Es gibt drei grundsätzliche Zustände des Bewusstseins:
- +1 Überaktiv: Unruhe, zwanghafte Gedanken/Aktionen, verspannt, ständige Aktion
- 0 Neutral: Stille, Frieden, frei fließend, aufmerksam, bereit zur Aktion. (Mushin)
- -1 Inaktiv: schläfrig, schlaff, eingelullt, unkonzentriert, passiv und nicht bereit zur Aktion.
Daraus ergeben sich zwei grundsätzliche Arten von Stille:
- Eine hellwache, aufmerksame, „knackige“ Stille – das ist die korrekte Art.
- Eine dumpfe, schläfrige, schlaffe Stille – das ist die falsche Art.
Die Stille ist in beiden Fällen die gleiche – aber die zweite Art ist kontaminiert mit Schlaf, Schläfrigkeit und Unwille zur Aktion. Wenn bemerkt wird, dass die schläfrige Stille da ist, dann kann ein einfaches Mittel helfen, um die Schläfrigkeit zu vertreiben und die hellwache Stille zu aktivieren: Sich selbst zu erschrecken. Man stößt dabei einen kurzen, scharfen Schrei aus, wie einen Kampfschrei beim Kampfsport, was den Körper sofort in Alarmbereitschaft versetzt. In Situationen, wo das nicht möglich ist, hilft oft auch eine schnelle Bewegung, zB eine kurze, ruckartige Drehbewegung des Kopfes.
Schläfrige stille tritt hier auch auf aber relativ selten, was möglicherweise damit zusammenhängt, dass sehr lange auf den inneren Ton gehört wurde, was eine starke Konzentration benötigt. Diese Konzentration hält intensiv wach. Das „sich selbst erschrecken“ kann auch verwendet werden, um eine meditative Haltung oder eine Konzentration auf ein Körpergefühl zu zerstören.
In allen Traditionen wird vor der schläfrigen Stille gewarnt, weil sie völlig wertlos ist. Die Kampfschrei-Methode kommt aus dem Dzogchen, bei dem solche Methoden verwendet werden, um die meditative Haltung der vorgelagerten Shamatha-Meditation zu vernichten. Der natürliche Zustand des Bewusstseins ist nicht schläfrig, sondern hellwach, aufmerksam, knackig, scharf. Und die hauptsächliche Dzogchen-Übung besteht daraus, genau diesen Zustand beizubehalten und die Schläfrigkeit zu vertreiben. Das Bewusstsein soll stets frei schweben, ohne sich irgendwo fest zu halten und dabei hellwach, klar, scharf und „knackig“ sein.
Ich habe nie Übungen von Dzogchen oder aus anderen Traditionen benutzt, sondern immer nur auf den inneren Ton gehört. Aber nach dem Shift wusste ich nicht, was passiert ist und ich suchte lange herum, bis ich fündig wurde. Mein „Problem“ war, dass hier eine vollkommene innere Stille da war, in der von Natur aus keine Gedanken sind – diese Stille lässt sich nicht zerstören oder verändern.
Im Zen und auch bei vielen anderen Traditionen wird aber genau davor gewarnt, sich an einer „gedankenleeren Stille“ festzuhalten oder zu versuchen eine herzustellen. Man solle diese zerstören und zur Zen-Übung zurück kehren. Das hat mich lange verunsichert – bis ich merkte, dass es vollkommen sinnlos ist, diese Stille zerstören zu wollen – sie kann nicht zerstört werden – sie IST, was ICH BIN.
Irgendwann kapierte ich dann, dass alle Traditionen vor der schläfrigen Stille warnen, die auch gedankenleer sein kann – und die muss zerstört werden, denn das ist eine Art Schlaf. Im Prinzip ist die schläfrige Stille der Zustand, der direkt vor dem Einschlafen auftritt, oft begleitet von hypnagogen Bildern.
Die hellwache Stille, jederzeit bereit zur Aktion, nicht an einem Ort lokalisiert, ist dagegen der natürliche Zustand des leeren Bewusstseins, das nie schläft und überall gleichzeitig ist.
Nachtrag: Ich habe gerade das hier gefunden:
The unfettered Mind – Writings from the Zenmaster to the Swordmaster
Auszug Seite 13:
Der richtige Verstand und der verwirrte Verstand
Indem der rechte Geist nicht an einem Ort bleibt, ist er wie Wasser. Der verwirrte Verstand ist wie Eis, und Eis ist nicht in der Lage, Hände oder Kopf zu waschen.
„Ich werde nicht denken„