Die Ausrichtung des Bewusstseins-Fokus

Worauf der Fokus des Bewusstseins liegt, legt fest, ob sich jemand als Hintergrund (Leinwand) oder Vordergrund (Objekt auf der Leinwand) erlebt. Das ist der einzige Unterschied zwischen Leben und Tod, zwischen Bewusstheit und Bewusstlosigkeit. Jedes fühlende und wahrnehmende Wesen IST IMMER der Hintergrund. Aber wenn es das nicht bewusst wahrnimmt, schläft das Bewusstsein den hypnotischen Schlaf des Objekt-Seins. Es krallt sich an den Objekten fest, weil es Angst hat loszulassen – denn es befürchtet, dann nicht mehr zu existieren.

Daher muss ein unbewusster Mensch ununterbrochen denken, denn dieser ständige Datenfluss, diese ständige Bewegung auf dem stillen Hintergrund, gibt ihm die Bestätigung seiner Existenz. Bricht der Datenstrom zusammen, bricht auch die Selbstwahrnehmung zusammen und das Bewusstsein glaubt „tot“ zu sein. Genau das geschieht beim Sterbeprozess, wenn alle psycho-physischen Prozesse aufhören. Dann will das Bewusstsein nur eines: sich wieder lebendig erleben und daher strebt es nach einer neuen körperlichen Existenz.

Hat aber das Bewusstsein bereits während des körperlichen Lebens gelernt, sich selbst zu fühlen und in sich, in der Stille, zu ruhen – dann erkennt es im Sterbeprozess sich selbst als den ewigen Hintergrund und kann in der großen Stille, bei sich selbst bleiben und sich dort festhalten und benötigt keine weitere körperliche Existenz, um sich als lebendig erleben zu können. Mehr ist an der ganzen Wiedergeburts-Geschichte nicht dran. Das hat absolut nichts mit Karma zu tun, sondern nur mit Befähigung.

Die eindringlichen Erklärungen, sich an der inneren Stille festzuhalten, welche die tibetischen Buddhisten ihren gläubigen Anhängern geben, nutzen überhaupt nichts – wenn das jeweilige Bewusstsein nicht bereits im Leben gelernt hat, sich selbst als den stillen Hintergrund zu erleben und dauerhaft dort zu verbleiben. So ein Bewusstsein wird unweigerlich in den Strom der, im Todesprozess auftauchenden, archaischen Bilder gezerrt und weil es sich nicht als den Hintergrund erlebt, muss es das erleiden, was als Inhalt in ihm erscheint. So wird es sich zwangsläufig wieder nach einem „schönen Leben als Körper“ sehnen.

Wie ich schon sagte: man muss seinen Arsch selbst in Bewegung setzen, was man aber nur tun wird, wenn man von innen heraus, durch Leiden, dazu gezwungen wird. Kommt es nicht dazu, wird kein Mensch freiwillig diesen Weg einschlagen, denn der führt ihn zwingend in Isolation und Eins-amkeit. Am anderen Ende macht das nichts mehr, denn man sieht, dass ohnehin JEDER alleine ist. Die scheinbare Gemeinschaft und Beziehung mit anderen beruht nur auf einer Einbildung, die Bilder und Wahrnehmungen als lebendige Subjekte erscheinen lässt.

Das Bewusstsein projiziert sich selbst als körperliches Objekt-Subjekt in die Wahrnehmungsebene und vergisst vollkommen, dass es „nur“ der Eine Behälter und Bezeuger all der vielen Inhalte ist. Der eigentliche Fehler beruht also ausschließlich auf der Ausrichtung des Bewusstseins-Fokus und auf der Erkennung und Anerkennung des Hintergrundes als „ICH“. Das ganze ist so lächerlich einfach und banal, dass es völlig unverständlich ist, wie man das überhaupt übersehen kann. Aber auch ich gehörte 54 Jahre lang zu dieser Fraktion der Nicht-Erkenner…