Es gibt keine Erleuchteten

Was in diesem Blog beschrieben steht, hat nichts mit Erleuchtung zu tun. Erleuchtung ist nur ein ein- oder auch mehrmaliges Erlebnis, das die Tür öffnet, zur Erkenntnis dessen, was einer ist. Erleuchtung kann man nicht einmal als Erwachen bezeichnen – es ist wirklich nur ein Türöffner. Ob der betroffene Mensch die geöffnete Türe nutzt oder nicht und tatsächlich zu seinem eigenen Wesen erwacht – das liegt nur an ihm.

Wenn also jemand sagt, dass es keine Erleuchteten gibt und es eine Wahnvorstellung ist – also ein Anzeichen von Wahnsinn – sich für einen solchen zu halten, dann hat er damit vollkommen Recht!

Wenn derjenige damit aber meint, dass es niemanden gibt, der sich selbst vollkommen kennen kann (hier ist selbstverständlich nicht das psychosomatische Ego gemeint) – nun – dann ist er es, der einem Wahn zum Opfer gefallen ist: Nämlich dem Wahn ein Niemand zu sein!

Ein Niemand zu sein, das ist die Wahnvorstellung derjenigen, die den überwiegend östlichen Lehren anhängen, die sagen, dass es kein Individuum gibt. Diese Wahnvorstellung ist noch schlimmer, als dem Wahn zum Opfer zu fallen, ausschließlich ein Mensch zu sein – vielleicht gar noch ein zu einhundert Prozent selbstbestimmter – das glaubt die absolute Masse der Menschen.

Damit sind die normalen Menschen aber sogar noch besser dran, denn die glauben wenigstens, dass sie wüssten, wer sie sind. Diejenigen, die glauben, dass sie ein Niemand sind, wissen damit gleichzeitig aber auch, dass sie nicht wissen, wer und was sie sind! Was kann es schlimmeres geben als zu existieren aber nicht zu wissen, was und wer existiert? Das ist doch jämmerlich! Wie kann man damit zufrieden sein?

Genau das – dieses innere Nichtwissen und das Gefühl der Unvollständigkeit – war mein Antrieb gewesen, immer weiter zu suchen, bis ich Hinweise fand, die auf mich selbst verwiesen – weil ich offensichtlich unfähig war, mich ohne diese Hinweise selbst wahrzunehmen. Aber immerhin habe ich die mir vom Leben angebotenen Hinweise angenommen. Das liegt unter anderem auch daran, dass ich schon immer um Hilfe vom Leben gebeten habe, wenn ich selbst nicht weiterkam. Und diese Bitte um Hilfe wurde noch niemals versagt, wenn ich es wirklich ernst damit meinte.

Mehr gibt es dazu nicht zu sagen, weil man Menschen ganz offensichtlich nicht dazu bringen kann, sich selbst wirklich und tief anzuschauen – nicht einmal Menschen mit einer einstmals offenen Tür. Damit beende ich dieses Kapitel, denn an diesem Punkt kann ich niemandem helfen. Hilfe kann es erst dann geben, wenn ein angeblicher Niemand erkennt, dass er unmöglich ein Niemand sein kann und versucht, herauszufinden, wer er denn wirklich ist. Nach dieser Erkenntnis ist Hilfe möglich – vorher nicht.

Nachtrag: Spiritueller Stillstand ist gleichbedeutend mit dem innerem Tod. Wer glaubt, nach einem Erleuchtungserlebnis, am Ziel zu sein, der begeht den größten Fehler seines Lebens. Er ist keineswegs am Ziel – er ist vielmehr am Beginn einer langen Reise, die angetreten werden will.