Das Fühlen Sein

Ich habe über lange Zeit einen inneren Beobachter kultiviert. Der hat zwar kaum noch seinen Senf zu den Erscheinungen dazu gegeben – sprich er hat die Klappe gehalten – aber er ist immer noch da und beobachtet, was passiert. Es ist aber nicht so, dass eingegriffen wird. Beim Reden zum Beispiel ist nicht einmal eine Millisekunde vorher bekannt, was gesagt werden wird. Sprechen geschieht einfach, genauso wie alles andere.

Das Problem besteht hauptsächlich darin, dass der Hauptfokus auf dem Beobachter liegt. Und da ein Fokus nicht gleichzeitig auf zwei Vorgängen liegen kann, wird alles nur indirekt erlebt – über den Beobachter. Das bedeutet, der Fokus muss weg vom Beobachter und voll hinein in alle Ereignisse, das Erleben, die vollständige Qualität des Augenblicks, den Geschmack des Lebens. Ich habe es am Samstag direkt erlebt. Die Energie war so stark, dass der Beobachter temporär ausradiert wurde. Da war nur noch diese Energie, die ich war, ich war der Energiestrom, der sich in alle Richtungen ausbreitete. Es geht also um direktes, unverfälschtes Erleben.

Testweise habe ich heute einmal versucht, den Körper zu bewegen und dabei voll in die Bewegungen hinein zu gehen. Das ist ein vollkommen anderes Da-Sein, als der statische Beobachter zu sein. Gehe ich voll hinein, dann werde ich zu der Bewegung. Wenn das beim Essen passiert, dann ist da nicht der Beobachter, der sieht, dass gegessen wird und registriert, wie der Geschmack ist, ob es heiß ist oder kalt. Nein – wenn ich da voll hineingehe, dann werde ich zum Beißen, zum Kauen, zum Schlucken und zum Geschmack.

Das ist Leben pur.
Ich fange an zu begreifen, was Fühlen bedeutet…
Es ist nicht jener, der das Fühlen sieht, sondern das Fühlen selbst.
Es ist nicht jener, der den Selbst-Ausdruck sieht, sondern der Selbst-Ausdruck selbst.
Ich sein, ist getrennt vom Erleben zu sein und es zu sehen.
Nicht-Ich sein, ist das Erleben zu sein.

Nicht-Ich sein, bedeutet in das Leben einzutauchendas Leben zu sein – nicht als präsenter Beobachter daneben zu stehen und das Leben zu beobachten. Präsenz alleine reicht nicht – eintauchen tut not…

Shakti ist die vollkommen in das Leben Involvierte, ohne einen Rest von Ich-heit. Shakti ist das Leben selbst, die Bewegung im Laufen, der Geschmack des Essens, die Schönheit der Frau, das Ekstatische in der Ekstase. Shakti, die Lebenskraft, bildet und lebt den Körper – so etwas wie ein individuelles Ich gibt es nicht. Es gibt aber ein universelles ICH, den universellen Genießer und das ist Shiva – das universelle Bewusstsein.

Von Khalil Gibran stammt ein Spruch, der genau das ausdrückt: “Beauty is eternity gazing at itself in a mirror“ (Schönheit ist Ewigkeit, die sich selbst in einem Spiegel anschaut) Mit sich selbst ist hier die Shakti, Shivas Kraft gemeint. Da aber Shiva & Shakti zwei Seiten ein und der selben Münze sind, schaut die Ewigkeit tatsächlich sich selbst an (die Kreation ihrer eigenen Kraft).

Es gibt noch viel zu lernen…