wenn Flow Transzendenz ist – warum dann gezielt irgendwelche Flow-triggernden-Aktivitäten ausüben und nicht direkt Transzendenz einschalten und zwar dauerhaft? Dann ist der Flow in allen Aktivitäten immer dabei. Ich weiß allerdings nicht, warum und wie hier dauerhafte Transzendenz aktiviert wurde – ich weiß nur, dass sie seit vier Jahren DA ist.

Flow-triggernde-Aktivitäten lösen eine Sucht nach diesen Erlebnissen aus. Läufer, die diesen Zustand kennen, versuchen dann immer wieder zu laufen, um diesen Zustand zu errreichen. Bei Versuchen ergab sich, dass Personen, die auf ihre tägliche Glücksdosis verzichten mussten, mit Entzugserscheinungen reagierten (Müdigkeit, Nervosität, Kopfschmerzen, Antriebslosigkeit, Langeweile, depressive Stimmungen).

Das ist eindeutig ein Getrieben-Sein: Ich muss das tun, um in „die Zone“ zu gelangen – dann geht es mir gut. Jetzt verstehe ich auch, warum das mit so einer Vehemenz verteidigt wird. Das ist Argumentation aus einem potentiellen Entzugsgefühl heraus: „Ich weiß ganz genau, dass ich das will und brauche und dass ich leide, wenn ich es nicht bekomme„.

Aus diesem Wissen heraus kann ich mir natürlich überhaupt nicht vorstellen, dass ich das Gleiche auch haben kann, wenn ich einfach nur in Transzendenz bin. Platt gesagt: wenn ich einfach nur in Transzedenz stundenlang dasitze oder irgendwelche „langweiligen“ Arbeiten erledige, statt vom Entzugsgefühl getrieben den nächsten Berg zu besteigen.

Die Hochleistungs-Sport-Treibenden oder Flow-Aktivitäts-Treibenden sind also abhängig von Aktivitäten, die Glücks-Hormone auslösen. Sie können nicht einfach nur so glücklich sein – sie müssen etwas tun, um glücklich zu sein. Das ist im Prinzip nichts anderes, als Drogen-abhängig zu sein: „Ich muss die Droge schlucken, kiffen oder spritzen, damit ich endlich wieder glücklich bin„.

Das ist kein unabhängiges sondern abhängiges Glück: Ich muss unbedingt laufen, um glücklich zu sein, um einen Lebenssinn zu verspüren. Aber das fällt weg, wenn der Flow-Läufer bei Krankheit oder im Alter das Bett hüten muss. Spätestens dann sollte er in der Lage sein, Transzendenz zu erreichen, denn das geht in jeder Lage, auch ohne Bewegungsfähigkeit.

Wahres Glück ist nur bedingungsloses Glück und genau das wird im temporären und dauerhaften Transzendenz-Zustand erlebt.