Beobachten oder sich des Beobachters bewusst werden?

Ich habe mich jahrelang selbst beobachtet, nach der „Doppelpfeilmethode“ von Gurdijeff. Dabei geht ein Teil der Aufmerksamkeit nach außen und ein anderer Teil nach innen. Das funktioniert auch und es stellt sich mit der Zeit auch eine temporäre Präsenz ein. Aber auch nach jahrelanger Beobachtung änderte sich nicht wirklich etwas. Der Verstand drehte sich immer noch um sich selbst und das Ego war immer noch nicht entmachtet. Das gleichzeitige Beobachten nach innen und außen habe ich trotzdem beibehalten, weil es aufgrund langjähriger Gewöhnung automatisch weiter lief – und weil in der Selbst-Erkenntnis, wie ich sie jetzt betreibe, ebenfalls eine innere und eine äußere Aufmerksamkeit verwendet wird.

Meiner Erfahrung nach bringt die Selbstbeobachtung alleine nicht viel. Allenfalls wird sich eine temporäre Präsenz einstellen – aber damit kann man nicht dauerhaft im Innenraum existieren. Erst nach jahrelangem Hören des inneren Tones und nach den „Türöffnungs-Erlebnissen„, welche die Präsenz dauerhaft machten und später, als ich wusste, wo ich genau hinschauen muss, und wie man die Subjektivität des Bewusstseins erkennt und verkörpert und ich das durchführte, hat sich in mir wirklich etwas verändert.

Vielleicht habe ich mich ja einfach nur zu dumm angestellt bei der Selbstbeobachtung – daher wäre es interessant, zu erfahren, ob jemand anderer  Erfahrungen mit der Selbstbeobachtung gemacht hat und was dabei herausgekommen ist. Wenn Antworten kommen sollten, werde ich sie hier anonymisiert veröffentlichen.

Sobald man innen präsent ist und sich des Beobachters, des bewussten Ich und des puren Ich bewusst ist – und zu ihnen wird, ergibt sich mit der Zeit ein Netzwerk bewusster Referenzpunkte, die alle die Subjektivität des bewussten Ich in sich tragen, jeweils „gefärbt“ durch die Art des Zentrums. Wenn das richtig durchgeführt wird und man seinen dauerhaften Sitz im Bewusstsein von der Stirn zum Hinterkopf verschiebt, wird das Ego bei Nichtbenutzung automatisch deaktiviert und die Identifikation verlagert sich zunehmend auf das Bewusstsein.

Genau das ist in mir geschehen und hinzu kommt noch die Fähigkeit, nach Belieben zu Denken oder still zu sein und falls nötig, jeden ungewollten Gedankengang unmittelbar zu bemerken und zu eliminieren. Das wirkt sich natürlich auch auf das Ego aus, das ja nichts anderes ist, als ein Bündel von Vorstellungen und Gedanken – und ohne Gedankentätigkeit ist das Ego temporär deaktiviert.

Je mehr das praktiziert wird, umso kompakter und massiver wird das Bewusstsein und umso weniger Energie geht an das Unbewusste verloren. Für so ein Bewusstsein ist es kein Problem, sich mit dem universalen Bewusstsein und dem Absoluten zu verbinden. Das ist keine Ideologie oder Idee – sondern das wird genau so erlebt. Wobei ich mit dem Absoluten bisher nur sehr geringe Erfahrungen habe.

Gurdjieff: Evolution of Me in the Absence of Surrender