Aufgehoben

Die letzten acht Tage waren wir im Südwesten unterwegs: Breisach (Breisgau), Burkheim (Kaiserstuhl), Hüfingen/Donaueschingen, Beuron. Von den Unwettern der letzten Tage blieben wir verschont – nur an einigen Tagen regnete es leicht und immer nur für kurze Zeit.

Während der ganzen Zeit hatte ich viele Träume, obwohl ich schon seit Längerem fast gar keine mehr habe. Vorgestern wachte ich mitten in der Nacht auf und sah innen Licht und spürte ein sehr starkes Gefühl des Aufgehoben-Seins. Ich wusste, dass ich nicht getrennt existiere, dass ich untrennbar mit dem Universum verknüpft bin und dort sehr gut aufgehoben und behütet bin.

Dann spürte ich, dass ich nichts brauche – überhaupt nichts, nicht einmal dieses Leben. Ich freute mich über meine Existenz aber ich brauchte sie nicht und war bereit, sie unmittelbar, im gleichen Moment, aufzugeben. Das Ganze dauerte vielleicht eine Stunde und lief ohne Gedanken ab – und während der ganzen Zeit fühlte ich ein starkes, energetisches Strömen im gesamten Körper.

Auch zur Lebenskraft hatte ich in den letzten Tagen eine Erkenntnis: Das, was Wilhelm Reich herausgefunden hat, ist sicherlich wahr – aber die Lebenskraft ist nicht die eine Wahrheit! Sie ist die antreibende Kraft, hinter der scheinbar physischen Manifestation. Sie ist aber eine Energie und kein Bewusstsein. Die Lebenskraft ist für die Manifestation eine wichtige Komponente aber ohne das Bewusstsein, wäre keine Manifestation möglich. Zum Einen, weil nichts da wäre, um die Manifestation wahrzunehmen – und zum Anderen, weil die Manifestation im (universellen) Bewusstsein der Quelle entsteht und erhalten wird.

Das Bewusstsein und das universelle Denken ist für die ideelle Gestaltung des Universums zuständig – die Lebenskraft belebt dann die entstandenen und sich entwickelnden Ideen-Strukturen und treibt sie an. Wenn es keine Blockaden in einem Wesen gibt, dann funktioniert es exakt und reibungslos  so, wie es seiner ideellen Basis entspricht.

Ein Mensch würde in diesem Fall total spontan fühlen und handeln. Ist ein Mensch aber durch moralisch-ethische Konditionierungen verbogen, wird er die spontanen Äußerungen seines Körpers, die nicht seinen, von außen aufgedrückten, Vorstellungen entsprechen, auf allen Ebenen blockieren, indem er die damit verbundenen Muskeln verspannt. Diese Verspannungen werden mit der Zeit chronisch und machen den größten Teil des Körpers unzugänglich für spontane Lebensäußerungen. Reich nennt das die „emotionale Pest„.

Man muss aber ganz klar unterscheiden, zwischen einem bewussten, verspannten Menschen und einem unbewussten, verspannten Menschen. Das Wichtige hier ist nicht etwa die Verspannung, sondern der klare und dauerhafte Kontakt zum eigenen Bewusstsein und zur eigenen Subjektivität! Wer diesen Zugang zu sich selbst hat, der kann sich der Verspannungen bewusst werden und sich davon befreien. Wer diesen Zugang nicht hat, ist mit oder ohne Verspannungen nur ein vom eigenen Verstand gebeuteltes, unbewusstes Etwas!

Bhagvan/Osho-Anhängern wurden von ihrem Guru dazu angehalten, eine ganzheitliche, spontane und bindungsfreie Sexualität zu leben, was zu einem energetischen Fließen führt und zu einem Ganzkörperorgasmus. Das ist grundsätzlich positiv, hat aber überhaupt nichts mit Bewusstsein zu tun! Wenn es so wäre, dass alle, die nicht unter der „emotionalen Pest“ leiden, vollkommen bewusst sind, dann müssten sämtliche Affen vollkommen bewusst sein – denn die treiben es den ganzen Tag querbeet, mit allen möglichen Gruppenmitgliedern – ganz ohne ethisch-moralische Regeln, Verbote und Komplexe. Trotzdem würde niemand auf den Gedanken kommen, zu behaupten, dass ein Affe „voll bewusst“ oder gar „erleuchtet“ wäre.

Optimal ist es, voll bewusst und ohne energetische Blockaden zu sein.

Die universelle Lebenskraft sorgt für den Antrieb der Manifestation – aber das Bewusstsein erfand sie, erschafft sie, entwickelt sie weiter und nimmt sie wahr! Die Lebenskraft ist der Motor des Autos, aber nicht der Ingenieur, der es erfand und baute oder sein Fahrer. Der Motor treibt das Auto an – aber es fährt dahin, wohin der Fahrer lenkt.

Wenn wir einen Menschen mit einem Auto vergleichen, verhält sich das wie folgt: Wenn der Fahrer (Bewusstsein/Seele) unbewusst ist, folgt das Auto den unbewussten Impulsen des kollektiven/universellen Unterbewusstseins und nicht dem originären (bewussten) Willen des Fahrers. Denn, wenn da kein bewusster Fahrer ist, also niemand, der seiner selbst vollkommen bewusst ist – dann ist da gar kein Fahrer, sondern nur das Unterbewusstsein. Ohne bewussten Fahrer ist das Auto (der Mensch) lediglich ein Automat. Gurdijeff sagte dazu: Man-Machine.

Somit sollte klar sein, was das Wichtigste ist: das Bewusstsein seiner selbst und der eigenen Subjektivität! Denn ohne das ist da kein Individuum, sondern niemand. Ein Niemand ist aber identisch mit individueller Nicht-Existenz!