Absolutes Nicht-Wissen

Ich komme gerade aus der Badewanne. Dort habe ich, wie so oft, etwa eineinhalb Stunden in einer Art Dämmerschlaf gelegen. Dämmerschlaf aber nur in Bezug auf den Körper und die Gefühle, die von ihm ausgehen. Innerlich bin ich dabei immer hellwach, still und gleichzeitig tief entspannt. Ich habe einmal intensiv versucht, herauszufinden, was das wirklich ist, das ich seit vier Jahren mit STILLE umschreibe.

Da waren nur einige Körpergefühle, welche die Ausdehnung des Körpers, relativ zur Badewanne anzeigten, ein langsamer Puls und der innere Nada. Ansonsten war der Körper nicht fühlbar – und alles war schwarz, unerkennbar, scheinbar leer und der innere Fühlsinn fand keine Begrenzung in jeder Richtung.

Innen und außen herum ist buchstäblich Nichts. Aber es ist kein leeres Nichts – da ist etwas, von dem ich mit absoluter Sicherheit sagen kann: Ich bin DAS. Aber ich weiß nicht, was das ist. Es gibt kein Wort dafür. Es ist, wie eine Masse von irgendetwas unerkennbarem, von der nichts bekannt ist, nicht einmal die Ausmaße. Gesehen wird nur, dass sie sich in jede Richtung scheinbar unendlich erstreckt. Darin sind in relativer Nähe eine Reihe Körpergefühle und sonst nichts. Es scheint eine vollkommene schwarze Leere zu sein. Aber es ist nicht leer, es ist voll von sich selbst, obwohl nicht gesagt werden kann, was das ist. Ich bin DAS und weiß doch nicht, was ich bin. Mysteriös.

In Bezug auf DAS, ist da ein vollkommenes Nicht-Wissen. Selbst wenn ich den mentalen Apparat bis zum Zerreißen anspanne, will da nichts kommen. Im Speicher sind nur Worte, wie Leere, Stille, Absolutheit, Emptiness und sonstige Worthülsen, die aber überhaupt nichts aussagen – nur relativ zu anderen Erfahrungen. Jeder versteht, was Stille ist – aber nur in Bezug auf Lärm.

Aber es ist nicht diese relative Stille – es ist absolute STILLE aber ich kann sie mit nichts vergleichen. Manche sagen Gedankenstille – aber das ist es auch nicht, denn die Gedankenstille wird darin erfahren, genauso wie Gedanken. Es fühlt sich so an, als ob diese Masse, diese Substanz, reine, vollkommene, unteilbare STILLE IST. Ein massiver, schwarzer, Block von UNBEWEGTHEIT und STILLE, trifft es vielleicht noch besser. Aber STILLE und UNBEWEGTHEIT von was? Eine der Erfahrungen im November 2014 war, ein gigantischer, massiver, unbeweglicher Berg von „Bewusstsein“ zu sein. Aber der Begriff Bewusstsein ist auch nur Interpretation.

Wenn ich den Verstand darauf richte, dann versagt er. Er ist ohnehin faktisch immer still – aber da wird er noch stiller, er scheint zu verschwinden. Es ist, als ob er vollkommen unfähig ist, zu begreifen, was das ist, was ich bin. Vollkommenes Nicht-Wissen.

Das ist anders, als das relative Nicht-Wissen, wenn er normal schweigt. Das ist einfach nur die normale Inaktivität des Verstandes und des Gedächtnisses – und es wird wortlos gewusst, dass er jederzeit denken könnte und sich erklären könnte, was dieses Druckgefühl ist und jenes, dass hier die Haare auf dem Kopf gefühlt werden und dort die Energie sich an der Fontanelle staut.

Dieses Nicht-Wissen ist etwas anderes – es kann nicht gedacht werden, so als ob der Verstand gezielt so konstruiert wurde, dass er DAS nicht ausdrücken kann – nur umschreiben. Es fühlt sich an, als ob an dieser „Stelle“ des Verstandes ein „Loch“ ist – als ob die Erklärung selbst leer ist, also nicht ausdrückbar. Nicht einmal das ist klar ausdrückbar.

Es muss nicht gesucht werden, weil es buchstäblich überall ist. Es ist mit geschlossenen Augen überall zu fühlen und mit geöffneten wird dieser Sinn nur solange mit Lichtempfindungen überlagert, wie man sich ihm nicht direkt zuwendet. Sobald man das tut, wird unmittelbar erkannt, dass Licht nur so etwas wie eine lichthafte, transparente, flüchtige Oberfläche auf dieser Masse ist. Aber alles, was gesehen wird ist aus dieser Masse oder erhebt sich daraus.

WAS ist DAS? WAS BIN ICH – jenseits aller Worthülsen?

Ich muss vollkommen bescheuert sein – aber ich habe mir diese Fragen in letzter Konsequenz noch nie wirklich gestellt. Es war immer, als ob ich darauf wartete, dass sich „das Göttliche“ oder „die Unendlichkeit“ erneut zeigt: „Huhu, da bin ich„.

Dabei bestand die Initiation im November 2014 ja gerade aus der Verschmelzung mit dieser schwarzen Masse aber begrenzt im Unterbauch, in einer Art Gebärmutter. Es gab auch manchmal schon halbherzige Vergleiche damit – aber so weit bin ich noch nie gegangen, dass ich es wirklich wissen wollte und letzlich zugeben muss: Diese Masse ist überall, direkt vor meiner Nase, in meiner Nase und meine Nase besteht daraus – „Aber ich weiß wirklich überhaupt nicht, was das ist.“ Absolut verblüffend.

Das liegt an der unbedachten Benutzung dieser Worthülsen, wie „Leere“ und „Unendlichkeit„, dass man nicht mehr wirklich hinschaut und sich ganz bestimmt und konsequent fragt: WAS IST DAS? Und nicht eher aufhört, bis man es weiß oder die Unerkennbarkeit zugeben muss. Ich sehe gerade, dass ich hier auch schon darüber geschrieben habe. Aber da war anschließend nicht dieses klare Wissen da, wie jetzt, dass es wirklich, auch bei Aufbietung aller Energie, unerklärbar ist.

Ich weiß, dass ich bin – ich SEHE auch, WAS ich bin – aber ICH WEIß NICHT, WAS DAS IST, WAS ICH BIN.

Die nächste Frage lautet: Was weiß ich dann überhaupt absolut sicher?
Die Antwort lautet unmittelbar: Absolut nichts!

Was ich glaubte zu wissen, waren unbedacht benutzte Worthülsen – die „man“ eben benutzt. Tatsächlich weiß ich gar nichts, wenn ich nicht weiß, WAS ICH BIN, wenn ich nur darauf zeigen und sagen kann: ICH BIN DAS.

Der Stapel Bretter, der da gerade abgefallen ist, wog gefühlt mehrere Tonnen…

Wenn Dummheit und Ignoranz weh täten, müsste ich jetzt ins Krankenhaus.

Nachtrag:
Gerade kam mir hoch, warum ich nicht weiß, was das wirklich ist, was ich bin:
Weil es nicht relativ zu etwas anderem ist!

Der Verstand kann nur relatives Wissen verarbeiten, das er in sauber getrennte Schubladen ablegt: Baum: Weide, Buche, Kirsche | Strauch: Haselnuss, Flieder, Forsythie… Dieses Wort-Wissen kann er miteinander vergleichen, er kann Wertepaare bilden, Untergruppen und Eigenschaften vergleichen.

Aber wie will er das absolut einzig Existente erfahren und vergleichen,  wenn es keinerlei relative Bezugspunkt dazu gibt? Daher muss der Verstand versagen. Er kann es nicht wissen. Er ist unschuldig.

Anscheinend muss ich immer erst gegen einen Baum rennen, bevor etwas realisiert werden kann. Vorher tappe ich im Dunkeln, berühre das Wissen vielleicht, manchmal mehr, manchmal weniger aber kann es nicht direkt durchdringen. Manchmal wird es sogar hingeschrieben aber nicht begriffen. Irgendwann macht es dann Bumm – der Kopf stößt irgendwo an oder ein unsichtbarer Zaunpfahl landet darauf – die Sterne funkeln – und dann geht mir ein Licht auf…