Die Lehre des Advaita ist eindimensional. Daher braucht man sich auch nicht zu wundern, dass die Menschen, die ihr folgen, ebenfalls nur eine eindimensionale Sicht auf die Wirklichkeit haben. Ein Wesen mit einer eindimensionalen Sicht kann nicht mehr als eine Dimension erkennen, selbst dann nicht, wenn faktisch mehr als eine Dimension existiert.
Und wenn die eindimensionale Sicht nur einem Glauben entspricht, dann wird eine davon abweichende Erkenntnis oder Information einfach ignoriert. Die dualen Ebenen in der Quelle, welche Manifestation überhaupt erst möglich machen, werden dabei komplett ausgeblendet. Genau da haben wir dann auch die Ursache für die Weigerung, in sich selbst nachzusehen und nachzuforschen.
Es ist logisch vollkommen richtig, zu sagen, dass Subkjekt und Objekt einander gegenseitig bedingen. Daraus aber zu schließen, dass jegliche Subjektivität nur im Außen vorkommen kann und die Quelle nicht-dual wäre, ist ein Trugschluss und eine grobe Vereinfachung. Ausschließlich der unterste Level der Quelle (Nullpunkt) ist leer und nur da gibt es keine Dualität. Daher ist dieser Bereich auch ohne Bewusstsein – er ist vor Bewusstsein. Der Nullpunkt ist jener Bereich, der in der Erfahrung der Leere blitzartig aufscheint – möglicherweise ist das die Ursache für diese grobe Vereinfachung.
Die Quelle erschafft alles Leben – alle Existenz entsteht aus ihr und in ihr. Aber ohne dass ein Teil der Quelle dual ist, wäre kein Leben möglich, denn Leben ist dual und um Leben zu erschaffen, muss die Quelle lebendig sein, da nur Leben lebendige Wesen erschaffen kann. Es gibt Leben, also muss ein Teil der Quelle ebenfalls dual sein!
Die Quelle wird so genannt, weil sie die Quelle von allem ist – auch die von Liebe. Wie kann aus der Quelle Liebe emanieren, wenn sie sich nicht selbst liebt? Um sich selbst zu lieben, muss sie selbst-bewusst sein, denn ohne zu wissen, dass sie existiert, kann sie sich nicht lieben. Bewusstsein bedingt aber Dualität – da ist etwas und es weiß um sich selbst – das ist Dualität.
Hinzu kommt: wie soll etwas so wundervolles, wie die absolute Liebe, aus Unpersönlichkeit entstehen? Das wäre genau so, wenn ich sagen würde, dass ich ein Programm schreiben könnte, das sich selbst lieben könnte und Liebe geben könnte. Alleine die Vorstellung ist absurd!
Egal, aus welcher Richtung ich schaue – etwas vollkommen unstrukturiertes, das Prinzip der Existenz, ohne jede Ausprägung, kann niemals in einem Schritt hoch komplexe, sich selbst entwickelnde Strukturen aufbauen, die zur Selbst-Liebe fähig sind. Das ist völlig unmöglich – ansonsten wäre es auch einem Computer möglich Liebe zu empfinden und Leben zu erschaffen. Daher muss die Quelle multidimensional und teilweise dual sein.
Aus dem Nullpunkt heraus muss ein Bewusstsein seiner selbst entstanden sein – das war der erste Schritt. Erst mit diesem Bewusstsein kann die neu entstandene Verbund-Struktur (erste Dualität) sich erkennen und erst danach sich lieben. Diese erste, bewusste Struktur, die Ur-Struktur ist der Erschaffer aller anderen, darauf aufbauenden, Strukturen.
Advaita ist der Versuch, die multidimensionale Realität in eine eindimensionale Struktur zu pressen – möglicherweise, um sie an die unpersönliche Erfahrung der Leere anzupassen. Dabei geht jedoch alles verloren, was jenseits des Nullpunktes ist. Das ist aber genau das, was die Quelle und die Existenz so unendlich kostbar macht: Selbst-Existenz, Selbst-Bewusstsein, Selbst-Erkenntnis, Selbst-Liebe und lebendig-sein. Die Erfahrung der Leere ist nur ein Türöffner in den universellen Bereich der Quelle und unseren inneren, individuell-subjektiven Bereich. Jenseits der Tür gibt es unendlich viel zu entdecken, das jenem entgeht, der glaubt, bereits am Ziel zu sein und nicht durch die Türe geht.
Vollkommene Nicht-Dualität, der Nullpunkt, ist existent aber kalt und lieblos. Das ist nicht das, was ich erlebe.
Ein großer Teil, von dem, was hier steht, wird in dem Moment klar, wenn man seine eigene Selbst-Liebe entdeckt. Denn in dem Moment entdeckt man den Wert seiner eigenen Existenz und wie sehr man sie liebt! Dazu muss man sich aber gründlichst anschauen und untersuchen und man braucht konzeptuelle Tools, die einem helfen sich zu orientieren und alle Möglichkeiten zu verwirklichen. Ansonsten steht man hilflos in seinem eigenen Inneren und weiß nicht weiter.
Nachtrag 1:
Alle universellen, grundsätzlichen Gesetzmäßigkeiten, der emanierten Strukturen, müssen auch in der Quelle vorhanden sein. Wenn wirkliche Liebe (absolute Liebe, nicht die herkömmliche „Liebes-Emotion„) außen erscheint, dann muss sie auch in der Quelle vorhanden sein. Wenn logisch aufeinander aufgebaute Strukturen emaniert werden, muss die Quelle ebenfalls logisch strukturiert sein. Wenn lebendige Wesen emaniert werden – gleich, ob sie nur virtuell sind oder nicht – muss auch die Quelle lebendig sein. Und so weiter…
Niemand kann wirklich wissen, was in der Quelle vorgeht. Aber wenn man über die Quelle spricht, dann sollte man nicht irgend etwas glauben oder sich aus den Fingernsaugen, sondern tief in sich hinein horchen und fühlen – denn wir sind die „Kinder“ der Quelle, wir leben in ihr und durch sie. Somit sind wir immer mit ihr verbunden – die meisten wissen das nur nicht. Wir können uns niemals auch nur einen Millimeter von ihr oder uns selbst entfernen. Allerdings können wir auch alles ignorieren, was uns möglich ist zu erfahren und bis zum Lebensende glauben, ein halbintelligenter Menschenaffe zu sein – oder ein unpersönlicher Zeuge.
Wir müssen uns klar machen, was wir wollen, wo wir hinschauen wollen, mit was wir uns identifizieren wollen. Und wir müssen aufpassen, dass wir nicht irgendwelchen halbgaren Lehren auf den Leim gehen. Dafür muss man seine Intelligenz und Intuition benutzten! Diese Wahl müssen wir immer wieder treffen, wir müssen immer wieder hinschauen und genau prüfen – auf jeder Ebene und in jeder Situation. Lüge oder Wahrheit – das ist unsere Wahl.