Leuchtendes, schwarzes Nichts

Ich war gerade wieder für eineinhalb Stunden in der Badewanne. Am Anfang  ist es dann oft so, dass ein paar Gedanken auftauchen aber nach ganz kurzer Zeit wird es vollkommen still und leer. Die Augen sind geschlossen, die Ohren weit auf, das Körpergefühl ist komplett da und schwebt in der stillen, leuchtenden Schwärze. Das ist keine Meditation, keine Konzentration, keine Unterdrückung oder Manipulation – alles ist einfach nur entspannt und ruht.

Dann kommt ein Geräusch, die Kirchturmglocke, die nur etwa 30 Meter von mir entfernt ist. Wummmmmm. Die Schwärze fängt an zu schwingen, das Körpergefühl beginnt sich in diesen Wellen zu verzerren und beinahe aufzulösen. Auflösen ist vielleicht das falsche Wort – die Umrisse beginnen auszufransen und das Gefühl beginnt, sich mit den Schallwellen zu vermischen und zu fluktuieren. Etwa so, wie wenn jemand einen Stein in einen stillen See wirft – sein Spiegelbild ist dann kaum noch sichtbar und total verzerrt.

Dann wieder vollkommene Stille. Leere. Nichts. Tiefe, ewig tiefer werdend aber nie an ein Ende kommend. Ein Nichts, das sich als ICH erkennt und in sich selbst schwebt, ohne Halt oder Auflage und ohne dass feststellbar ist, wie groß oder klein es ist. Gewiss ist nur, dass es IST und dass es ICH IST.

Diese Stille, Leere, das Nichts des leeren Bewusstseins ist immer da, wird immer als ICH identifiziert und verschwindet nie. Nur im Tiefschlaf ist es nicht da – wobei selbst das möglich sein sollte aber momentan nicht ist.

Ich weiß mit hundertprozentiger Sicherheit, dass das nur dort nachvollziehbar ist, wo die gleiche Erfahrung gemacht wird. Es ist nicht so, wie eine sehr gute Freundin von mir einmal sagte, dass die Leere nur als innere Gewissheit erfahren wird. Oder wie ein kurzer Mailkontakt vor Jahren, in dem ich darauf hingewiesen wurde, dass die Leere nur symbolisch gemeint ist und nicht erfahrbar wäre. Das stimmt aber nicht! Hier ist das Nichts immer da und überall, in jeder Richtung, obwohl man überhaupt nicht von einer Richtung sprechen kann. Es gibt eindeutig nur DAS – und genauso eindeutig IST ALLES darin.

Das ist nicht angelesen, nachgeplappert, ausgedacht oder nur ein „philosophisches Weltbild“ – das ist die lebendige Erfahrung, wie sie hier ununterbrochen gemacht wird. Das einzige Problem ist, dass neue Entdeckungen und Entwicklungen immer nur im Nachhinein und oft viel später, identifiziert werden. Wenn dann von innen keine Antwort kommt, wird versucht, diese in Erfahrungen von Anderen zu finden – weil es in meinem Bekanntenkreis niemanden gibt, der dazu befragt werden kann.

Zudem scheinen diese Erfahrungen den meisten Menschen völlig fremd zu sein. Anscheinend machen die meisten, die so etwas erleben, nur blitzartige „Erleuchtungs„-Erfahrungen, die sich dann wieder verlieren und nur noch mental erinnert werden. Wenn dann einer daher kommt und behauptet, dass er das Nichts des leeren Bewusstseins immerzu erlebt, dann wirkt das natürlich total unglaubhaft. Aber damit muss eben gelebt werden.

Dabei ist das alles nichts Besonderes, denn jeder hat das, oder vielmehr: Jeder IST DAS – nur wird es eben nicht bemerkt und damit ist es für die meisten Menschen auch nicht existent, denn schließlich wird das überall negiert und in der Wissenschaft geht man zudem davon aus, dass Bewusstsein im Körper geboren wird. Dabei ist meine eindeutige Erfahrung, dass der Körper, wie alle anderen Wahrnehmungen auch, im Bewusstsein auftaucht und nicht umgekehrt.

Genauso eindeutig ist, dass das „kleine Ich“ nur auf Gedanken basiert. Wenn das Denken weg ist, gibt es nicht den kleinsten Gedanken, der „ich“ sagen könnte.  Da ist auch kein Über-Ich oder Zensor, keine inneren Streitgespräche, Ängste, Sorgen oder Selbstvorwürfe. Da ist nur totale Leere, vollkommen mühelos in sich selbst schwebend und tiefschwarz leuchtend.

Besser kann ich es momentan nicht beschreiben.