20. Icchantikas heißen jene, die einen unvollkommenen Glauben besitzen. Alle Wesen innerhalb der sechs Daseinsbereiche, einschließlich der Schüler des Mahayana und des Hinayana, werden, wenn sie nicht an ihre potentielle Buddhaschaft glauben, Icchantikas mit abgeschnittenen Wurzeln des Gutseins genannt. Bodhisattvas, die stark an den Buddha-Dharma glauben, ohne die Teilung in Mahayana und Hinayana anzuerkennen, die aber nicht das Eine Wesen, das allen Buddhas und allen Lebewesen gemeinsam ist, erfahren haben, sind Icchantikas mit Wurzeln des Gutseins. Jene, die hauptsächlich dadurch erleuchtet wurden, dass sie die gesprochene Lehre hörten, werden Shravakas (Hörer) genannt. Die durch die Erkenntnis des Karma-Gesetzes Erleuchteten heißen Pratyeka-Buddhas.
Wer Buddha wird, jedoch nicht aus eigener geistiger Erleuchtung, wird Hörer-Buddha genannt.
Die meisten Schüler des Weges sind durch den Dharma erleuchtet, der in Worten gelehrt wird, nicht durch den Dharma des Geistes. Selbst nach vielen aufeinander folgenden Äonen der Bemühung werden sie nicht eins mit dem ursprünglichen Buddha-Wesen. Denn diejenigen, die nicht aus dem eigenen Geist heraus erleuchtet sind, sondern durch Hören des mit Worten gelehrten Dharma, vernachlässigen den Geist und messen dafür der Lehre Bedeutung zu. So schreiten sie nur Stufe für Stufe voran und sind ihres ursprünglichen Geistes nicht gewahr. Hast du aber das schweigende Begreifen des Geistes erfahren, brauchst du nach keinem Dharma mehr zu suchen. Dann ist der Geist Dharma.
21. Oft hindern die Erscheinungen der Umwelt die Menschen, den Geist wahrzunehmen, hindern persönliche Ereignisse, die zugrunde liegenden Prinzipien zu erkennen. Darum versuchen sie, den Erscheinungen, die sie umgeben, zu entrinnen, um ihren Geist zu befrieden, oder Ereignisse zu verdunkeln, um die Prinzipien zu erfassen. Sie begreifen nicht, dass dies nur eine Verdunkelung der Erscheinungen durch den Geist, der Ereignisse durch die Prinzipien ist. Lass einfach deinen Geist leer werden, dann entleeren sich die Erscheinungen der Umwelt von selbst. Lass die Prinzipien ruhen, und die Ereignisse werden sich von alleine beruhigen. Verwende nicht den Geist in diesem verkehrten Sinn. Viele haben Angst, ihren Geist leer zu machen. Sie fürchten, in die Leere zu fallen, und wissen nicht, dass ihr eigener Geist die Leere ist. Der Unwissende enthält sich der Erscheinungen, aber nicht der Gedanken; Der Weise enthält sich der Gedanken, nicht aber der Erscheinungen.
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23. Der Geist der Bodhisattvas gleicht der Leere, und er lässt von allem ab. Wenn Gedanken an die Vergangenheit nicht festgehalten werden, bedeutet dies ablassen von der Vergangenheit. Wenn Gedanken an die Gegenwart nicht festgehalten werden, ist dies ablassen von der Gegenwart. Werden Gedanken an die Zukunft nicht festgehalten, bedeutet das ablassen von der Zukunft. Dies ist das völlige Ablassen von der dreifachen Zeit. [Huang-Po: Der-Geist-Des-Zen]
Genau DAS kann nur jeder selbst leisten, dabei kann ihm niemand helfen und der letzte Akt passiert ohnehin von selbst. Information ist wichtig, um überhaupt einmal zu wissen, wo es lang geht. Aber wenn das einmal klar ist, steht jeder alleine mit SICH SELBST. Hier war es das Hören auf den inneren Ton und die heftige Verzweiflung, weil die Stille nicht permanent gehalten werden konnte, führte offenbar dazu, dass in mir etwas aktiv wurde, was bis dahin geschlafen hatte – und das löschte den Denkzwang. Mehr weiß ich nicht darüber. Daher weiß ich mit absoluter Gewissheit, dass kein Meister oder Lehrer vonnöten ist. Wie will der denn bei einem anderen den Denkzwang aufheben – wenn er es nicht einmal bei sich selbst konnte?
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Der Glaube, einem anderen wirklich helfen zu können, entstammt zweifelsfrei dem Ego. Da läuft die innere Geschichte ab und diesmal will man eben Menschen helfen, das Ego loszuwerden, wenn man schon nicht „die Welt retten kann„. Das ist eindeutig Denkwahn, nichts anderes – ohne Zwangsdenken gibt es das nicht.
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Hier ist das eindeutige Wissen da, dass Hilfe, über Information hinaus, nicht möglich – und auch nicht nötig ist, denn der EINE GEIST IST ALLES. Wieso sollte der unendlich intelligente EINE GEIST, der ALLES IST, einen minder-intelligenten Menschen brauchen, um durch einen lokalen Punkt, der er selbst IST, zu erwachen? Diese Idee ist genauso lächerlich, wie die Vorstellung, dass DER EINE GEIST einen minder-intelligenten Menschen, mit der Berufsbezeichnung „Papst“ als Mittler benötigt.
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Solche Ideen können nur darauf basieren, dass Unterschiede gesehen werden, zwischen verschiedenen Punkten (Wesen). Es gibt aber nur relative Unterschiede – absolut gesehen ist ALLES einfach nur DER EINE GEIST. Wenn gesagt wird, dass der EINE GEIST Gras und Bäume IST, dann ist das nicht allegorisch gemeint, sondern wörtlich – ganz einfach deshalb, weil es genau SO IST.
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Und genauso wenig, wie man einem Baum dabei helfen kann, zu wachsen, indem man an ihm zieht, kann man einem Menschen helfen, zu erwachen. Der EINE GEIST wächst in Form des Baumes und er erwacht in Form des Menschen – aber er bleibt immer, was er IST: DER FORMLOSE EINE GEIST, der als Leere (formlos) und Fülle (formhaftig) erfahren werden kann.
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Wenn dieser GEIST nicht durch einen Punkt erwachen will, dann erwacht er auch nicht durch diesen Punkt – und wenn er durch einen anderen Punkt erwachen will, dann wird er durch diesen Punkt erwachen – komme, was da wolle.
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Anscheinend ist es zu kompliziert, diesen einfachen Fakt zu begreifen, dass es nur EINE SUBSTANZ gibt. Die Leute sind geblendet von der Vielheit und sehen nicht, dass das tatsächlich eine Vielheit in einer Einheit ist, wie die Facetten an einem Diamant. Sie sehen die vielen farbigen Lichtstrahlen aus den Facetten und übersehen den Diamant, an dem die Facetten sind. Sie sehen den Wald vor lauter Bäumen nicht.
(Dieser Beitrag stammt ursprünglich vom 11.04.2019)