Umgang mit Schwierigkeiten

Gestern Abend kam ein Mail mit mehreren Fragen, unter anderem, wie ich mit Schwierigkeiten im täglichen Leben umgehe. Das ist ganz einfach: ich lasse sie geschehen, ohne über eventuelle Schwierigkeiten vor- und nach-zudenken. Das liegt aber nicht daran, dass ich allen anderen überlegen oder besonders klug wäre – was definitiv nicht der Fall ist – sondern daran, dass das Hirn das einfach nicht mehr tut, weil der Denkzwang ausgeschaltet ist.

Seit „ich“ begann zu programmieren – das war 1984, im Alter von 24 Jahren – weiß „ich“ aus Erfahrung, dass die Programme sich selbst schreiben. Das hört sich sehr gewöhnungsbedürftig an – aber es ist genau so. Ein Kunde kommt zur Tür herein und braucht etwas. Ich frage, was er braucht und lasse ihn reden. Und während er spricht, entsteht das Programm vor mir, ohne, dass ich nur einen Finger rühre oder darüber nachdenke. Denn ich kann nicht gleichzeitig hören und nachdenken. Also höre ich nur aufmerksam zu und stelle Fragen, wenn etwas unklar oder unlogisch erscheint.

Und spätestens dann, wenn der Kunde das Büro wieder verlässt, ist das Programm fertig – oder ich weiß, dass ich warten muss. Dann schreibe ich das Gröbste auf, um dem Vergessen vorzubeugen und fange direkt an, den Code zu schreiben, ohne eine Ahnung zu haben, was jeweils als nächstes Statement kommt. Und in >80 Prozent aller Fälle ist das Programm, von Schreibfehlern abgesehen, fertig.

Das war von Anfang an so und ich stellte das mit großer Verwunderung fest. Meine Verwunderung wurde noch größer, als ich irgendwann einmal mit den Kollegen darüber sprach, die laut darüber lachten und meinten, das wäre nur meine wachsende Erfahrung. Aber das stimmte so nicht, denn ich spürte deutlich, dass in mir gar nichts passierte. Das Programm entstand sozusagen „vor meinem geistigen Auge“ und ich schaute dabei zu, ohne einzugreifen.

Im Gegenteil, wenn „ich“ versuchte, einzugreifen, dann lief es nicht oder war falsch konzipiert. Also machte ich gar nichts mehr und sagte auch nichts mehr zu den Kollegen und ließ die Programme fortan einfach automatisch entstehen. Was regelmäßig dazu führte, dass meine Progs. oft schneller fertig waren, als die der Kollegen – obwohl die beiden Ingenieure waren, ich aber nicht. Sie konstruierten die Programme, wie Maschinen – bei mir lief das immer rein intuitiv, ohne wirklich zu wissen, was da geschah und wie.

Ganz genauso gehe ich an sämtliche Probleme heran – indem ich gar nichts tue, sondern darauf warte, dass die Lösung aufsteigt – und das tat sie bisher immer, wenn auch nicht immer sofort. Wenn zum Beispiel etwas gebaut wird und ein Problem taucht auf, das vorher nicht absehbar war, dann schaue ich es einfach von allen Seiten an und tue gar nichts und denke auch nicht – ich schaue nur. Das kann auch schon einmal mehrere Stunden dauern – und plötzlich ist die Lösung da und dann geht es weiter.

Dieses Erfahrungswissen lässt mich auch sehr locker mit dem Thema Nicht-Dualität umgehen und mit allen anderen inneren Themen. Wenn eine Frage kommt, dann schreibe ich immer drauf los, ohne vorher zu wissen, was gleich geschrieben werden wird. Das weiß ich erst, wenn es da steht. Das Einzige, was ich wirklich weiß, ist, ob das, was da steht, wahr ist oder nicht. Wenn ich es einfach aufsteigen lasse, ohne es gedanklich zu modifizieren – bis auf Schreibfehler – ist es immer mit dem Gefühl „wahr“ behaftet.

Das bedeutet, dass hier oft Dinge stehen, die ich vor dem Verfassen des Textes nicht wusste. Das Zeug steigt auf oder nicht und entsprechend schreibe „ich“ oder nicht – oder besser: schreibt ES oder nicht. Ich weiß einfach aus Jahrzehntelanger Erfahrung, dass „ich“ noch nie etwas wirklich getan habe und daraus ergibt sich, dass „ich“ als „handelnde Person“ nicht existiere.

Das Problem ist aber, dass man das jemandem, der das nicht so erlebt, nicht einfach sagen kann, denn er wird es nicht glauben. Man müsste die Leute in Situationen bringen, in denen die Dinge eindeutig sichtbar aus sich selbst heraus geschehen – und selbst dann würden sie sagen: „OK, das hier war wohl ‚Zufall‘ – aber in allen anderen Fällen war ich das.“ Aber um das tun zu können, müsste ich jeweils wissen, wen ich wann in welche Situation bringen muss – und das kann „ich“ nicht – aber das Leben kann es.

Vielleicht bin ich auch einfach nur sehr naiv und sehr einfach gestrickt, was möglicherweise auch daran liegt, dass ich ursprünglich nur den Hauptschulabschluss hatte. Das Informatik-Studium begann ich erst, als ich schon 42 Jahre alt war. Das bedeutet, dass ich kein „wirklicher Akademiker“ bin, mein „Abitur“ waren zwei lange Aufsätze, gefolgt von einer mündlichen Prüfung – das nannte sich damals „Hochschulzugangsprüfung„.

Eine Auswirkung des späten Studiums war, dass ich sehr deutlich merkte was von den Studienunterlagen manipulativ und falsch war und was nicht. Ich war damals auch der Einzige, der dem jeweiligen Professor den Scheiß, den er manchmal verzapfte, regelmäßig vor die Füße kotzte – weil ich bei weitem der Älteste und der einzige mit achzehnjähriger Programmiererfahrung war – die anderen waren sehr jung und blutige Anfänger und merkten das daher nicht.

Ich will damit sagen, dass jedes zusätzliche Schuljahr, das einer in jugendlichem Alter erlebt, ihn zusätzlich prägt. Und wenn das dann noch durch ein Studium „gekrönt“ wird, gefolgt von einem entsprechenden Beruf und beruflichem Erfolg, dann ist so jemand dermaßen davon überzeugt, dass ER es ist, der das alles tut, dass er zwangsläufig jeden innerlich einen Lügner nennen muss, der das Gegenteil behauptet. Hinzu kommt, dass mit jedem Schuljahr zusätzliches konventionelles Wissen in den Menschen hinein gepresst wird, was das herkömmliche Weltbild immer mehr verfestigt.

Bei mir ist es aber schon seit Jahrzehnten sehr offensichtlich, dass die Dinge geschehen, so dass „ich“ absichtlich lügen müsste, um zu behaupten, dass „ich“ es war, der das alles getan hat. Daher fällt es mir sehr leicht, die persönliche Täterschaft loszulassen und zuzulassen, dass etwas geschrieben wird, von dem ich beim Beginn des Schreibens offensichtlich keine Ahnung hatte. „Es“ schreibt einfach vor sich hin und fertig.

Zu behaupten, dass „ich“ das bin, der hier schreibt, wäre eine sehr große Lüge. Die eindeutig sichtbare Wahrheit ist, dass dieser Körper vom Leben benutzt wird, um das zu Schreibende zu schreiben. Genauso wird der Körper auch benutzt, um etwaige auftretende Probleme zu lösen. So wie er benutzt wurde, um als Kind die Oster-Rappel zu bauen, als Mann das Haus, die Heizung, den Wintergarten, das Gewächshaus und vieles mehr.

Darum sage ich, dass sich alle Probleme von alleine lösen, so wie sie auch von alleine entstanden sind. Für die Problemlösung wird alles benutzt, was da ist, Menschen und Werkzeuge oder Dinge, die als Werkzeug zweckentfremdet werden. Und nicht „ich“ bin es, der das benutzt, sondern Benutzung und Beobachtung der Benutzung geschieht einfach.

Ich weiß gar nichts, weiß nur, dass ich nichts weiß. Aber nicht, als Nachäffer von Sokrates, sondern weil ich tatsächlich nichts weiß, wenn alles in mir still ist. Stille bedeutet objektive Leere. Wenn dann wirkliches WISSEN aufsteigt, dann weiß ich, dass es nicht von „mir“ ist und dass es richtig ist. Das ist auch der Grund, warum ich mir niemals anmaßen würde, mich als „Lehrer“ oder „Meister“ zu bezeichnen. Zudem ist nicht die geringste Lust vorhanden, mich mit irgendwelchen Leuten herumzuplagen – von gelegentlichen Fragen abgesehen. Darum steht oben am Blog ja auch, dass ich nicht einfach angerufen werden will. Wer fragen will, kann schreiben und bekommt seine Antwort.

Wenn überhaupt, geschieht „lehren“ durch diesen Körper hindurch, indem er schreibt. Da aber nicht bekannt ist, wen das erreicht, ist mir das nicht bewusst – und das ist sehr gut so. Aber in dem Moment, in dem „ich mich“ als „Lehrer“ bezeichnen würde, wäre da Identifikation und dann wäre da ein Ego, das behauptet, ein Lehrer zu sein. Was für ein Wahnsinn!

Schreiben geschieht, lehren (leeren) geschieht (vielleicht);
Aber einen Schreiber oder Lehrer (Leerer) gibt es nicht.


Nachtrag: Nur zur Illustration, wie das wirklich geschieht: Es kam schon häufig vor, dass mich Mails erreichten, in denen beschrieben stand, dass jemand sich mit einer inneren Frage herumplagte – und am nächsten Morgen fand er hier einen Beitrag, in dem die Frage zu seiner Zufriedenheit beantwortet wurde.

Daran ist nichts mysteriöses, wenn man weiß, dass es keine Trennung und keine persönliche Handlung gibt. Das Leben lässt einfach in irgend einem Körper eine Frage auftauchen und in einem anderen Körper die Antwort und bringt dann den Körper mit der Frage dazu, dort zu schauen, wo die Antwort steht. Man muss nur der Führung vertrauen und zulassen, was mit einem passieren will. Das ist alles.

Mysteriös wird es nur dann, wenn man davon ausgeht, dass der Mensch mit der Frage, wie durch ein Wunder eine Antwort findet, die zum gleichen Zeitpunkt in einem anderen Körper auftaucht und er sich fragt, wie der andere Körper von der Frage wissen konnte. Telepathie? Blödsinn!

Die richtige Antwort ist, dass der beantwortende Körper die Antwort einfach hin geschrieben hat, ohne von der Frage in dem anderen Körper zu wissen und ohne zu wissen, warum dieses Thema zu diesem Zeitpunkt behandelt wurde. Das ist einfach ein multidimensionales Spiel des Lebens, durch viele Ver-Körper-ungen hindurch. Und wenn man es so betrachtet, ist daran gar nichts mysteriöses.

Das bedeutet aber auch, dass jeder Mensch für jeden anderen Menschen ein Lehrer sein kann und auch ist. Daher wäre es überhaupt nicht nötig, zu sagen: „Ich bin ein Lehrer und ich kann dich lehren“ – weil es selbstverständlich wäre, dass jeder jeden lehrt und von jedem lernt. Aber das gefällt den Lehrer-Egos natürlich überhaupt nicht.

Am lustigsten ist es, wenn einer sich als Lehrer bezeichnet und seine Lehre auf Nicht-Dualität basiert. Denn dann ist vollkommen offensichtlich, dass er seine eigene Lehre nicht versteht. In der realen Nicht-Dualität gibt es keinen „Lehrer“ – also keine Ego-Person, die einen selbstständig und absichtsvoll handelnden „Lehrer“ darstellt – nur einen virtuellen Körper, der irgend etwas tut.