Das Bewusstsein SEIN

Gestern fand ich „zufällig“ einen Buchausschnitt von Michael Langfold:
How I Discovered the Awareness Watching Awareness Method

Darin geht es darum, dass er 27 Jahre lang erfolglos die Methode von Ramana Maharshi anwandte, die auf drei Worte zusammengefasst lautet: „Wer bin ich?“ Ramana sagte stets, man solle den ersten Gedanken festhalten: „ich„. Das führt aber zwangsläufig dazu, dass man in der Denkkapsel bleibt. Auch ich verwendete diese Technik, merkte aber irgendwann, dass ich mit Denken nicht weiterkomme und verlegte mich auf das Hören des inneren Tones – und damit auf eine vollkommen mühelose Methode, die das Denken temporär komplett ausschaltet.

Ramana sagte nicht, dass man den Verstand verlassen soll, nachdem man die Frage gestellt hat – weil er selbst offenbar nur einmal diesen Satz dachte und dann aus der Denkkapsel herausgezogen wurde. Die Frage führte bei ihm offenbar zu einer sofortigen Transzendenz des Denkens und einer Verankerung im reinen Bewusstsein, im Selbst. Er nannte das „zum Herzen gezogen werden„. Darum kam er nie auf die Idee, dass die Leute, denen er das sagte, nicht zum Herzen gezogen werden, weil sie ganz einfach nicht seine Kapazität hatten, sondern wie angenagelt in der Denkkapsel verbleiben. Bei mir war das auch so.

Beim Hören des inneren Tones ist das aber ganz anders. Der Ton kann nur mit Konzentration auf den Ton gehört werden und damit wird der Verstand temporär ausgeschaltet. Das konzentrative Hören bildet einen Anker, der, solange das Hören ungebrochen andauert, verhindert, dass ein Rückfall in die Denkkapsel stattfindet. Da das am Anfang in der Regel nicht stabil ist, sondern nur mit andauernder Aufmerksamkeit aufrechterhalten werden kann, erfolgt früher oder später ein Rückfall in die Denkkapsel. Das bewirkt, dass man möglicherweise stundenlang, tagelang oder gar wochenlang vergisst, auf den Ton zu hören – weil der Verstand natürlich verhindern will, dass er erneut ausgeschaltet wird.

Dieser immer nur temporäre Zugang zu dieser wundervollen Stille und die Vergessens-Perioden führten zu immer verbissenenerem Probieren und Festhalten am Ton – denn „ich“ wollte die Stille mit aller Gewalt dauerhaft machen. Einige Tage vor meinem 54. Geburtstag musste ich mir eingestehen, dass „ich“ das, auch mit maximaler Anstrengung, nicht leisten kann.

Dieses radikale Eingeständnis, gefolgt vom Aufgeben des Probierens, führte am frühen Morgen meines Geburtstages dazu, dass ich im Bauch, in einer Art „Gebärmutter„, mit einer tiefschwarzen „Masse„, die als ICH SELBST erkannt wurde, verschmolz und buchstäblich verschwand. Das änderte die Funktion des Verstandes und Denkens nach dem Wiederauftauchen so ab, dass sie seitdem standardmäßig ausgeschaltet ist. Seit diesem Tag BIN ICH ungebrochen das Bewusstsein, lebe dauerhaft als die Stille des leeren Bewusstseins und genieße Stille, Frieden und später auch Glückseligkeit – und zwar sowohl bei Untätigkeit, als auch bei Tätigkeit – ohne auch nur einen Finger rühren zu müssen. ICH BIN das SELBST, das Bewusstsein.

Das wird hier genau so erlebt, wie es Michael Langfold in seinem Buchausschnitt anspricht. Das Bewusstsein schaut ununterbrochen auf sich selbst, erlebt sich selbst und identifiziert sich mit sich SELBST. Dieser Zustand enthält kein ich/Ego und keinerlei Verstandes-Aktivität, sondern nur Stille, Frieden und Glückseligkeit (Bewegung, Vibrationen, Energieflüsse = Bliss). Er nennt das vollkommen richtig: „Awareness watching Awareness“ und alles, was er beschreibt, wird hier erlebt – und noch mehr.

Wenn man es schafft, kann man also auch, wie Michael und andere es raten, von Anfang an das Bewusstsein selbst beobachten. Ich konnte das damals nicht, daher wurde hier der innere Ton fokussiert. Wenn man es aber schafft, als das Bewusstsein das Bewusstsein zu beobachten, dann ist das definitiv die direktere Methode. Denn das ist ja genau das, was hier ununterbrochen automatisch stattfindet.

Um Transzendenz temporär zu erleben oder dauerhaft in Transzendenz zu leben, muss kein Ego vernichtet oder bereinigt werden oder gar der ursprüngliche Zustand eines Kleinkindes wiederhergestellt werden. Es kann sein, dass es starke Verkrustungen im energetischen System gibt, die so groß sind, dass sie erst bereinigt werden müssen. Aber soweit ich das im Netz herausfinden konnte, betrifft das erst die höheren Stufen (Unity, Brahman, Para-Brahman).

Hat sich Transzendenz eingestellt, bleibt man einfach so lange wie möglich in der Stille und lässt sich in sie hinein fallen. Dann wird noch die Bereitschaft benötigt, die Kellerleichen neutral und ohne gedankliche Einmischung anzuschauen und da sein zu lassen, sie nicht wegzuschieben oder zu negieren.

Das führt in der Folge dazu, dass nach und nach energetische Verkrustungen aufbrechen, was deren Energien freisetzt, die dann re-integriert werden. Das ist ein automatischer Prozess, der nur mit Aufmerksamkeit, mit bewusstem Hinsehen und Akzeptanz arbeitet.

Ist die Transzendenz noch nicht stabil, ist es eine gute Idee, täglich eine oder zwei Stunden still aber hellwach und ohne Tätigkeit zu verbringen. Die Haltung ist dabei egal – wichtig ist nur, nicht einzuschlafen. Formale Meditation nach irgendwelchen Traditionen lehne ich ab, denn das stärkt das ich/Ego („ich meditiere„). Mühelos, stress- und spannungsfrei einfach immer tiefer in die Stille fallen lassen und alles andere ignorieren. Mehr nicht. Das stärkt die Transzendenz-Fähigkeit und führt langfristig zu Stabilität, entwickelt Intuition und weitere Fähigkeiten.

Bleibe mühelos in der Stille und ignoriere alles andere – mehr ist nicht nötig.


Dazu eine Fußnote aus dem Buch The Nectar of Immortality S. 60 von Nisargadatta Maharaj:

Zitat: Auf die einfachsten Begriffe reduziert, könnte man sagen, dass der von Gedanken ungestörte Geist, in einem Zustand vollkommener Ruhe und Reinheit die Sattva-Guna (Reinheit, Klarheit) IST. In diesem Modus unterscheidet sich der Geist (Verstand) NICHT vom Selbst. Die mentalen Modifikationen (Gedanken, Vrittis) sind die Störungen des Geistes, die sich aus dem Zusammenspiel von Tamas (Trägheit) und Rajas (Feuer) ergeben. Dies führt dazu, dass der Mensch die Tatsache aus den Augen verliert, dass er das SELBST IST und keine Anstrengung braucht, um es zu gewinnen.

Ramana Maharshi sagte dasselbe, als er feststellte: „Gewöhnliche Menschen sind sich erst dann ihrer selbst bewusst, wenn Modifikationen (Gedanken) im Intellekt entstehen. Diese … sind vorübergehend – sie entstehen und vergehen. Wenn reines Bewusstsein übrig bleibt, ist es selbst das Chit (Selbst), bzw das Höchste (Para-Brahman). (Gespräche mit Ramana Maharshi, 7. Auflage, Seite 587)
Ende des Zitates. Hinweis: Hier wird Geist mit Verstand (Mind) gleichgesetzt.


Um es auf den Punkt zu bringen: Der klare, stille Verstand ohne Inhalt ist identisch mit dem reinen Bewusstsein ohne Inhalt – dem SELBST. Daher muss man nur mühelos in der Stille bleiben und alles andere ignorieren, um bewusst DAS SELBST ZU SEIN. Insbesondere sind alle Aktivitäten oder Verhaltens-Änderungen, die vom „ich/Egogedanklich angestrebt werden, um ein „echteres„, „besseres“ oder „spirituelleres“ Leben zu führen oder das „Ego zu vernichten„, um wieder „in den Zustand eines Kindes“ zu kommen, absolut kontraproduktiv.

Der Zustand des relativen Lebens hat NICHTS mit der Realisation des SELBST zu tun. Durch jeden Menschen kann in jedem Augenblick das SELBST sich SELBST erkennen. Selbst durch Menschen wie: Heavy-Metal-Freaks, Arbeitsscheue, Faulenzer, Politiker, Geistliche, Huren, Soldaten/Kämpfer, Diebe, Vergewaltiger, Massenmörder, Hitler, Stalin, Mussolini, Dschingis-Khan… Warum? Weil „Menschen und Welt“ nur Inhalt des Bewusstseins/Selbst sind. Ändert es irgend etwas an einer Tasse, wenn der Tee darin durch Urin ersetzt wird?

Das beabsichtigte Rühren eines Fingers, anders, als es ohnehin geschieht,
IST genau das, was die Erkenntnis zuverlässig verhindert!

Das SELBST IST LEERES BEWUSSTSEIN.
Gedanken, Emotionen, Absichten, Wünsche, Verbesserungen, Veränderungen, Vorstellungen, Ideen, Ablehnung, Kritik oder was es sonst noch so gibt, das der Verstand in sich hervorbringen kann – sind das exakte Gegenteil davon.

Wie kann man das Angestrebte (Leere, Stille, Ruhe)
mit seinem Gegenteil (Gedanken, Lärm, Tätigkeit) erreichen?
Gar nicht.

Das SELBST kann nur JETZT erkannt und verkörpert werden.
Ich muss erst noch dies und jenes tun“ – verhindert das.

SELBST SEIN, bedeutet: Bewusstsein schaut auf sich SELBST und identifiziert sich damit.
Ich“ sein bedeutet: Bewusstsein schaut auf seinen Inhalt und identifiziert sich damit.

Aufgeben, alles loslassen, in die Stille fallen lassen, SELBST SEIN.
Mehr nicht.