Die Lücken sind der Schlüssel

Heute Nacht kam es dazu, dass ich mich bei vollem Bewusstsein als ein gigantisches Meer, einen Ozean von Gewahr-Sein erlebte. Im Gegensatz zu vorherigen Erlebnissen, bei denen die Objekte nur statisch waren (Ausnahme war das Energiefeld), war das Ganze hochdynamisch. Alles wogte und bewegte sich, blitzte auf und verschwand wieder.

Der Schlüssel zum Erlebnis der Natur der Wirklichkeit bei vollem Bewusstsein, ist das Gewahren von Lücken (Raum) zwischen festen Objekten und auch zwischen Gedanken, Gefühlen und Emotionen. Außerdem der Raum um sie herum. Seitdem ich mich zum ersten Mal als Raum-Bewusst-Sein erlebte, achte ich verstärkt auf diese Lücken zwischen den Objekten und den Raum um sie herum. Das bewirkt, dass man den Raum als primäres Objekt der Aufmerksamkeit gewahrt und nicht mehr die Objekte darin.

Objekte sind immer da – und jeder Mensch neigt ganz offensichtlich dazu, seine Aufmerksamkeit auf diese Objekte zu richten. Aber das lenkt ihn ab von der Tatsache, was er wirklich ist: nämlich der unsichtbare und nichtfühlbare (Gewahr-Seins-) Raum zwischen diesen Objekten, um sie herum und aufgrund ihrer Ausdehnung auch in ihnen. Diese Ablenkung ist mit absoluter Sicherheit so gewollt, ansonsten würde jeder halbwegs intelligente Mensch sofort merken, dass er dieser Raum ist – und das schöne Spiel mit Sein und Schein wäre zuende, ehe es richtig angefangen hätte.

Aber so schaut jeder immer auf mindestens ein Objekt: nämlich das Gefühl: „Ich“. Dieses Gefühl wird auf den Körper projiziert und bildet zusammen mit dem Körpergefühl einen stationären Punkt des Bewusst-Seins, der damit das Gefühl des freien Fließens im Gewahr-Seins-Raum überlagert.

Der Unterschied, zwischen diesen beiden Zuständen ist absolut minimal. Er besteht wirklich nur in einer Art Fixierung auf die genannten Objekte oder auf ein beliebiges Objekt, zum Beispiel auch auf einen Gedanken oder eine Gedankenklette. Möglicherweise ist dies die Fixierung, von der bei Castaneda gesprochen wird – er spricht vom Montagepunkt und davon, dass Menschen in Wirklichkeit eine Eiform haben. Beides kann ich jetzt bestätigen und auch die vibrierenden und zitternden Energiefasern gibt es.

Löst sich die Fixierung auf und heftet sich die Aufmerksamkeit nicht erneut an ein anderes Objekt, dann spürt man zuerst ein subtiles Pulsieren, das dann stärker wird und in ein Gefühl des Drehens oder einer Bewegung übergeht. Es folgt ein Gefühl der Desorientierung, weil die Aufmerksamkeit nicht mehr auf einen stationären Punkt gerichtet ist. Möglicherweise drehen sich die Derwische und tanzen die Schamanen aus diesem Grund.

Schließlich gewahrt man „sich“ nicht mehr als ein Objekt, sondern als die Lücken zwischen den Objekten und den Raum um sie herum und auch den Raum in ihnen. Man spürt, dass jeder einzelne dieser Objekt-Blasen ein eigenes Bewusst-Sein ist. Man erkennt auch, dass jeder Gedanke eine eigene Existenz hat – ein eigenes Bewusst-Sein ist. Gleiches gilt auch für den Körper und alle anderen Objekte. Am Ende steht das Gefühl der vollkommenen Einheit – das gesamte Gewoge inklusive des Raums, in dem es wogt – bin ich. Es ist nur noch das ständig pulsierende Gefühl da: „Ich bin“.

Was wirklich völlig klar zu erkennen war, ist, dass jedes einzelne Objekt in diesem Raum eine individuelle Existenz darstellt, einen individuellen Bewusst-Seins-Punkt. Das trifft auch auf Gedanken zu und den eigenen Körper und sämtliche Wahrnehmungs-Objekte. Das ist für mich der absolute und nicht zu entkräftende Beweis, dass diese Dinge nicht im menschlichen Körper erzeugt werden, sondern von selbst im Gewahr-Seins-Raum auftauchen und in den Körper hinein projiziert werden.

Das geschieht auf eine Art, die jedem individuellen Bewusst-Seins-Punkt das Gefühl gibt, ein getrenntes Wesen zu sein, das bewusst, eigenständig, aus eigener Kraft und eigenem Entschluss in einer Außenwelt agiert. Aber all das ist eine Illusion. Es gibt keine individuellen Wesen – es gibt nur dieses Gewoge von Objekt-Blasen in der Quelle, im Gewahr-Seins-Meer. Und alle diese Objekte sind von der schöpferischen Kraft der Quelle, der Lebenskraft, erzeugt und durchdrungen, aus Quell-Substanz gemacht, bewegen sich in der Quelle und sind nur durch eine hauchdünne Membran (Glaube an Identität und Abgetrenntheit) von diesem Meer getrennt. Die Objekte bewegen sich in der Quelle, wie Fische im Meer – sind aber eigentlich wie Wasser-Tropfen im Wasser – also untrennbar damit verbunden.

Man kann sagen: Alles, was existiert – gleich ob sichtbar oder unsichtbar – ist die Quelle. Die Lebenskraft selbst spielt die Objekte, sie erzeugt sie in der Quelle, bewegt sie darin und löst sie wieder auf. Die Quelle spielt sich mit Hilfe ihrer schöpferischen Lebenskraft ein gigantisches Schauspiel vor – sie träumt einen gigantischen Traum.

Die großen Illusionen heißen: Ich, Identität, Festigkeit, Freier Wille, Getrenntheit, Unabhängigkeit

Die Wahrheit lautet: Nur die Quelle existiert.

Gewahr-Sein ist Alles – Alles ist Gewahr-Sein