Entmutigen

Gestern kam ein Mail mit der Ansage, dass meine Beiträge oft „entmutigend“ wären. Sind sie das wirklich? Sie sind weder ermutigend, noch entmutigend, denn sie richten sich gar nicht an andere Menschen. Ich schreibe öffentlich, weil das so sein soll aber nicht, um andere zu lehren – sondern um mich selbst zu lehren. Wie ich gestern schon hier schrieb, kotzt sich die Wahrnehmung der Wahrheit selbst aus und ich schreibe nur das hin, was hoch kommt.

Aber einmal davon abgesehen, worum es mir hier geht – wenn sich jemand entmutigt fühlt, dann sehe ich das positiv, denn nichts ist schlechter, als sich fälschlich als frei zu sehen, obwohl der gesamte Körper, der Verstand und die Psyche mit Ketten übersät sind und die Seele tief schläft. Freiheit ist JETZT mit sich SELBST verbunden zu sein, eine andere gibt es nicht. Wer JETZT nicht DA ist, der ist auch nicht frei. ICH BIN immer nur JETZT. Wer nur hofft, „irgendwann“ frei zu werden – der hofft, bis er stirbt.

Sicherlich ist es so, dass alles eins ist – aber das nutzt gar nichts, wenn DU das zwar intellektuell weißt aber nicht aus Deinen Ketten herauskommst. Um es völlig nackt und klar auszudrücken: DU BIST DEINE KETTEN. Noch einen Tag vor dem Sprung über die inneren Mauern, rannte ich völlig verzweifelt dagegen an, weil ich wusste, dass ich nicht frei war. In der darauf folgenden Nacht wurde ich mit dem Urgrund verschmolzen und fand mich nach diesem Ereignis auf der anderen Seite vor.

Das war eindeutig nicht „von mir“ gemacht und ich weiß auch heute noch nicht, wie das gemacht wurde. Insofern tust Du gut daran, entmutigt zu sein, denn Du kannst das nicht tun. Das Problem dabei ist, dass die menschliche Person versucht etwas zu tun und sie wird das solange versuchen, wie sie „mutig“ ist und glaubt, etwas erreichen zu können. Aber so viel ich sehen kann, hat bisher noch keine menschliche Person es geschafft, DIESES TOR einzurennen. DIESES TOR wird immer von innen geöffnet.

Dazu gibt es eine kleine Geschichte: Rumi klopfte wie irre gegen dieses Tor. Irgendwann fragte jemand, wer da sei: „Ich„, sagte Rumi. Die Tür blieb zu. Einige Zeit später kam er wieder und klopfte erneut. Wieder fragte eine Stimme, wer da ist. Da sagte Rumi: „DU – und das Tor wurde geöffnet.

Rumi sagte „Du„, nicht weil er sich selbst verleugnete, sondern weil er wusste, dass sein Sein identisch ist mit dem SEIN hinter Tor. Nichts hat ein getrenntes Sein – alles ist immer nur das EINE SEIN – aber deine menschliche Person, die „ich“ sagt, ist nicht das EINE SEIN, weil sie sich fälschlicherweise als getrenntes Wesen sieht.

Das kannst Du natürlich nicht so einfach ändern – aber Du kannst anfangen, dich zu beobachten und Dir darüber klar werden, was Du glaubst oder ablehnst. Diese Glaubenssätze sind Filter, die Deine Wahrnehmung steuern und verhindern, dass Du die Wahrheit erkennst. Aber auch zur Selbstbeobachtung musst du erst einmal im Moment sein – und, wenn Dir das nicht gelingt, Dir das offen eingestehen. Mit Selbstbeobachtung kommt man nicht hinter das TOR – aber man kann versuchen, die falschen Vorstellungen zu entdecken, und die Bedürfnisse und Gefühle anzunehmen, die sich dahinter verstecken. Das wird definitiv die Hindernisse verringern – aber ob das reicht, das kann Dir niemand versprechen.

Noch ein Hinweis: Wenn Du über die Vergangenheit oder Zukunft nachdenkst und Dich dann entmutigt oder ängstlich fühlst – dann bist Du nicht im JETZT. Bei mir ist JETZT immer Frieden, Stille, einfach nur Da-Sein.

Aber das ist keine feststehende Lehre, sondern nur das, was sich mir gerade eben zu dem Begriff „entmutigen“ gezeigt hat. Ich habe keine Lehre und daher kann ich auch nicht lehren – bei mir kotzt es nur…