Gestern hörte ich, wie jemand (sinngemäß) sagte: „Das Lebensgefühl heute ist viel schlechter als in den siebziger Jahren, und jemand, der das nicht bemerkt, muss total weggetreten sein.“
Aus der Aussage ergibt sich ohne weitere Nachforschung, sofort, wo das Problem liegt: im Vergleich.
Selbstverständlich wird auch hier registriert, wie sich die Dinge anfühlen. Aber es gibt keinerlei Vergleich, ganz einfach deswegen, weil das kaum noch möglich ist. Irgend etwas hat das Password für den Zugang zur Gedächtnis-Datenbank geändert und/oder eine Routine eingefügt, welche die Dringlichkeit der Anfrage prüft und bei „nicht dringlich“ die Anfrage verweigert.
Das bedeutet, dass zwar gefühlt wird aber da kein Vergleich möglich ist, gibt es keine Verurteilung oder Gedanken, „dass dies oder jenes besser wäre„. Was ist dann da? Ganz einfach immer das Gefühl des Momentes, der Präsenz, das Existenzgefühl – und das ist ein stilles, friedliches Wohlgefühl.
Früher war das so subtil, dass es kaum jemals gefühlt wurde. Mittlerweile ist es das zentrale Gefühl, um das sich alles andere dreht. Das bedeutet aber nicht, dass es aufrecht erhalten werden muss – es ist einfach immer da.
Aus dieser Gemengelage heraus ergeben sich dann Aussagen wie: „das ist alles ein Traum“ oder „es kommt, wie es kommt„. Darüber muss gar nicht nachgedacht werden – das ergibt sich einfach aus dem existentiellen Wohl-Gefühl heraus.
Selbst dann, wenn hier Aufregung aufkommt, weil etwas schief läuft, ist immer zuerst das Wohlgefühl da und dann erst kommen die Aufregungsgefühle. Das bedeutet, dass das Wohlgefühl automatisch wieder dominiert, wenn die Aufregung sich gelegt hat.
Es ist damit heute genau anders herum, wie es früher immer war: Meistens gab es Aufregung und Ärger und es war schwierig bis unmöglich, zu einem Wohlgefühl zu gelangen. Heute ist das Wohlgefühl der Grundzustand und Ärger die Ausnahme. So gesehen ist dieses Leben heute ein völlig anderes.
Hinzu kommt, dass mittlerweile gesehen wird, dass alles, was passiert und auch, was gefühlt und gedacht wird, einfach ein durchgehender Fluss ist. Es gibt da niemanden darin, der davon getrennt wäre. ALLES ist EIN Fluss – und da dieser Fluss unvermeidlich ist, tut man sehr gut daran, die Dinge weder zu vergleichen, noch zu beurteilen – denn genau das erzeugt Dualität und Trennungs-Schmerz.
Was „So-Sein“ genannt wird, ist genau dieses Lebensgefühl. Der Lebensfluss beginnt an einem Punkt und an einem anderen hört er auf – und dazwischen ist existentielles Wohlgefühl, umgeben von anderen Gefühlen, Emotionen, Gedanken, Ereignissen. Es ist, wie ein interessanter und spannender Kinobesuch aber nur temporär und vollkommen unwichtig. Was auch immer auftaucht, verschwindet wieder und wenn es irgendwo juckt, wird kurz gekratzt – und gut is‘.
Es können auch Gedanken aufkommen, wie „das kann nicht gut gehen“ oder „das wird zu Konflikten führen“ – ja, möglich und vielleicht sogar wahrscheinlich. Aber weder kann das jetzt sicher gewusst, noch verhindert werden. Warum also sich jetzt einen Kopf machen, über etwas das vielleicht in 1, 5 oder 10 Jahren – 5 Meter an diesem Körper vorbei geht?
Selbst dann, wenn es „mitten hindurch“ geht, ist das eben das Ende des Lebens-Flusses an dieser Stelle. Wen juckt das schon? Ja, klar, den Verstand – aber sonst? Alles, was geboren wurde, muss ohnehin sterben – also passiert gar nichts unnatürliches. Man kann auch an Krebs „erbärmlich verrecken“ – ganz ohne Unhruhen und Krieg…
Wer sich aber, von den Gefühlen angesteckt, jetzt schon einen Kopf darüber macht – oder machen muss – was alles noch passieren kann oder wird, der ist gefühlt jetzt schon tot oder entwickelt dadurch ein Krebsleiden. Wozu sich mit 60 oder 70 Jahren noch über „die Unsicherheiten des Rest-Traum-Lebens“ den Kopf zerbrechen? Relax.