In einer eigenen Welt

Das, was ich vor einiger Zeit über die Bewusstseins-Blase geschrieben habe, dass offensichtlich jeder in einer eigenen Welt lebt, konnte heute eindrucksvoll verifiziert werden. Seit einiger Zeit ist ein naher Verwandter in einer psychiatrischen Einrichtung. Es handelt sich um einen Parkinson-Kranken, der kürzlich, nach einigen Narkosen, einen starken Schub der Krankheit erlebte, so dass er Wahnvorstellungen bekam.

Somit bin ich etwa jede Woche oder jede zweite Woche einmal in dieser Einrichtung zu Besuch. Bisher war es immer so, dass die Menschen in dieser Einrichtung mich eher störten. Sie sind oft so laut, dass ich das Sprechen des Verwandten nicht mehr hören konnte. Heute war es vollkommen anders. Aus irgend einem Grund, taten mir die Menschen heute ungeheuer leid. Mir wurde mit absoluter Klarheit bewusst, was für arme Kreaturen das sind.

Sie können ja nichts dafür, dass sie diese Symptome zeigen. Aus diesem Mitfühlen ergab sich, dass ich plötzlich bemerkte, wie sehr diese Menschen aneinander vorbei sprechen. Da saß zum Beispiel eine Gruppe von drei Patienten an einem Tisch. Der Eine schaute auf seine Hände und war still. Die Zweite, saß im Rollstuhl und war auch still und die Dritte sprach in einer Endlos-Schleife immerzu dasselbe.

Abwechselnd schaute sie den Mann an und die Frau und fragte sie etwas. Die Befragten antworteten manchmal oder auch nicht. Bei der Beobachtung merkte ich, dass die drei eindeutig in drei verschiedenen Welten leben, die absolut nichts miteinander gemein hatten. Es ist nicht nur so, dass jeder von ihnen in der eigenen Denkkapsel lebt – sie erlebten offenbar auch die Umgebung vollkommen anders.

Es scheint offenbar so zu sein, dass Menschen zwar beobachtbar am gleichen Ort sein können aber in ihrem inneren Erleben hat dieser Ort total unterschiedliche Qualitäten. Ich spreche jetzt nicht davon, dass dem Einen der Ort gefällt und dem anderen nicht. Ich meine das anders – möglicherweise sind die inneren Qualitäten so total unterschiedlich, dass man überhaupt nicht davon sprechen kann, dass sie am gleichen Ort sind – das sind sie nur von einem externen Beobachter aus gesehen.

Ich kann das noch nicht richtig formulieren – da scheint noch etwas zu fehlen – vielleicht muss das auch noch sacken.

Auf der Autofahrt nach Hause wurde mir dann übel, so sehr taten mir diese armen Menschen leid.