Innen und außen gleichzeitig

Ich erhielt heute eine Mail die folgenden Satz enthielt, der gleichzeitig der letzte Satz war: „Wenn es gelingen könnte, innen und außen gleichzeitig zu sein…

Die Person, die diesen Satz schrieb, hat damit auch ihren (vermeintlich) größten Wunsch und größte Sehnsucht zum Ausdruck gebracht. Der Rest der Mail soll hier nicht betrachtet werden – denn der letzte Satz ist die Hauptsache, er hat es in sich und zeigt den Weg auf, der zu gehen ist. „Innen und außen gleichzeitig“ bedeutet nämlich, sich der äußeren Manifestation vollkommen bewusst zu sein und gleichzeitig seine Individualität auf allen Ebenen zu fühlen und zu verkörpern. Das ist die größte Herausforderung für jeden Menschen und das Ziel jeder Existenz.

Es kommt nicht darauf an, was in der Manifestation geschieht – das ist im Vergleich zu einer geschehenden inneren Entwicklung eher belanglos. Es ist somit genau umgekehrt, wie es nahezu jeder Mensch annehmen würde. Die Außenseite ist eben genau das: außen, außerhalb, unabhängig von mir.

In Wirklichkeit stimmt das natürlich so nicht, denn die Quelle enthält das virtuelle Universum und projiziert es aus jeweils einer anderen Sicht in die einzelnen Wesen hinein. Somit ist es keine Außen-, sondern eine Innenwelt. Das nur zur Klarstellung! Es geht mir darum, herauszustellen, dass die Manifestation aus der Sicht der individuellen Subjektivität ein externes Geschehen ist, das nichts direkt mit dem individuellen, inneren Wesen zu tun hat.

Der Film, der in „der Außenwelt“ abläuft, ist getrennt von der individuellen Subjektivität, dem Beobachter des Geschehens, die sich um sich selbst kümmern muss. Das kann sie aber nur dann, wenn die „Hauptperson“ des Films mitspielt und sich bereit erklärt, das nötige zu tun, um diesen Prozess zu unterstützen. So kann es zum Beispiel unmöglich zu einer Meditation kommen, wenn der Mensch nicht mitmacht. Mit Meditation ist hier das Sitzen in der eigenen Subjektivität und die Hingabe an das Absolute gemeint – und nicht irgendeine „Technik„.

Die Mail zeigt auch klar, dass die Person, die es geschrieben hat, noch sehr stark an der äußeren Manifestation hängt. Es ist die Rede von notwendigen Aktivitäten und von den Schönheiten, welche die Außenwelt zu bieten hat. Und ich kann aus meiner eigenen Erfahrung sagen, dass es solange nicht zur „Zündung“ der inneren Entwicklung kommen wird, solange das so bleibt.

Es mag Ausnahmen geben – aber das Leid, das über den Menschen ausgeschüttet wird, hat nur einen einzigen Zweck – sie zum Einhalten zu bringen, sie dazu zu bringen, auf sich selbst zu schauen. Nicht in der Form „Was habe ich nur getan, dass mir das alles geschieht, ich armer Tropf…“ sondern vielmehr: „Verdammt nochmal – was ist hier nur los? Was sehe ich denn nicht? Wo muss ich denn hinschauen“ Wer sein Leid bejammert, ohne konstruktiv zu versuchen, es als Sprunngbrett zur eigenen, inneren Entwicklung zu nutzen, wird sich nicht daraus befreien können.

LEID IST IMMER EINE AUFFORDERUNG, SICH SELBST, SEIN INNERES ANZUSCHAUEN!

Interessanterweise gilt das auch für Glück und jede andere Gefühlsregung. Man kann sagen, dass alles, was in der Außenwelt geschieht dazu da ist, den Blick auf sich selbst zu richten – auf seine eigene, innere und individuelle Subjektivität. Diese hat übrigens nicht das Geringste mit der Person zu tun, denn die ist nicht subjektiv sondern kollektiv. Warum? Weil die Person ein sozialer Konstrukt ist, der aufgrund äußerlicher Zwänge und innerer Anpassung erzeugt wurde.

Die „Person“ ist eine Maske, eine Art Karnevalskostüm, die das eigentliche Individuum völlig unkenntlich macht – indem der Blick ausschließlich nach außen gelenkt wird. Die Person ist so konditioniert, dass sie Zustimmung im Außen sucht und ihr Inneres dazu verleugnet und vergisst. Das fängt am Tag der Geburt an und hört im Greisenalter immer noch nicht auf – außer die innere Entwicklung wird „gezündet„.

Wenn das geschieht, rückt unvermittelt die innere Individualität in das Blickfeld – und falls nicht, dann doch eine neue, frische Präsenz jenseits des Verstandes, die klar zeigt, dass man nicht seine Gedanken ist, nicht seine Gefühle und auch nicht dieser Körper – sondern der unabhängige Beobachter dieser Phänomene. Ab da verschwindet das Äußere zunehmend aus dem zentralen Blickfeld und dafür wird das Innere mit jedem verstreichenden Tag wichtiger und lebendiger. Das ist aber nicht etwa das Ende der Entwicklung – sondern der Beginn einer unendlichen Reise.

Aufgrund meiner eigenen Erfahrung weiß ich, dass ein starkes Interesse an der Außenwelt anzeigt, dass es kein bewusstes, wirkliches Interesse an einer inneren Entwicklung gibt. Je mehr Interesse an der Außenwelt, je weniger Interesse an der Innenwelt und an sich selbst – und umgekehrt. Niemand kann das vor sich selbst verbergen, denn jeder weiß ganz genau, wo sein Interesse liegt und wird sich das auch nicht nehmen lassen – und das ist auch gut so. Eine innere Entwicklung geht an die Wurzel der Existenz und wer nicht bereit dazu ist, für den wird sich dieses Tor nicht öffnen – denn das könnte ihn umbringen.

Nur wer wirklich bereit dazu ist und nicht mehr anders kann, wen das Leben in eine Ecke gedrängt hat, aus der er nicht mehr herauskommt – nur der wird durch die Wand dieser Ecke hindurch brechen auf die andere Seite. Es geschieht nicht einfach so…mal eben zur eigenen Erbauung…denn DAS ändert alles…und doch bleibt alles gleich.

Worauf ich hinaus will: man muss es wollen, wirklich wollen und das kann keiner machen, denn entweder will einer oder er will nicht. Das ist vor allem auch eine Frage der Dringlichkeit – man muss erkannt haben, dass dieses Leben so wahnsinnig kurz und gefährlich ist, dass man sterben könnte, bevor man sich wirklich innerlich erkannt und entwickelt hat. Wer diese Dringlichkeit nicht spürt, hat absolut nichts erkannt, der träumt mit offenen Augen und merkt es nicht – was leider für >99,99% aller Menschen zutrifft.

Dieses Leben ist eine Chance – die mir gegeben wurde – wenn ich sie nicht nutzen würde, erwiese ich mich als unwürdig, dieses Leben zu führen. So etwas nennt man gewöhnlich „Undankbarkeit“ – ich würde es ergänzen um „Dummheit“ und „Selbst-Mord„. Die meisten Menschen wissen nichts davon und sind daher als „unschuldig“ zu bezeichnen.