Das, was vergessen werden kann, kannst Du nicht sein

Gerade habe ich über ein Video einen englischen Text von Maharaj gefunden, der die heutigen Beiträge sehr schön ergänzt. Der Titel lautet: Alles, was Du vergessen kannst, kann nicht das Ewige sein. Er geht darin auf einen Fragenden ein, der wissen will, wie er schrittweise Verwirklichung erlangen kann. Ich übersetze einmal den ersten Teil, weil ich auf einen ganz bestimmten Punkt hinaus will, den viele, die eine bestimmte Grenze überschritten haben, immer wieder unterschätzen, einfach deshalb, weil sie sich nicht mehr richtig erinnern:

F: Ist es möglich, mir zu sagen, was ich Schritt für Schritt tun kann, um Verwirklichung zu erlangen.

M: Warum soll jemand irgend eine Praxis ausführen und zu welchem Zweck?

F: Muss also keine Praxis ausgeführt werden?

M: Du bleibst verwirrt, solange Du Dich mit dem Körper identifizierst. Auch Deine Frage, was zu tun sei, entsteht aus der Sicht, mit dem Körper identifiziert zu sein. Als ein Individuum, das mit dem Körper beschäftigt ist – fragst Du Dich: was soll ich dann tun? Das war Deine Frage. Solange Du mit dem Körper identifiziert bist, wird Deine Verwirrung andauern.

F: Ja, intellektuell ist das klar. Wenn aber eine selbstverwirklichte Person sagt, dass jeder bereits selbstverwirklicht ist, dann bedeutet das, dass ich selbstverwirklicht bin, das aber nicht so fühlen kann.

M: Die Person, die sagt: „Ich fühle das nicht so“ ist erneut mit dem Körper identifiziert.

F: Dann bin ich unfähig auszudrücken, was ich fühle.

M: Ist es nicht etwas, das bereits da ist und das Du benutzt? Ohne dieses Bewusstsein wärst Du nicht in der Lage zu denken oder irgend etwas zu tun. Das, was Du benutzt ist bereits hier. Es gibt keine andere Praxis auszuführen, außer zu verstehen (es Dir selbst mit Überzeugung zu sagen), dass es dieses Wissen ist – dass Du existierst – was bereits Wissen bedeutet – und nicht die Art und Weise, wie du es auf der individuellen Ebene benutzt. So ist es das Wissen selbst, was existiert und es muss rein bleiben – und man muss davon getrennt bleiben. Dieses Wissen, dass Du exitierst, wurde irrtümlich mit dem Körper identifiziert – daher denkst Du von Dir als dem Körper. Aber Du bist das Wissen (dass Du existierst). Stärke das Wissen, Deine Überzeugung, dass Du das Sein bist, nicht der Körper.

F: Wie kann man das tun?

M: Durch Meditation – und Meditation bedeutet, dass das Wissen „ICH BIN“ in der Meditation als genau dieses Wissen verbleibt. Da ist der Schlafzustand und der Wachzustand – und das Wissen, dass Du existierst: „Ich existiere, ich weiß, dass ich existiere„. Welches Kapital hätte einer ohne das Wissen „ICH BIN“?


Genau hier ist die Praxis, die angeblich nicht nötig ist! Auch der Videomacher hat genau vor der Frage, was man tun kann, aufgehört und darauf verwiesen, dass der Text dann immer so weiter geht…

Maharaj und auch Maharshi und wohl auch die meisten anderen „Meister“ haben immer genau diesen Fehler gemacht, dass sie behaupten, dass alle bereits erleuchtet wären und daher keinerlei Praxis auszuführen wäre. Das ist völliger Unsinn! Sie haben schlicht und einfach vergessen, welchen Weg sie gegangen sind. Maharaj hat drei Jahre lang, jede Minute seiner freien Zeit, gesessen und sich beobachtet. Ist das etwa keine Praxis? Und Maharshi hat bis zum Ende seines Lebens in Samadhi gesessen. Er hat nie gearbeitet oder irgend etwas getan – er hat praktisch ununterbrochen meditiert. Ist das keine Praxis?

Aber in einem hat Maharaj vollkommen Recht: Meditation ist, dass das Wissen „ICH BIN“ still in diesem Wissen sitzt. Das bedeutet es, wenn ich sage: ICH sitze in MIR. Was er nicht erwähnt, weil er es vergessen hat, das ist die Arbeit, die er ausführte, indem er sich mit dem universellen Bewusstsein verband und diese Verbindung stabilisierte – denn das geht nicht in einer Sekunde, dafür ist sehr viel Zeit nötig.

Ich behaupte, dass alle, die sehr weit gekommen sind und denen es daher nicht mehr schwer fiel, ihren Zustand zu halten, den Weg dahin unabsichtlich als sehr einfach darstellen – weil sie die Mühen vergessen haben! Es ist lächerlich, einen normalen Menschen als „erleuchtet“ darzustellen, wenn dieser noch nicht einmal weiß, dass er eine geistige Entität ist und nicht der Körper! So ein Mensch würde mich weglachen oder in eine Irrenanstalt einweisen lassen, wenn ich ihm das erzählen würde!

Maharaj sagt das, weil er in dem Fragesteller nicht den Menschen sieht, sondern sich selbst – und weil er direkt sieht, dass es tatsächlich nur der Glaube daran ist, der Körper zu sein, der den Unterschied macht. Aber der andere kann das nicht und da nutzt auch keine noch so große „Überzeugung„. Wenn das etwas nutzen würde, dann bräuchte man sich nur hypnotisieren zu lassen, dass man die geistige Entität ist und nicht der Körper. Du kannst das ja mal versuchen…

Maharshi hat den gleichen Fehler begangen und daraus seine Methode der Selbsterforschung abgeleitet, die nicht funktioniert: Die Frage: „Wer bin ich?“ Wenn diese Frage tatsächlich zur Selbstverwirklichung führen würde, dann gäbe es heute Millionen Selbstverwirklichte! Stattdessen gibt es mehr als acht Milliarden Blinde und Taube – und sie vermehren sich rasend schnell.

Die Frage „Wer bin ich?“ funktioniert erst dann, wenn einer bereits dort angekommen ist und sich vergewissern oder erinnern will.

Es gibt nur eine einzige ehrliche Antwort auf die Frage: „Wie kann ich mich selbst verwirklichen:Ich weiß es nicht!

Alles andere ist eine Verniedlichung dieses ungeheuren Sprunges, dieses gewaltigen Weges. Das ist so, wie einem Steinzeitmenschen zu sagen: „Es ist absolut kein Problem für Dich, einen Porsche 911 herzustellen„. Und: „Du hast ihn doch schon längst, schau nur mal in Deine Höhle, dort steht er!“ Und was ist ein Porsche gegen das Sein? Lediglich ein Inhalt des Bewusst-Seins – ein untergeordnetes Objekt im Subjekt – eine Idee, mehr nicht.

Schon alleine der Sprung vom Verstandesmenschen, zu einem Menschen, dem ein wenig innere Präsenz und Ruhe möglich ist – wenn es auch nur temporär wäre – dieser Sprung ist aus eigener Kraft kaum vollziehbar! Und ich spreche hier nicht von einer „Meditation„, in der der Meditierende ununterbrochen denkt, wie es bei den meisten der Fall ist! Wenn ich von Stille spreche, dann meine ich Gedankenstille! Und wenn ich beschreibe, wie man sich selbst wahrnehmen kann, dann ist das nicht für die Masse der Menschen gedacht! Das ist immer nur für diejenigen, die schon abgesprungen sind, aber ihren Landepunkt (das bewusste ICH) noch nicht gefunden haben.

Niemals kann ein Mensch, ohne innere Hilfe, die Schwelle überschreiten – niemals!
Es ist völliger Unsinn zu behaupten, dass alle Menschen selbstverwirklicht sind.
Wer das behauptet, der lügt – mit oder ohne besseres Wissen!
Und es ist mir völlig gleich, welche „Autorität“ auch immer das behauptet!
Es ist nicht der Mensch, der sich zu sich selbst „umdrehen muss“ – es ist das innere Wesen selbst.
Wer wäre da, dieses Wesen zu zwingen, sich umzudrehen, wenn es das noch nicht will?
ES“ passiert, genau dann, wenn es passiert und keine Sekunde früher.
Eine innere Praxis ist erst nach diesem fundamentalen Ereignis sinnvoll – davor ist es reine Zeitverschwendung, da es keinen Weg über die Schwelle gibt. Man wird darüber befördert.