Sein oder Nicht-Sein.

Ich komme immer wieder darauf, dass der wirkliche Unterschied, zwischen den altertümlichen Selbsterkenntnis-Lehren und zeitgemäßen Lehren die Individualität des Suchers ist. In den alten Lehren wurde durch die Bank darauf hingewiesen, dass jegliche Individualität sterben muss, denn sie wäre das „Ego“. Das ist aber – mit Verlaub – völliger Unsinn! Das Ego, wie es herkömmlich verstanden wird, ist keine Individualität, sondern ein Bündel von Vorstellungen.

Individualität resultiert aus dem So-Sein des Seienden und wird gefühlt, als dessen Subjektivität. Das ist existentiell und eindeutig erfahrbar – wohingegen das Ego nicht erfahrbar ist, da es nur aus substanzlosen Vorstellungen besteht. Die Urheber der alten Lehren hatten offenbar nicht ihre Subjektivität gefühlt und daher konnten sie den Unterschied zwischen sich und dem Ego nicht fühlen. Aber ohne seine Individualität ist ein Mensch buchstäblich ein Nichts und das kann niemals der Weisheit letzter Schluss sein. Ich weiß mit hundertprozentiger Sicherheit, dass alle „Seelen“ oder individuellen Bewusstseins-Einheiten als eine Art Blasen im universellen Bewusstsein residieren – weil ich das so gesehen habe.

Wenn dem so ist, warum sollte man sich dann wünschen, sich in diesem Ozean aufzulösen? Die Hindus und auch die Buddhisten streben aber genau das an. Sie wollen geistig sterben (Moksha) und zurückkehren in das große, kollektive Mischmasch. Damit soll das Leiden in ihrem körperlichen Leben enden. Das ist aber Unsinn, denn das Einzige was endet, ist ihre Erfahrung des Leidens, die ihr Körper und die Körper ihrer Angehörigen weiterhin erdulden müssen. In meinen Augen ist das eine Flucht.

Aus meiner Sicht heraus kann der richtige Weg nur darin bestehen, die Wahrnehmung der eigenen Individualität und geistigen Subjektivität zu verstärken und dauerhaft zu machen. Das Bewusstsein muss sich dauerhaft als ICH SELBST erfahren und im vollen Bewusstsein seiner Individualität und Subjektivität an das Universelle und Absolute hingeben. Moksha bedeutet die Auflösung der individuellen Bewusstseinsblase – und die Betonung und dauerhafte Wahrnehmung der Subjektivität bedeutet eine Stärkung dieser individuellen Einheit.

Der fundamentale Unterschied liegt somit darin, dass im Fall der Auflösung der Blase keinerlei Entwicklung stattfindet. Aber im Fall der Stärkung und Erhaltung der Individualität und Subjektivität findet individuelle Entwicklung statt und damit auch eine Entwicklung der Gesamtheit. Der erste Fall negiert somit die Existenz und Möglichkeit von Entwicklung – und der zweite Fall bejaht und unterstützt diese Entwicklung.

Letztlich ist es jedem selbst überlassen, was er anstrebt – aber ich kann nicht den geringsten Sinn darin finden, unzählige Lebensläufe zu absolvieren, um endlich das Höchste in mir zu entdecken und mich als wesenhaft identisch damit – nur, um mich am Ende in Nichts aufzulösen. Das ist so, wie über viele Jahre hinweg ein Luxusauto mit allen nur denkbaren Schikanen mit der Hand zu bauen – und wenn man damit fertig ist, fährt man nicht etwa damit – nein, man klatscht es in die Müllpresse. Das ist absurd!

Für mich steht fest und ich fühle das genau so: Die Individualität und Subjektivität des Bewusstseins ist kostbar! Und etwas kostbares macht man nicht kaputt, sondern man hütet es und versucht es weiter zu entwickeln. Alles andere macht nicht nur keinen Sinn, sondern krankt an der Erkenntnis dessen, was einer wirklich ist: Wir sind nicht einfach ein winziger Teil des universellen Bewusstseins, mit dem Ziel, sich nach der Erkenntnis darin aufzulösen! Wir sind ein individueller Teil dieses Bewusstseins und dazu gedacht, diese Individualität und Einzigartigkeit weiter zu führen und zu entwickeln.

Das ICH ist identisch mit der existentiellen, geistig-energetischen Existenz eines Individuums. Es ist der eigentliche Wesenskern – nimm ihn weg und es bleibt nichts übrig. Mit „ICH“ meine ich natürlich nicht das Ego-Ich, das nur aus Vorstellungen besteht, sondern die Seele oder die Subjektivität des Bewusstseins – also das eigentliche geistig-energetische Wesen. Wer das nicht fühlen kann, wer außerstande ist, sich selbst zu fühlen, der ist auf keinen Fall auf einem inneren Weg, hin zu sich selbst.

Man kann es ganz einfach ausdrücken: Da, wo die alten Lehren aufhörten, fängt Anadis Lehre an. Genau deshalb bin ich zwei Jahre lang herumgeirrt und habe versucht, in alten Schriften und neuen Büchern etwas zu finden, was mich weiter bringt. Aber die hören alle spätestens mit dem Erreichen der Gedankenstille auf. Das nennen sie dann „Rigpa„, „Samadhi„, „Einheit“ oder gar „Erleuchtung“ – aber ich fühlte eindeutig, dass das nicht das Ende, sondern erst der Anfang ist.

Es geht um die Seele, die Subjektivität des Bewusstseins, den Wesenskern und nicht um die „Gedankenstille“ – die ist lediglich notwendige Voraussetzung für die weitere innere Arbeit. Das ist so, weil man unmöglich die feinen Energieströme und subtilen Wahrnehmungen machen kann, wenn im Vorderstübchen ein brüllendes, fünfjähriges Kind mit dem Namen „Verstand“ wütet. Erst muss dieses aufsässige, unreife Kind stillgelegt werden, dann kann man sich an die feineren Sachen heranwagen.

Da die alten Lehren keine individuelle Seele kennen – oder sie umgehend im Universellen Bewusstsein auflösen wollen – ist es nur logisch, dass sie immer von „Selbstlosigkeit“ sprachen, die man anstreben solle. Man dürfe sich nicht selbst lieben – da nicht existent – sondern müsse die anderen lieben und sie über sich selbst stellen. Sorry, wenn ich so etwas höre, dann sträuben sich alle meine Haare! Das ist Kollektivismus in Reinform – man soll sein, wie eine Ameise, die sich nicht kennt, nicht schont und bei Gefahr willig für das Nest stirbt. Alles für die anderen, nichts für mich. Das kann leben, wer will – ich nicht!

Sorry – aber mit dieser Heiligen-Scheiße lebe ich total auf Kriegsfuß! Ich sehe die Sache genau umgekehrt: Zuerst muss ich mich um mich selbst kümmern, zu mir selbst finden. Dann muss ich schauen, dass ich gesund bin und stark und dass ich genug zu essen und zu trinken habe und ein Dach über dem Kopf und dass es meiner Familie gut geht. Und erst dann, wenn das alles passt, schaue ich, ob es jemanden gibt, der meine Hilfe braucht. Außerdem helfe ich schon seit Jahren, indem ich einen kostenlosen Blog schreibe, der es Interessierten ermöglicht, meine (bescheidenen) Erkenntnisse zu nutzen.

Es ist ganz einfach: Es reicht, mich selbst zu lieben, denn ich bin ein Teil des Göttlichen – wie jedes andere Wesen auch. Und wenn ich mich selbst und das Göttliche in mir wirklich liebe, dann entsteht daraus automatisch auch Liebe und Mitgefühl für die Welt! Nur auf diese Weise kann das funktionieren: Erst muss das Auto mit Benzin und Öl betankt und gewartet werden – dann kann es fahren.

Im Christentum und anderen Religionen wird dagegen behauptet, dass man erst fahren und dann Öl einfüllen soll – daher sehen wir auch überall am Straßenrand Autos mit Motorschäden (psychische Wracks) herumliegen. Die „geistliche (und weltliche) Elite“ macht das anders: Die lassen ihre Schäfchen für Auto, Benzin, Öl, Mechaniker und Chauffeur bezahlen, dann steigen sie ein und lassen sich sorgenlos fahren, wohin sie wollen. Das nennt man: „Wasser predigen und Wein saufen.

Für mich ist jemand, der nicht weiß, wer er ist, nichts anderes, als ein seelenloser Roboter. Das gilt auch für jene, die ins Universelle abgehauen sind und ihren Körper und ihr Umfeld alleine gelassen haben. Das ist ganz sicher nicht der Sinn und Zweck dieser Welt und des physischen Lebens. Ich sehe den Sinn vielmehr in der Erkenntnis und Erweckung der Seele (Subjektivität des individuellen Bewusstseins) und in der konsequenten Weiterentwicklung aller inneren Teile meiner selbst – solange dieses Leben andauert.