Aus den Augen, aus dem Sinn

Politik ist nichts, was mich aktiv interessiert. Ab und zu wird registriert, was in diesem Land abgeht aber das hält sich sehr im Rahmen. Was jenseits der Landesgrenzen passiert, interessiert mich praktisch gar nicht mehr. Genauso ist es mit äußerlichen Kontakten – taucht ein Mensch in der Sicht auf, ist er da, dann wird mit ihm interagiert oder auch nicht. Verschwindet er aus der Sicht, ist er nicht mehr da, er existiert dann weder außen, noch innen – das meine ich wörtlich. Das ist aber keineswegs „tot“ – sondern einfach nur das, was passiert, wenn der mentale Apparat nicht mehr zwanghaft rotiert.

Das beste Beispiel war die neueste „Sau„, die durch dieses Land getrieben wurde: die DSGVO. Vor mehreren Tagen kam mir zu Ohren, dass ein Blog, wenn er ein Kontaktformular benutzt, auf HTTPS umgestellt werden muss. Außerdem muss man eine Datenschutzerklärung vorweisen können. Mir kam das Ganze reichlich absurd vor und ich vergaß es erst einmal.

Gestern Abend wurde der Blog dann automatisch auf die neueste WordPress-Version umgestellt – und nach der Anmeldung war da ein neuer Button, der dazu aufforderte, eine vorgefertigte Datenschutzerklärung automatisch im Blog einzubinden. Ein Klick und das war erledigt. Dann wurde ein Plugin gesucht, das den Blog auf HTTPS umstellt, installiert und in Betrieb genommen. Das alles war innerhalb von weniger als zehn Minuten erledigt.

Früher hätte ich mir mehrere Tage lang den Kopf zerbrochen, was, wie, wo, wann – oder doch anders? Heute warte ich einfach, bis die Dinge kommen und wenn sie nicht kommen, dann kommen sie eben nicht. Und das funktioniert hervorragend. Wenn es etwas Dringendes zu wissen oder zu tun gibt, dann wird sich das hier einstellen, wird zur Kenntnis genommen und wenn nötig damit interagiert.

So vorzugehen ist nicht tot und dumm, sondern intelligent, denn damit lasse ich zu, dass kommen kann, was kommen will und zerre die Dinge nicht in mein Leben. Dadurch hat sich mein Leben komplett ins Private und aus dem Hirn heraus ins rein Praktische verlagert. Das hat das Leben sehr beruhigt und angenehm gemacht. Früher hat mich sehr viel interessiert aber davon ist praktisch nichts mehr übrig geblieben. Mein heutiges Leben kann ich in einem Wort ausdrücken: Da-Sein.

Das alles hat weder etwas mit einer Doktrin, noch mit irgendwelchen Änderungen zu tun, die eine Person vollzogen hätte. Das passiert ganz natürlich, wenn die geistige Hochleistungsmaschine im Kopf ihre Funktion auf ein absolutes Minimum herunter fährt. Dann ist nur noch das da, was wirklich JETZT DA IST – und alles andere existiert schlicht und einfach nicht. Und wenn das Hirn sich doch einmal in irgend etwas verbeißen will, dann wird das bemerkt, losgelassen und unmittelbar ist wieder die gewohnte Stille da.

In dieser Stille wird direkt gesehen, dass es energetische Bewegungen im Bewusstsein sind, welche die Grundlage der Erscheinung dieser scheinbar festen Welt und allem Beweglichen darin bilden. Das schließt den eigenen Körper mit ein. Dazu braucht es keine Doktrin, Esoterik oder irgendwelche Überlegungen – sondern einfach nur die nackte, klare Sicht, auf das, was IST. Das ist auch keineswegs übernatürlich, sondern nur aufmerksam, wachsam und tief blickend.

Der Antrieb für diese Sicht ist schlicht und einfach die Energie, die nicht mehr durch mentale Prozesse vergeudet wird und daher im Überfluss vorhanden ist. Diese Sicht und die weitgehende Abwesenheit mentaler Prozesse, lässt jegliche künstliche Beschäftigung, mit Erscheinungen, für die kein aktiver und aktueller Eingriff des Körpers nötig ist, ins Nichts verschwinden. Wo Eingriff nötig ist, findet er statt und wo nicht, passiert auch nichts, seitens des Körpers und des Hirns. Das ist lebendig, spontan und frei von Künstlichkeit.

So funktioniert das Leben hier und das hat nichts mit einem Willen zu tun oder mit Abwenden von der Welt – sondern mit einer natürlich stattfindenden Beschränkung auf das Notwendige. Das ist wie bei einem Zahnrad, das in einem Getriebe verbaut ist: es dreht sich nur dann, wenn die entsprechende Übersetzung eingelegt wird, zu der es gehört – bei allen anderen Übersetzungen ist es nicht im Eingriff und ruht.

Ein Zahnrad (Mensch) mit aktivem mentalen Apparat wird sich aber stets über die benachbarten Zahnräder Gedanken machen und über die in anderen Getrieben. Und dieses Scheiß-Getriebeöl ist wieder so heiß und wie das wieder stinkt. Außerdem ist die Drehzahl zu hoch, das schadet doch bestimmt dem Getriebe. Und das Öl ist auch schon lange nicht mehr gewechselt worden. Was, wenn es nun nie wieder gewechselt wird – dann gehe „ich“ ja kaputt. Das muss man dem Betreiber doch sagen – aber wie? Warum kümmert sich außer „mir“ keiner um sein Umfeld? Diese dummen, ignoranten Mit-Zahnräder! Wie kann man nur, da muss man doch…

Diese sinnlosen mentalen Prozesse passieren aber nicht etwa nur einmal pro Tag, Stunde oder Minute, sondern ununterbrochen. Und das ist der Grund dafür, dass sich jemand für ein Land interessiert, dessen Staatsbürger er nicht ist und das zehn Flugstunden entfernt ist.

Früher war das hier auch so – aber heute nicht mehr. Heute ist nur noch genau das von Interesse – das heißt, es ist ein Wissen dafür da – für das genau JETZT eine Notwendigkeit vorhanden ist. Alles andere wird schlicht und einfach nicht gewusst und ist daher nicht vorhanden, nicht existent.

Ohne mentale Prozesse, mit direkter Sicht und direktem, intuitivem Wissen, die immer auf den ewigen Moment beschränkt sind, ist Leben identisch mit Frieden und Stille. Dann fällt alles, für das keine Notwendigkeit mehr besteht, unmittelbar zurück in Stille. Aus den Augen, aus dem Sinn.