Worte und Gedanken zurücklassen

Selbst wenn unsere Worte genau
Und unsere Gedanken richtig sind,
Entsprechen sie doch nicht der Wahrheit.
Wenn wir Sprache und Denken aufgeben,
Können wir über alles hinausgehen,
Wer Sprache und Denken nicht zurücklassen kann,
Wie kann der den WEG verstehen?

Zen-Meister Sosan ( 6. Jh. n. Chr.)

Dieses Gedicht klingt, als wäre es von Huang Po. Ich bekam es gerade von einem Leser per Mail gesandt. Danke dafür! Mein Respekt vor diesen alten Meistern ist sehr groß. Was heute so herumläuft und sich als Lehrer ausgibt, kann ich dagegen nicht ernst nehmen. Anadi versucht wenigstens, den Leuten mit funktionierenden Techniken zu zeigen, was Bewusstsein wirklich ist. Ob sie es dann auch kapieren, ist noch einmal eine ganz andere Nummer.

Aber wie will man von einem Podium herab, mit salbungsvollen Worten und aufgesetztem, gütigem Gesichtsausdruck die Menschen lehren, was niemals durch Sprache ausdrückbar ist? Und erst die unzähligen Bücher. Das ist alles nur ein billiges Geschäftsmodell, um ahnungslose Sucher auszunehmen. Das ist mit ein Grund, warum ich hier einfach schreibe, ohne den Zugang einzuschränken. Ich habe weder etwas zu verkaufen, noch zu geben – außer dem, was hier steht – und das gehört nicht mir. Es wurde kostenlos gegeben und wird genauso weiter gegeben.

Meine eigenen Versuche kommen mir ebenfalls vor, wie ein klägliches Drumherum-Gerede. Es ist nur erfahrbar aber niemals wirklich erklärbar. Warum? Weil Erfahrung Wahrnehmung an sich ist und Erklärung etwas Wahrgenommenes. Es ist, als wollte der rote Wein versuchen, das durchsichtige Glas zu erkennen, in dem er sich befindet.

Ramana Maharshi sprach nur, wenn er gefragt wurde und antwortete dann oft nicht, sondern blieb einfach still sitzen. Möglicherweise konnten sie dann die Stille spüren, die er verkörperte. Das Problem besteht aber nicht darin, wie sich die Leute fühlen, wenn sie bei einem solchen Meister verweilen – sondern ob sie später, wenn kein direkter Kontakt mehr besteht, Zugang zu dieser Stille finden. Wenn ich mir die sogenannten Nachfolger von Ramana anschaue, dann denke ich eher, dass die seine Aussagen so gut auswendig gelernt haben, dass sie sie blind herunterbeten konnten. Damit können sie vielleicht andere täuschen, niemals aber sich selbst. Dabei ist das Ganze so einfach, wenn man nur still in sich verweilen kann – nicht als Mensch, der die Stille genießt, sondern als die Stille selbst.