Unpersönliche Wahrnehmung

Die Beiträge in den letzten Tagen, die sich mit der „Form“ der inneren Realität beschäftigten – dass wir alle Bewusstseinsblasen sind, die im Urmeer des Bewusstseins schwimmen – haben offenbar dazu geführt, dass sich jetzt eine unpersönlichere Sicht manifestiert. Dabei ist der Sitz dessen, der die Wahrnehmung erlebt, nicht am Vorderkopf, sondern, schon seit längerem, hinter dem Hinterkopf und verbunden mit dem universellen Bewusstsein.

Als ich diese unpersönlichere Sicht heute spürte, machte ich einige Experimente mit Gefühlen und Körpergefühlen. Wenn ich am Vorderkopf bin und etwas fühle, dann ist da immer das Gefühl, dass „ich“ es bin, der das erlebt. Das hängt damit zusammen, dass dort der Beobachter sitzt, der das normale, menschliche Ich-Gefühl perpetuiert. Es fühlt sich an, als ob „ich“ mitten im Geschehen bin.

Gehe ich aber nach hinten, dann ist da eindeutig das Gefühl, dass sich alles Wahrgenommene vor mir in einer Halbkugel befindet. Das fühlt sich so an, als ob ich, aus einer erhöhten Position heraus, ein weites Wahrnehmungsfeld überblicken kann, das sich vor mir erstreckt. Das resultiert aus der Position und daraus, dass ich mich dann mehr als subjektives Bewusstsein erlebe und weniger als Mensch. Das verstärkt sich noch, wenn ich mich bewusst daran erinnere, dass ich mich selbst bereits als Bewusstseinsblase erlebte, die im Bewusstseins-Ozean schwimmt.

Aus der Kombination dieser Faktoren, entsteht dann das eindeutige Gefühl, dass die Wahrnehmung  keinerlei Bezug zu mir, dem Wahrnehmenden hat, sondern eine unpersönliche Wahrnehmung in mir selbst ist. Daraus resultiert dann ein neutraler Blick auf die Zustände in Deutschland und auch auf Ereignisse, wie zum Beispiel den Tod eines Menschen. Das bedeutet nicht, dass ich die Wahrnehmung als getrennt erlebe, sondern dass klar gesehen wird, dass sie als unpersönlicher Ablauf in mir erscheint.

Das alles ist ja nicht neu, das erlebe ich schon länger so. Neu ist aber die Kombination dieser schon vorhanden gewesenen Erfahrungen. Das ist so, wie wenn man einige Puzzleteile auf dem Tisch liegen hat und sie getrennt anschaut. Setzt man die Teile zusammen – sind es immer noch die gleichen Puzzleteile – aber die bewusste Wahrnehmung ihrer Kombination ergibt eine höhere oder ganzheitlichere Erfahrung.

Das bringt mir auch eine ganz andere Sicht auf mein Schreiben. Auch da war mir schon klar gewesen, dass ich für mich schreibe – wenn ich auch immer wieder auf Abwege geraten bin und versuchte, andere Menschen zu beeinflussen, was eindeutig ein ganz großer Fehler von mir ist. Momentan kann ich erkennen, dass das Schreiben, was bei mir ausschließlich intuitiv abläuft, sich eindeutig auf die Vertiefung meiner Erfahrungen und Erkenntnisse auswirkt.

Man hat mir vorgeworfen, dass ich Konzepte von anderen übernehme. Das stimmt sogar zum Teil – aber ich glaube nichts, sondern ich benutze diese Konzepte als Wegweiser und erkunde die entsprechende Richtung. Das, was ich dabei erlebe, ist dann meine Erfahrung und kein fremdes Konzept mehr. Außerdem habe ich ein sehr feines Gespür für Wahrheit entwickelt und lasse mir nichts mehr vormachen. Wenn ich einen Text lese, weiß ich einfach, ob er in die richtige Richtung weist oder nicht.

Das funktioniert nur dann nicht, wenn sich in mir Vorstellungen festgesetzt haben, die in eine andere Richtung weisen. Hier hilft mir aber mein schlechtes Gedächtnis weiter. Wenn ich etwas lese, dann ist es in dem Moment präsent – aber wenn ich dann etwas anderes mache oder einfach eine Weile warte, dann ist das Gelesene wieder weg. So unschön das auch ist, so hilft es mir dabei, keine verkrusteten Konzeptschichten aufzubauen, denn die müsste ich mir merken. Da ich auch nicht über solche Dinge nachdenke, sondern meist für Stille im Kopf sorge, gibt es in mir auch kaum bewusste Konzeptualisierung von Ereignissen.

So sehr ich es mein ganzes Leben lang gehasst habe, mir kaum etwas merken zu können – außer die Dinge, mit denen ich ständig umgehe – so hilft es mir genau hier ungemein weiter. Gleiches gilt auch für meine nicht vorhandene Imaginationsfähigkeit. Aus herkömmlicher Sicht bin ich ein hoffnungsloser Kandidat für Selbsterkenntnis – aber ich habe entdeckt, dass meine scheinbaren Schwächen in der Selbsterkenntnis eine sehr große Hilfe sind.

Letztes Wochenende hatte ich Kontakt mit einem Menschen, der eine sehr gute Imagination hat und mit seinem Bewusstsein reisen kann. Er sagte zu mir, dass ich lebe, wie in einem Haus voller wunderschöner und exotischer Frauen, von denen ich aber nichts habe, weil ich sie nicht sehen kann. Er meinte, dass ich aus seiner Sicht innerlich sehen können müsste, dass ich das innere Sehen aber vielleicht in der Kindheit abgeschaltet hätte. Ich habe mich daraufhin gefragt, was ich tun könne, um die Imagination einzuschalten – aber bislang kam noch keine Antwort.

Und wenn ich ehrlich bin, ist mir die Stille lieber, als die schönsten Bilder, die ich vielleicht nicht mehr aus dem Kopf heraus bekomme. Wenn ich die Augen schließe, dann ist alles tiefschwarz – außer wenn ich nach oben ins Licht gehe. Dann fühle ich mich und die Gedankentätigkeit, falls überhaupt vorhanden, stoppt sofort. Und dann ist in mir tiefster Frieden und vollkommene Schwärze und ich bin einfach da, eingetaucht in meiner eigenen, inneren Subjektivität. Aber auch diese Stille muss noch überschritten werden, um mit dem Absoluten zu verschmelzen. Ganz einfach deshalb, weil Stille hier erlebt wird – aber das Absolute ist nicht hier.

Ich kann alle Zentren öffnen und hatte auch schon kurze Einblicke in das Absolute. Was mir aber eindeutig noch fehlt, das ist Dauerhaftigkeit und Gleichzeitigkeit des Erlebens aller Zentren.