Geistige Hygiene

Die meisten Menschen tun alles dafür, sich körperlich fit zu halten oder zumindest fit und gut auszusehen. Gerade bei Frauen ist das extrem – die schminken sich, als wären sie hässlich und müssten sich verstecken. Aber für die mentale Fitness und Hygiene wird in der Regel nichts getan. Dabei ist es genau diese mentale Fitness und das Reinhalten des mentalen Bereiches, was für das wirkliche Wohlergehen sorgt.

Damit wird hier nicht gemeint, dass jemand sein normales Denkvermögen steigert, mehr oder besser denkt oder sich in angenehmen Tagträumen ergeht – sondern dass das Denkvermögen nur dann eingeschaltet wird, wenn es gebraucht wird und ansonsten ausgeschaltet bleibt.

Mir ist bewusst, dass hier jeder erst einmal sagen wird: „das ist unmöglich“. Aber genau das gleiche wird auch ein Kind sagen, das hört, dass ein Hochleistungssportler einen neuen Weltrekord im Hochsprung von 2,5 Metern aufgestellt hat. Für ein zehnjähriges Kind ist so etwas unmöglich – wenn es aber körperlich geeignet ist und zehn Jahre lang täglich trainiert – dann kann es auch irgendwann solche Höhen überspringen.

Die meisten Menschen werden sich hauptsächlich im vorderen Teil des Kopfes erleben – ganz einfach deshalb, weil dort der Denkvorgang bewusst wird. Diesen Ort nenne ich die „Denkkapsel„. Wenn ein Mensch, in dem es zwangsweise und chaotisch denkt, diesen Bereich nicht verlässt, wird er immer wieder in den Denkvorgang involviert werden und kann sich nicht davon lösen.

Das Bewusstseinsfeld ist aber nicht auf den Kopf begrenzt – es umspannt den ganzen Körper – der Körper ist im Bewusstseinsfeld. Dieses Bewusstseinsfeld ist zudem im globalen/universellen Bewusstsein eingebettet und nicht davon getrennt. Da gibt es also eine ganze Menge Möglichkeiten, wo einer mit der Aufmerksamkeit hin kann, um dem zwangsweisen Denken zu entrinnen. Hier ist es die Präsenz der Stille und des Existenzgefühls, auf dem der Hauptfokus liegt. Wer das noch nicht erkennen kann, der kann den Fokus auf den Bauchbereich oder die Atmung lenken oder meinetwegen auch auf den linken kleinen Zeh – solange er nur nicht in der Denkkapsel verweilt.

Wer noch nicht stabil ist, der braucht einen Anker für die Aufmerksamkeit und von dort aus kann dann das Denken beobachtet werden. Hier wird das wie eine stehende Welle erfahren, von wo aus dann geschaut wird. Man könnte das einen dauerhaften, nicht-konzeptionellen Gedanken nennen, einen stehenden Gedanken ohne Inhalt.

Hier ist es so, dass das Denken nicht beobachtet werden muss, weil hier standardmäßig das Denken ausgeschaltet ist – es denkt normalerweise nicht. Wenn es aber doch denkt, wird das sofort bemerkt und dann gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder es findet eine Involvierung in die Gedanken statt (Ablenkung) oder nicht.

Wenn eine Involvierung statt findet, dann kann diese jederzeit beendet werden, sobald sie bemerkt wird. Dabei wird nicht das Denken unterbrochen, was auch möglich wäre, sondern die Aufrechterhaltung der Involvierung, durch abruptes abziehen der Aufmerksamkeit. Das fühlt sich dann an, als ob das Denken abfällt – es fällt ins Nichts des leeren Bewusstseins.

Dass es hier nicht mehr zwangsweise chaotisch denkt, ist nicht auf eigene Leistung zurück zu führen – sondern auf ein langes und ausdauerndes Hören auf den inneren Ton und auf das endgültige Aufgeben, als bemerkt wurde, dass die Aufmerksamkeit nicht dauerhaft auf dem Ton und der Stille gehalten werden kann. Daraufhin geschah eine Verschmelzung „mit mir selbst“ (Quelle) und das scheint diesen dauerhaften Zustand eingeschaltet zu haben.

Die Tatsache, dass es hier nicht mehr zwangsweise und chaotisch denkt, verhindert aber grundsätzlich nicht, dass Gedanken entstehen und auch nicht, dass Involvierung in den Gedankenstrom stattfinden kann. Der Gedanken-Entstehungsprozess ist also keineswegs behindert oder gar verhindert – nur der zwanghafte Missbrauch und die Dauerhaftigkeit hat geendet.

Früher war hier zu 99,99% Denken, Chaos, innerer Lärm und das Denken konnte nicht verlassen werden. Heute ist hier >90% Stille und kaum Denken und die Stille kann nicht verlassen werden – sie ist auch da, während es denkt.

Die Enthaltung vom bewertenden Denken ist ein andauernder Prozess, ein Training, das rund um die Uhr statt finden muss und keinesfalls auf eine Meditationsperiode beschränkt sein darf! Das muss während der gesamten Wachphase aufrecht erhalten werden!

Das Leben lässt keine Möglichkeit aus, diese Enthaltung zu testen. Das sind oft nur Kleinigkeiten, kleine Nadelstiche von „feinen Nähnadeln“ – aber es sind auch größere und große „Brocken“ dabei, im Durchmesser von „Stricknadeln“ oder  gar „Stahlstangen„, mit denen die Enthaltung getestet wird.

Diese ständige Prüfung und Reaktion des Lebens, mit immer kürzer werdenden Reaktionszeiten, führt zu einer zunehmend defensiveren Art zu leben, zu immer mehr Akzeptanz, selbst den größten Schwachsinn hinzunehmen, wenn es keine Möglichkeit gibt, etwas daran zu ändern. Das ist  eine lebenslange Praxis. An dieser Stelle ist buchstäblich alles ein Lehrer.

Zusammengefasst muss man die Aufmerksamkeit von der Denkkapsel abziehen und möglichst dauerhaft auf einen anderen Bereich richten: Präsenz von Atem, Bauch, Existenzgefühl oder Stille. Dann kann von diesem Ankerpunkt aus beobachtet werden, was im Denken vor sich geht. Als nächstes muss ständig bewusst gespürt werden, ob es jetzt gerade eine Involvierung in den Denkprozess gibt oder nicht. Wenn es eine Involvierung gibt, muss sie fallen gelassen werden, indem einfach wieder still auf den Ankerpunkt fokussiert wird. Eine Selbstanklage sollte dabei strikt unterbleiben – denn das ist nur ein Trick des Denkprozesses um länger da sein zu können – einfach nur wieder zurück auf den Anker und gut.

Ankerpunkt → Ablenkung → bemerken → Ankerpunkt… 

Wenn es dann immer weniger Ablenkungen gibt, lässt man den Ankerpunkt immer mal wieder testweise los, um zu prüfen, ob es möglich ist, inmitten aller Sinneswahrnehmungen einfach „frei schwebend“ zu sein.

Relativ gesehen, ist der Endzustand die mühelose Aufrechterhaltung einer dauerhaften, „frei schwebenden„, glücklich machenden Präsenz, unabhängig von der Anwesendheit oder Abwesenheit von Objekten (Sinnesdaten, Gedanken, Emotionen, Gefühle, Körpergefühle). Wenn das erreicht ist, wird erkannt, dass dieser hellwache, aufmerksame, schwebende und stille Zustand selbsterhaltend und daher vollkommen mühelos ist. Daher wird hier immer wieder gesagt: „ich mache gar nichts„.

Aus diesem natürlichen Zustand heraus werden dann immer tiefere Beobachtungen der zugrundeliegenden Realität (Vibration, Licht) möglich, was manche mit „alternativen Bewusstseinszuständen“ bezeichnen. Tatsächlich ist es eine Reinigung und Verfeinerung des ordinären Bewusstseines an dieser Stelle – denn es gibt nur EIN BEWUSSTSEIN. Es gibt allerdings, relativ gesehen, haufenweise Unreinheiten und Anhaftungen in diesem Bewusstsein – und die gilt es zu identifizieren und loszulassen.

Aus absoluter Sicht besteht ein wichtiger Zustand darin, dass es keinen Unterschied mehr zwischen Betrachter und Betrachtetem gibt – die Objekte sehen sich selbst. Aber um das erkennen zu können, muss erst einmal eine stabile, relative Basis da sein.

Aus einem chaotischen und identifizierten Zwangsdenken heraus kann das meiner Erfahrung nach nicht erkannt werden – genauso wenig, wie die extrem feinen Vibrationen und das innere Licht.

Analogie: Jemand, der einen voll aufgedrehten Ghettoblaster auf der Schulter trägt, kann die feinen Töne eines klassischen Musikstückes nicht hören und auch keine natürlichen Geräusche, wie das Zirpen einer Grille. Stellt er aber den Lärmkasten ab…