Die Quelle allen Seins erschafft ununterbrochen das gesamte Universum. Jede der daraus hervorgehenden Handlungen und Objekte ist vollkommen rein und perfekt. Daher ist es völlig unsinnig und zeugt von Unkenntnis der tatsächlichen Verhältnisse, wenn diese vollkommenen Emanationen in Schubladen von Moral und Ethik gesteckt werden.
Es geht hier um die spontane Entfaltung des Lebens, mit dem Werkzeug, das sich das Leben selbst geschaffen hat: den eigenen Körper und die eigene Psyche – und zwar ganz genau so, wie sie JETZT sind. Es gibt keinen Grund, irgend etwas an sich selbst zu verändern. Wer auch immer behauptet, dass dies nötig wäre, hat keine Ahnung von dem Frieden, der in ihm selbst verborgen ist und von dessen transformierender Wirkung – die sich aber nur dann auswirkt, wenn man nicht eingreift! Oder er weiß es und ist nicht zufrieden damit, dass die anderen Menschen sind, wie sie sind und will, dass sie sich „verbessern“.
Das wäre dann aber ein Ausdruck des eigenen Unverständnisses, denn wie kann die einzig existierende Quelle, die ununterbrochen das gesamte Universum erzeugt – wie kann diese Quelle sich irren oder unperfekt sein? Natürlich wäre so etwas dann auch nur ein Ausdruck der Quelle, denn nur sie allein existiert – aber es wäre einer, der Menschen dazu bringen würde, immerzu an sich selbst herumzuschrauben, was sie davon abhält, einfach nur im Moment und im Frieden zu sein. So etwas ist ein astreiner Ausdruck von Samsara – des kosmischen Versteckspieles der Quelle vor sich selbst.
Ich weiß, dass sogar Ken Wilber, der sehr viele meditative Erfahrungen gemacht hat, steif und fest behauptet, man müsse sich verbessern. Man sollte unbedingt viele verschiedene Arten von Meditation trainieren, selbstlose Tätigkeiten üben und anderes – solange noch ein „Ich“ da ist. Denn, sobald man den „einen Geschmack“ erlebt hätte, würde man das möglicherweise nicht mehr tun. Ich hatte das schon vor etlichen Jahren gelesen und schon damals ist mir das sauer aufgestoßen.
Hier ein Auszug aus dem Buch Einfach Das von Ken Wilber:
[…] Dies macht den „Immer-Schon“-Schulen sehr zu schaffen, denn so mancher, der den Einen Geschmack einmal erreicht hat, verliert jegliche Motivation, die Schäden in seinem psychologischen Unterbau zu reparieren. Vielleicht hat man eine tiefe und schmerzliche Neurose – aber man kümmert sich nicht mehr darum, weil man die Identifikation mit seinem Körpergeist verloren hat. Natürlich ist dies alles in gewisser Weise richtig. Trotzdem ist dies eine schwere Verletzung des Bodhisattva-Gelübdes, mit dem man versprochen hat, den Einen Geschmack allen fühlenden Wesen in einer Weise zugänglich zu machen, die alle Menschen befreien kann. Vielleicht glaubt man, mit seiner Neurose ganz gut leben zu können, aber die ganze Umgebung sieht, dass man bloß ein neurotischer Wichtigtuer ist. Wenn man dann verkündet, dass man doch im Einen Geschmack ruht, dann löst dies nur eine Reaktion aus: Bloß diesen Zustand vermeiden! Vielleicht ist man selbst ganz glücklich mit seinem Einen Geschmack, aber man versteht es in keiner Weise, diesen in einer verständlichen Form mitzuteilen, weil man nicht auch an den niedrigeren Ebenen gearbeitet hat, über die man seine Erkenntnis mitteilen muss. Es ist eben eines, wenn man grob ist, weil man aus der Haltung zorniger Weisheit oder des Dharma-Gefechts spricht, und etwas ganz anderes, wenn man bloß ein neurotischer Kriecher ist. Der Eine Geschmack kommuniziert mit nichts, weil er alles ist. Es ist vielmehr so, dass man seine Errungenschaft mit Seele, Geist und Körper, mit seinen Worten, Handlungen und Taten mitteilt, und wenn diese chaotisch sind, dann kann daraus nichts Gutes entstehen. […] Dann sind wir also noch meilenweit von einer integralen Selbstverwirklichung entfernt. Und dies kann nur bedeuten, dass der GEIST dieser Runde des kosmischen Versteckspiels durchaus noch nicht müde geworden ist, denn er versteckt sich nach wie vor gerade an den verwünschtesten Orten. [Ende des Auszugs]
Was Ken Wilber hier schreibt bedeutet übersetzt:
„Die vollkommene und perfekte Quelle allen Seins“ ist „doof“, sie hat „unfähige“ und „unfertige“ Menschen geschaffen und wenn diese „zufällig“ ihren höchsten Zustand entdecken – obwohl sie noch nicht „perfekt“ an Körper und Psyche sind – dann müssen sie gefälligst wieder nach „unten“, in die „Niederungen ihres Seins“, die Schraubenschlüssel auspacken und die „Fehler“, welche „die vollkommene und perfekte Quelle allen Seins“ gemacht hat, gefälligst „reparieren“!
Die Quelle kritisiert sich hier durch Wilber selbst – um Menschen davon abzuhalten, in sich selbst zu ruhen.
Und durch „Dieter“ kritisiert sie wiederum diese Kritik. Wie lustig!
Genau dieser Text hier zeigt, dass Kritik und Urteil immer nur zu neuer Kritik und zu neuen Urteilen führt. Die Essenz daraus ist auch genau das, was Ramana Maharshi immer wieder gesagt hat: Sei still und sei, was Du bist. Lass die Welt sich um sich selbst kümmern und bleibe einfach bei Dir selbst. Alles, was spontan geschieht ist richtig und alles andere ist falsch.
Genau dafür wurde er immer wieder angegriffen, u.a. von Paul Brunton, der unbedingt die Welt verbessern wollte. Aber Ramana hat vollkommen Recht: Bleib still und sei, was Du bist. Das ist das Ruhen in der Wahrheit und alles andere ist Aktivität, Aktionismus, Herumbasteln – Ego-Manie.
Warum? Weil die Quelle perfekt ist und weil alles, was sie erzeugt daher auch perfekt sein muss. Und wenn eines ihrer Erzeugnisse die Quelle kritisiert – wenn also die Quelle sich selbst kritisiert – dann kann es sich nur um einen Ausdruck von Samsara handeln, der dazu führen soll, schwankende Menschen, die noch nicht fest in sich selbst ruhen können, genau davon abzuhalten. Das Schau-Spiel muss schließlich weiter gehen!
Ken Wilber hat das gesehen! Aber er durfte nicht sehen, dass das Herumbasteln die Ursache von Samsara ist. Darauf basiert auch seine ganze Lebensarbeit: Der integrale Ansatz. Ein großartiges Produkt seines Verstandes, das dazu auffordert, permanent nach Vervollkommnung zu streben – also an sich herumzubasteln.
Die Auflösung von Samsara – und der Beginn einer tiefgreifenden Transformation – liegt aber genau im Gegenteil, nämlich darin, überhaupt nichts zu tun – außer dem, was der Körper spontan tut. Ruhe innerlich im reinen Gewahrsein, das lässt den Gedankenfluss bis auf Null versiegen und legt Stille, Frieden und Freude frei. Mehr ist nicht zu tun – den Rest tut die Quelle selbst. Dazu muss man absolutes Vertrauen in die Quelle aufbringen – und wer das nicht kann, der muss weiter basteln…