Der Verstand – Update

Der Verstand wird keinesfalls vom Ego beherrscht – das ist deshalb nicht möglich, weil das Ego eine Konstruktion des Verstandes und der Psyche ist. Wie funktioniert der Verstand wirklich? Da mein Verstand von Natur aus still ist, ohne, dass er die ganze Zeit beherrscht werden muss, sehe ich vollkommen klar, was passiert, wenn Gedanken gebildet werden. Zuerst ist da ein Impuls, dass etwas gedacht werden muss. Dann wende ich mich dem zu und benutze den kreativen Prozess der Gedanken-Bildung, um das Thema zu bearbeiten. Anschließend wende ich mich davon ab und konzentriere mich wieder auf mein Subjektivitätsgefühl. Ergebnis: Stille.

Dann gibt es noch den unterbewussten Gedankenstrom, der intuitive Gedanken transportiert. Das läuft so ab, dass ein Gedanke sehr leise hochkommt und wenn er mich interessiert, wende ich mich ihm zu und arbeite damit. Ist er uninteressant, schaue ich kurz hin und lasse ihn fallen. Wenn weitere hochkommen sollten, wende ich mich ab und beende den Fluss, indem ich die Zunge an den Gaumen lege, wenn sie noch nicht dort sein sollte oder mit der Konzentration auf meine Subjektivität. Normalerweise reicht es aus, den Strom einmal zu beenden, wie wenn man eine Maschine ausschaltet. Es ist dann keine weitere Aktion notwendig. Ergebnis: Stille.

Offensichtlich wird der Verstand von vielen Suchern als eine Art „unbeherrschbares Wunderding“ angesehen, das „irgendwie“ alle möglichen Gedanken produziert. Das ist eine Folge ungenügender Beobachtung und der Nicht-Verkörperung der Bewusstseins-Zentren. Der Verstand ist nichts anderes, als lineare Intelligenz in Aktion und deren Produkte, die Gedanken und/oder Bilder werden in einem Bereich des Bewusstseins angezeigt.

Wer sein Bewusstsein beherrscht, weil er es verkörpert und damit zum Bewusstsein geworden ist, für den sollte es kein Problem sein, den Verstand zu beherrschen. Allerdings ist sowohl das Bewusstsein und die Gedankentätigkeit bei den meisten Menschen vollkommen unbewusst und daher nicht beherrschbar.

Nachtrag: Das Problem ist, dass der Verstand = die Gedankentätigkeit – das einzige ist, was ein normaler Mensch an „Bewusstsein“ hat. Mit anderen Worten: ununterbrochene Gedankentätigkeit ist das „Bewusstsein“ des Normalmenschen. Das bedeutet, solange nicht das höhere Bewusstsein aus seinem Tiefschlaf erweckt und dauerhaft stabilisiert wurde, geht kein Weg an ständiger Gedankentätigkeit vorbei – und das ist eine ununterbrochene Vergewaltigung der eigenen, höheren Natur, die reines, unbewegtes Bewusstsein ist. Somit sind die Versuche, sich bewusst neben den Verstand zu „stellen“ und ihm zuzusehen, nichts anderes, als tiefste Hilflosigkeit, angesichts der ständigen Vergewaltigung des höheren Bewusstseins durch die ungeregelte Gedankentätigkeit. Solange das andauert, kann es keine Freiheit, keinen Frieden und keine Stille geben. Das ist mein momentanes Verständnis dieser Thematik.

Nachdem ich weiß, dass es ganz und gar nicht die Regel ist, dass der Verstand still ist, obwohl ein unbenutztes Werkzeug ruhen sollte – gehe ich davon aus, dass dieser Beitrag nicht als real wahrgenommen werden wird. Tatsächlich ist das aber meine ununterbrochen wahrgenommene Realität. Die Stille und der Frieden sind so stark, dass nichts sie brechen kann, weil sie zu dem gehören, was ich bin: reines bewusstes Sein. Es ist mittlerweile genau umgekehrt, wie all die vielen Jahre davor: vorher musste gekämpft werden, um Ruhe zu schaffen, heute muss ich bewusst zur Gedankentätigkeit beitragen.

Weiter gibt es dazu zu sagen, dass das Bewusstsein, genauso wie die Quelle, kein anonymes Ding ist, sondern ein Lebewesen, mit einer Identität. Dass die Art und Weise, wie die sichtbare Wirklichkeit zustande kommt, zum großen Teil automatisch abläuft, bedeutet nicht, dass bewusste und erwachte Seelen keine „Mitschöpfer“ sein können. Das schließt sich keinesfalls aus, sondern ist Teil der Ganzheit. Schließlich gibt es auch selbstfahrende Autos und von einem Fahrer gesteuerte.

Man darf das nur nicht so sehen, dass da eine Trennung wäre – Existenz ist eine Einheit und in dieser Einheit gibt es unterschiedliche Identitäten. Ich bin die Seele, deren Sein vom universellen Sein stammt – aber ich bin nicht das universelle Sein, ich bin davon abgeleitetes, individuelles Sein. Das ist meine Erfahrung, denn ich kann gleichzeitig meine Subjektivität wahrnehmen und die unpersönliche Identität des universellen Bewusstseins.

Für mich ist es alleine meine Erfahrung, die zählt und diese zeigt mir in einem ununterbrochenen Strom, dass ICH es bin, der denkt und/oder denken zulässt, dass es MEINE eigene Subjektivität ist, die ich als ICH BIN wahrnehme und dass ich mit dem universellen Bewusstsein, dem unpersönlichen ICH BIN verbunden bin.

Würde ICH mit dem universellen Bewusstsein so verschmelzen, dass ICH zu IHM würde, dann gäbe es MICH nicht mehr. Aber es ist vollkommen unlogisch, das anzustreben, denn wozu dann erst so etwas wie Seelen aufwendig erzeugen und erhalten? Das alles dient dem Wachstum des bewussten Seins: wächst eine Seele in ihren Fähigkeiten, wächst die Quelle automatisch mit.