Meine Erfahrungen

Als ich im November 2014 völlig unvorbereitet und unerwartet in tiefe innere Erfahrungen gestoßen wurde, stellte ich anschließend fest, dass da kein chaotischer Verstand mehr war, sondern eine tiefe innere Stille und Leere, in der es keine Gedanken gab. Ich wusste aber nicht, wie ich dahin gekommen war und was das eigentlich für ein Zustand ist. Ich fühlte nur: Das bin „ich“ aber ich wusste nichts weiter darüber.

In meiner Unsicherheit versuchte ich, herauszufinden, was dieser Zustand ist – aber egal, wo ich auch hinschaute, überall fand ich nur, „dass der Verstand beruhigt werden muss, um weiter zu kommen“ – aber es schien niemanden zu geben, dessen Verstand tatsächlich beruhigt war und ich wusste auch nicht was „weiter“ bedeutet.

Schließlich fand ich die Seite von Anadi, der offenbar einen stillen Verstand hatte. Das bewegte mich, seine Techniken auszuprobieren, denn er schien zu wissen, was er tat. Jede Erfahrung, die er beschrieb, konnte fast sofort nachvollzogen werden.

Aber eines war eigenartig – obwohl es so leicht fiel, diese Erfahrungen zu machen, konnten sie nicht gehalten werden. Aus irgend einem Grund fiel ich immer wieder in diese tiefe Stille zurück – die von Anadi etwas abschätzig „Präsenz“ genannt wurde, die man unbedingt weiter entwickeln müsse.

Es dauerte etwa zwei Jahre, bis erkannt wurde, dass ich immer wieder in dieselbe Stille zurück fiel und da machte es Klick: „Das ist ja das, was ich bin, also muss ich da doch richtig sein, warum bleibe ich nicht einfach mal da drin?„. Das war dann der Auslöser dafür, den vielen Techniken von Anadi den Rücken zu kehren.

Schließlich fand ich die Seite von Ruwenda und da bekam ich die Bestätigung dafür, dass es nicht richtig ist, irgendwelche Techniken anzuwenden, wenn man bereits in der Stille ist, sondern einfach nur dort zu ruhen.

Aber ich habe auch mitbekommen, dass es offenbar zur Zeit viele Leute gibt, die in die Stille fallen und dann nicht weiter wissen. Sie erfahren sich als „Nichts“ und fangen dann an, zu suchen – und offenbar landen viele dieser Leute bei Anadi – aus den gleichen Gründen, wie auch ich.

Ich will ganz einfach dazu beitragen, dass einer, der zufällig hier liest, erkennt, dass der Zustand der Stille nichts ist, was falsch ist oder was „in eine Seele weiter entwickelt werden muss„, sondern dass diese Stille der originale und unverfälschte Zustand IST, in dem man einfach nur bleiben muss.

Ich habe Jahre lang hilflos herumgesucht – und genau hier will ich helfen, anderen die Suche zu verkürzen. Aber es scheint auch nicht zu reichen, nur die eigenen Erfahrungen wiederzugeben. Es gibt da zum Beispiel jemanden, der glaubt bis zum heutigen Tag nicht, dass es möglich ist, dass der Verstand vollkommen still sein kann – nicht nur für ein paar Minuten, sondern für Stunden und länger – und das, obwohl dieser Mensch mich kennt und weiß, dass ich nicht lüge.

Das hat mir gezeigt, dass es offenbar nötig ist, Texte zu zitieren, in denen bestätigt wird, was ich sage – und es ist nicht auszuschließen, dass es anderen, die hier lesen, auch so geht. Darum bin ich dazu übergegangen, alles, was ich finde, hier zu bringen – unter anderem, weil es offenbar so ist, dass viele Menschen eine ganz bestimmte Sprache brauchen, um etwas zu verstehen. Möglicherweise ist das genau die Ursache für die Vielzahl von Texten, die es im Bereich der Selbsterkenntnis gibt. Sozusagen für jeden Fall/Menschen einen.

Auch wenn es vielleicht der Eine oder Andere nicht glauben kann – aber nach der Serie von tiefen Erfahrungen vor vier Jahren, wird hier erlebt, dass es fast keine automatisch entstehenden Gedanken mehr gibt und dass selbst das jetzt schon tiefe Niveau noch abnimmt. Das hat zu einem enormen Frieden geführt, der so tief ist, dass er schwer zu erschüttern ist.

Das heißt aber nicht, dass „Ich“ ein Heiliger bin oder vollkommen unerschütterlich. Zum Beispiel gibt es im Autoverkehr immer noch Situationen, in denen plötzlich ein Wutausbruch auftritt, wenn der Vordermann ohne Grund extrem langsam fährt oder ohne Grund bremst. Ich habe lange Zeit nicht daran geglaubt, dass es so etwas wie Karma gibt – aber genau hier, im Straßenverkehr, habe ich gelernt, dass es doch Karma gibt. (Karma = Ursache und Wirkung)

Die Auswirkung eines solchen Ausbruches braucht maximal einige Minuten – dann wird erlebt, dass von irgendwo einer auf meine Spur einbiegt – und zwar direkt vor mein Fahrzeug – der noch langsamer fährt, als derjenige, der den Ausbruch ausgelöst hat. Mittlerweile reizt das schon zum Lachen, weil es so überdeutlich ist, dass man es gar nicht übersehen kann.

Heute, bei der Nachhausefahrt, gab es keinen Ausbruch, nur einen leichten Unmut über einen solchen Schleicher. Prompt traf ich auf eine Schlange, die etwa einen halben Kilometer lang war. Als ich dann endlich abbiegen konnte, war der Verursacher direkt vor mir: ein Traktor mit zwei großen Anhängern. Das sind keine Zufälle – das sind Lehren, die ich zu lernen habe.

Es ist so, dass ein Wutausbruch oder eine Unmut nur dann auftritt, wenn ich kurz aus der Stille herausfalle. Dann tritt der Verstand in Aktion und erzeugt irgendwelche Bewertungen, was eine Unmutsbezeugung auslöst. Das ist also eine der Ablenkungen, die immer wieder auftreten, mich kurz aus der Stille reißen und zu einer Bewertung verleiten.

Ich bin ganz offensichtlich an der Stelle, zu lernen, die Ablenkungen immer weiter zu reduzieren und unbeeindruckt in der Stille zu verweilen. Interessanterweise sind es nicht die großen Ereignisse, die das auslösen – wenn zum Beispiel jemand stirbt, bleibe ich meistens völlig unbeeindruckt. Nein, es sind die kleinen Insektenstiche, die das auslösen: Pieks. Pieks. Pieks. „Jetzt reichts aber!“ „Scheiße, schon wieder reingefallen.

Ich bin also gerade dabei, zu lernen, die Stille des Gewahrseins immer länger zu halten. Wobei lernen eigentlich der falsche Ausdruck ist – es fühlt sich eher so an, als ob diese Episoden den Drang ausbrennen, aus der Stille zu fallen und irgend etwas zu bewerten, denn ich mache ja gar nichts, um länger da drin zu bleiben – das geschieht von selbst.

Ein weiterer Grund für die vielen Fremdtexte in der letzten Zeit ist, dass ich unbedingt herausfinden wollte, was Rigpa eigentlich ist. Im Dzogchen ist das so unglaublich verworren und undurchsichtig – möglicherweise sogar absichtlich – dass es lange gedauert hat, bis ich endlich herausfand, dass Rigpa schlicht und einfach das ist, was ich seit vier Jahren erlebe: Rigpa ist nichts anderes, als reine, nackte, nicht-duale Wahrnehmungs-Funktion (Gewahrsein).

Die Lektüre der vielen Texte hat mir gezeigt, dass es offensichtlich ein Riesen-Defizit an Klarheit in der Selbsterkenntnis gibt. Die Einen nennen es zeitloser Moment, andere Bewusstsein, Gewahrsein, Awareness, Consciousness, Präsenz, das was ist, Gott, Nirvana oder xyz.

Warum gibt es dafür nicht EINEN Begriff, der eindeutig aussagt, um was es geht? Genau das hat zu dem Begriff: reine, nicht-duale Wahrnehmungs-Funktion geführt. Das sagt nach meinem momentanen Gefühl genau das aus, was hier erlebt wird.

Aber vielleicht ist das allen anderen auch so gegangen – sie haben etwas erfahren und wussten nicht was und die bisherigen Begriffe passten nicht – also haben sie einen neuen Begriff erfunden.

Hier ist es so, dass, sobald von innen eine Erkenntnis aufsteigt, ein unstillbarer Drang austeigt, das sofort aufzuschreiben. Es gibt da keine Frage des Wollens oder Nicht-Wollens – Schreiben geschieht einfach.

Dafür gibt es aus meiner Sicht zwei Gründe. Zum Einen ist das immer nur eine momenthafte Erkenntnis, die nicht da bleibt. Wenn sie also nicht aufgeschrieben wird, verschwindet sie wieder. Zum Anderen scheint es eine Art Regel zu geben, die auch andere, die solche Erfahrungen machen, zwingen, sich mitzuteilen.

Letztendlich ist das, was man erfährt sehr einfach – aber es ist sehr schwer, es so in Worte zu kleiden, dass es tatsächlich verstanden werden kann. Das hat auch damit zu tun, dass ich vieles bereits vergessen habe. Es ist mir kaum noch möglich, mich daran zurück zu erinnern, wie sich der chaotische Verstand angefühlt hat. Ich weiß nur, dass es schlimm war, mehr aber nicht. Vielleicht sieht das deswegen für mich so einfach aus und für einen anderen vielleicht unglaublich schwer – und ich stehe da und weiß nicht, wie ich ihm helfen kann, wie ich es besser ausdrücken kann.

Andererseits merke ich auch ganz genau, dass jeder Text das Vermögen, mich auszudrücken immer weiter steigert. Es ist eine vorsichtige Annäherung an ein nicht mitteilbares Extrem.

Es ist schon eigenartig, dass ich hier allein sitze und schreibe und nicht einmal weiß, ob es überhaupt jemanden gibt, der das versteht. Aber eigentlich ist das auch egal, denn ich sehe das wie eine Aussendung. Von hier geht etwas aus und vielleicht kommt irgendwo etwas an – vielleicht aber auch nicht. Aber selbst wenn ich wüsste, dass nirgends etwas ankommt, könnte ich nicht aufhören zu schreiben. Ich MUSS schreiben. Vielleicht sollte ich besser sagen: ES WILL schreiben.