Die Frage: „Wer bin ich?“

In diesem Artikel, zeigt der Autor klar auf, dass es vollkommen unsinnig ist, die Frage: „Wer bin ich?“ ständig zu wiederholen. Auf diesem Blog, wurde das auch schon beschrieben. Man muss sich auf das eigene Existenz-Gefühl oder innere Wissen „Ich Bin“ konzentrieren. Das heißt, man stellt sich die Frage einmal und konzentriert sich auf das Gefühl „Ich Bin“. Dann merkt man sich das Gefühl und immer, wenn eine Ablenkung bemerkt wird, sucht man erneut dieses Gefühl „Ich Bin“ auf.

Anders kann das auch nicht funktionieren, denn sich etwas zu fragen, bedeutet, Worte zu bilden, die vom Verstand kommen, weswegen der vorher aufgestiegen sein muss. Wo steigt er auf? Aus dem reinen Sein (leeres Bewusstsein, Being). Wenn da reines Sein ist und daraus etwas aufsteigt, dann sind da scheinbar zwei Seins-Zustände, was natürlich so nicht stimmt.

Der ursprüngliche Zustand ist immer da, ansonsten gäbe es gar nichts. Der Verstand ist nur so etwas wie ein „Lautsprecher„, der aus der Energie des reinen Seins gespeist wird und die innere Stille des natürlichen Seins-Zustandes überlagert aber nicht vernichtet. Schaltet man den Lautsprecher aus, indem man sich auf das Gefühl „Ich Bin“ konzentriert, erfährt man unmittelbar den natürlichen Seins-Zustand, der nichts anderes als leeres Bewusstsein und Stille ist.

Das Ergebnis entspricht damit exakt dem natürlichen Zustand, in dem man automatisch nach einer Störung zurück in die Stille fällt. Nur dass die Rückkehr in der Übung noch nicht automatisch funktioniert, sondern mit dem eigenen Willen und Erinnerungsvermögen durchgeführt wird. Aber sobald sich das etabliert hat, funktioniert das automatisch. Der Seins-Zustand ist in beiden Fällen der gleiche.

Wenn man dagegen ständig die Frage „Wer bin ich?“ oder „Wem kommen diese Gedanken?“ stellt, bildet man immerzu Worte – und Worte sind das, was die Stille scheinbar übertönt. Tatsächlich liegt das nur am Bewusstseins-Fokus, der noch auf Bewegungen fixiert ist. Sobald dieser sich auf den Bewusstseins-Behälter eingestellt hat, erfährt man die innere Stille immer, selbst im größten Getümmel.

Das ist im Wesentlichen die gleiche Vorgehensweise, wie im Dzogchen und Mahamudra. Dort wird einem vom Meister die innere Stille „gezeigt“ und man muss sich das zugehörige Gefühl merken. Dann soll man ohne Mühe möglichst immer dieses Gefühl wahrnehmen und wenn man es verliert, sich daran erinnern und es wieder aufsuchen. Und nur durch diese vollkommen mühelose „Meditation„, kann man in dem natürlichen Zustand bleiben, der von Natur aus durch vollkommene Nicht-Aktion, also auch Nicht-Denken, gekennzeichnet ist – leeres Bewusstsein.

Durch eine formale Meditation, kann man maximal an diesen Zustand herangeführt werden, denn „formal“ bedeutet, Zeiten einzuhalten, Äußerlichkeiten und Techniken zu beachten – und dabei ist IMMER der Verstand beteiligt. Formale Meditation kann also immer nur Vorbereitung auf mühelose „Meditation“ sein.

Das Hauptmerkmal der natürlichen und mühelosen „Meditation“ ist, dass sie während der gesamten Wachphase durchgeführt wird, weswegen keine formalen Meditations-Sitzungen nötig sind. Dabei gibt es keine Übung an sich, sondern nur ein Erinnern und sofortiges Eintreten in den Zustand der Stille: Stille → Ablenkung → Erkennen → Stille.

Das Ganze ist so brutal einfach, dass tatsächlich keinerlei Lehrer notwendig ist. Maximal müssen zu Beginn vielleicht einige Unklarheiten geklärt werden – aber wenn einmal das Gefühl der eigenen Existenz wirklich gefühlt wurde, kann es immer wieder aufgesucht werden. Mit jedem Aufsuchen und jeder Minute des Verweilens darin, stabilisiert sich die Fähigkeit immer mehr, sich an diesem Nichts des eigenen Bewusstseins, das ICH BIN, dauerhaft und mühelos festzuhalten, bis es so natürlich ist, dass jegliche Abweichung davon einen bewussten Aufwand benötigt und wenn der weg fällt, findet ein automatisches Zurückfallen in die Stille statt.

Man muss nichts anderes tun, als immer nur in dem zu bleiben, was immer schon da ist – schon vor der körperlichen Geburt und Zeugung. Das ist das ursprüngliche Angesicht, die eine klatschende Hand und Mu. Einfach DAS.

Der Rest wird von der alles durchdringenden Kraft des Bewusstseins erledigt.

When the mind gets to Paramatma (highest Self ) then it becomes still. Afterwards it does not desire anything else.” – Guru Dev, Swami Brahmananda Saraswati


Wem das hier Beschriebene nicht gelingen will, dem empfehle ich das Hören auf den inneren Ton. (Nada-Yoga). Das ist eine uralte und einfache aber hocheffektive Praxis. Der Nada, ein äußerlich unhörbarer Ton (Anahata Nada, Nada Anusandhana), ist die erste Emanation des Bewusstseins – die ursprüngliche Vibration (Shakti). Das Hören selbst beinhaltet keinerlei Verstandes-Aktion, man lauscht einfach nur aktiv und bewusst auf den Ton. Das aktive Lauschen erzeugt einen sicheren Anker und das ermöglicht es, das reine Bewusstein zu erkunden, ohne dass der Verstand aktiviert wird und ständig dazwischen plappert. Sobald man soweit ist, dass man sich am Bewusstsein selbst festhalten kann, beachtet man den Ton nicht mehr – dann ist man fest im reinen, leeren Bewusstsein gegründet.

Das Rezitieren von Mantras (zB TM-Meditation) ist vom Nada-Hören abgeleitet, denn Worte basieren auf Vibrationen/Schwingungen. Worte benötigen aber den Verstand als Wort-Bildner – und das ist ein Widerspruch in sich, denn damit wird der Verstand aktiviert, um den Verstand passiv zu machen. Nada-Yoga ist die älteste, bekannte Technik und in meinen Augen auch die reinste, denn sie benötigt nicht den Verstand, sondern nur das innere Hören, was den Verstand unmittelbar stillt und die Erfahrung des darunter liegenden Bewusstseins ermöglicht.

Das Rezitieren von Mantras imitiert damit nur das direkte Erfahren der inter-tonalen Vibration des Nada – der Vibration der Lebensenergie. Und je komplexer eine Technik ist, umso weiter hat sie sich von der einfachen und direkten Erfahrung des Seins und Lebens abgekoppelt. Andererseits muss man auch sehen, dass es sehr unterschiedliche Arten von Menschen gibt – und jede Art benötigt möglicherweise eine eigene Art von Technik, um zu verstehen und sich zu entwickeln. Somit gibt es keine guten oder schlechten Techniken, sondern nur die richtige und passende Technik für eine bestimmte Art von Mensch. Bei mir war es der „primitive“ (=ursprüngliche) Nada.