Die Aufgabe

Was ist meine Aufgabe? Eindeutig wahrzunehmen. Zu glauben, als Co-Schöpfer tätig zu sein und der Lebenskraft aktiv folgen zu müssen, ist ein falsches Verständnis der eigenen Möglichkeiten. Ein Mensch ist als Bewusstsein ein passiver Teil der Schöpfung, rein wahrnehmend aber fähig zu innerer Reaktion. Die innere Reaktion auf die dargebotenen Ereignisse/Bewegungen ist es, die zu neuen und evtl. anderen Ereignissen führt.

Man könnte sagen, das Leben präsentiert einen Film und die innere Reaktion auf den Film erzeugt Modifikationen des Ursprungsfilms. Entsteht Reibung aufgrund Widerstand, dürfen wir erleben, dass der präsentierte Film sich so entwickelt, wie es innerlich nicht gewollt ist. Das erfolgt, um das lokalisierte Bewusstsein dazu zu bringen, loszulassen.

Maharshi hat dazu ein sehr anschauliches Beispiel benutzt. Wer in einen Zug steigt, behält das Gepäck nicht in der Hand, sondern legt es auf den Boden des Waggons, damit der Zug das Gepäck trage. Das Loslassen ist nicht nur eine Erleichterung, sondern eine aktive Rückgabe der Ergebnisse des Prozesses an den Ursprung des lokalisierten Bewusstseins.

Die universelle Lebenskraft (Shakti) erzeugt die Aktionen durch den Körper und dessen spezifischen Eigenschaften wirken als individualisierte Filter/Färber der neutralen Aktionen. Das lokalisierte Bewusstsein gewahrt sie, akzeptiert sie und lässt sie und die Ergebnisse los. Das lokalisierte Bewusstsein hat nicht die Aufgabe, verantwortlich zu handeln, sondern innerlich verantwortlich zu reagieren und loszulassen.

Ein einziges Beispiel zeigt das völlig klar: Wäre das lokalisierte Bewusstsein verantwortlich für den Herzschlag, würde der Körper spätestens beim Einschlafen sterben. Es ist die Lebenskraft, die den Körper und das lokalisierte Bewusstsein erzeugt, erhält und wieder vernichtet. Etwas derart zwangsweise Erzeugtes, kann in keinem einzigen Aspekt irgend etwas selbstständig tun.

Das lokalisierte Bewusstsein, als passiver Aspekt der Wirklichkeit, kann nicht handeln – sondern es ist immer nur der Erfahrende der Handlung und seine innere Reaktion auf diese Handlungen modifizieren indirekt den Handlungsstrang. Das bedeutet, dass die inneren Reaktionen des Bewusstseins genauso als Filter wirken, wie die spezifischen Eigenschaften des Körpers und der Psyche.

In Indien wird Shakti, die Lebenskraft, als aktiver Teil der Schöpfung oft als schwarze Göttin Kali auf Shiva (Bewusstsein) stehend abgebildet, mit einem blutigen Schwert in der Hand und eine Kette mit Köpfen um den Hals tragend. Shakti erzeugt Bewegungen in Shiva und dieser kann nichts anderes tun, als diese Bewegungen wahrzunehmen und innerlich zu reagieren oder nicht.

Tatsächlich ist das Selbst oder die Quelle ein Ganzes. Aber auf der dualen Erscheinungsebene ist lokalisiertes Bewusstsein von der Lebenskraft getrennt und kann nur passiv wahrnehmen, was die Lebenskraft in ihm tut. Daher wird Shakti (Kraft, Handlung) oft als Feind von Shiva (Bewusstsein) wahrgenommen, was diese Vorstellungsbilder erklärt.

Der Lebensfilm ist als eine Art Lehrfilm anzusehen, für die Entwicklung des lokalisierten Bewusstseins. Je mehr Verständnis da ist, umso eher unterbleiben innere Reaktionen auf äußere Vorgänge und umso neutraler wird dann auch das innere Erleben dieser Vorgänge.

Man kann das als simplen Reiz-Reaktions-Mechanismus beschreiben. Auf gut fränkisch: Je mehr einer innerlich schreit und aufbegehrt, umso mehr bekommt er auf die Fresse – und umgekehrt.


Nachtrag: Der Glaube an die eigene Verantwortlichkeit in Bezug auf äußere Erscheinungen, beruht eindeutig auf dem Glauben, ein individuelles Ich zu sein, das in der Welt handeln muss und kann. Eine Verantwortung gibt es aber nur da, wo tatsächlich verantwortlich gehandelt werden kann – und das ist in Hinsicht auf das Bewusstsein – nur dessen innere Reaktion auf die Bewegungen, die in ihm erscheinen.

Mit anderen Worten: Wenn wahrgenommen wird, dass der Körper Elan hat, dann ist es die Lebenskraft, die diesen Körper entsprechend betreibt. Und wenn ein Körper eher träge ist, dann ist es wieder die Lebenskraft, die den Körper entsprechend betreibt. Wenn ich einen Staubsauger statt an 240 Volt an 120 Volt betreibe, dann läuft er im besten Fall nur halb so schnell.

Wenn die beobachtete Herabsetzung der Leistungsfähigkeit aber auf innere Blockaden zurückzuführen ist und ich mich standhaft weigere, diese zur Kenntnis zu nehmen, damit sie sich auflösen können – dann bin ich, das Bewusstsein, eindeutig schuldig. Das wird sich dann solange entsprechend negativ auswirken, bis hingeschaut und zur Kenntnis genommen wird.

Diesen Reiz-Reaktions-Mechanismus nennt man Karma und er beruht unter anderem auf den drei Gunas (Tamas=Trägheit, Rajas=Bewegung und Sattva=Klarheit) – die nicht vom Menschen manipuliert werden können – vielmehr wird der Mensch von der gerade vorherrschenden Mischung dieser Eigenschaften entsprechend ausgedrückt.

Alles, was durch einen Menschen passiert, beruht auf der Lebenskraft und den spezifischen Eigenschaften von Körper und Psyche. Technisch ausgedrückt könnte man sagen, dass die neutrale Energie durch datentechnische Filter (Glaubenssätze) so gefärbt wird, dass sie nicht neutral wirken kann. Um die Energie neutral wirken zu lassen, müssen zuvor die Filter (Glaubenssätze, Blockaden) geklärt werden. Das nennt man Selbst-Erkenntnis – und das ist kein einmaliges Ereignis, sondern ein sehr langer, iterierender Prozess, der von SELBST abläuft.