Die Hauptsache

Worum geht es im Leben? Darum, sich im Außen hervorzutun – in welcher Weise auch immer? Ja, möglicherweise in der ersten Hälfte des Lebens. Wenn aber das Innere an die Tür klopft und laut und deutlich vernehmen lässt, dass es jetzt an der Zeit ist, ganz nach innen zu gehen, dann muss man das tun, denn genau das ist der Sinn des Lebens – zumindest für mich.

Für andere mag es andere „Sinnhaftigkeiten“ geben, zum Beispiel geile Autos fahren oder Weibchen aufzureißen. Früher habe ich Kampfkunst betrieben, bin Wildwasser gefahren, habe mit 42 noch ein Studium angefangen und 5 Jahre später abgeschlossen, und danach 4 Jahre lang einen gesellschaftskritischen Blog geschrieben. Das alles war einmal wichtig und ich habe das gelebt. Die Zeiten haben sich aber geändert – ich habe den inneren Ruf gehört und reagiert.

Und da ich ein totaler Singletasker bin (Krieger, der mit dem Speer dasteht und hochkonzentriert auf ein Wild wartet), kann ich mich nur auf eine Sache richtig konzentrieren. Wenn das so ist, dann muss man sich entscheiden – und das habe ich getan. So einfach kann das Leben sein: Man folgt einfach den wahrhaftigen inneren Impulsen und tut, was man kann, um dieser Kraft zu dienen – dieser Kraft, die man selbst ist. Wo das hinführt? Zu mir…

Ich bin nicht für die Welt da, sondern nur für mich selbst.
Die Welt ist für mich da, als Wohnort, Lerngrund und Arbeitsplatz.

Oder anders gesagt:
Ich wurden nicht erzeugt, um der Welt zu dienen,
sondern die Welt wurde erzeugt, um mir zu dienen,
damit ich mein inneres Potential verwirklichen kann.

Jeder, absolut jeder ist nur für sich auf dieser Welt, um sich selbst innerlich zu entwickeln. Alles andere ist eine Lüge und Ausrede, die Verantwortung für sich selbst und seine innere Entwicklung nicht übernehmen zu müssen. Wer auf andere schaut, wer auf die Welt schaut, anstatt auf sich selbst, der geht zu einhundert Prozent an seiner Bestimmung vorbei. Ich meine das nicht allegorisch, sondern wörtlich!

Wie immer, gibt es auch Ausnahmen von dieser Regel – wenn man Verantwortung für andere Menschen übernommen hat, zum Beispiel für die eigenen Kinder oder Pflegebedürftige. Aber diese Pflichten nehmen niemals die ganze Zeit ein – ein bisschen bleibt immer noch für einen selbst. Und irgendwann sind solche Pflichten auch einmal vorüber und dann hat man wieder mehr Zeit für sich selbst.

Wer mit seinem Leben intelligent umgeht und versucht, sich innerlich soweit zu entwickeln, wie möglich, der kann in allen auftretenden Situationen, seinen meditativ-subjektiven Zustand halten und vertiefen – zum Beispiel beim Stillen des Kindes, beim Versorgen eines Pflegebedürftigen, beim Geschirrspülen, beim Wechseln der Zündkerzen am Auto oder bei der Reparatur der Heizung. Das ist keine Theorie, sondern das, was ich selbst tue. Ich bin fast immerzu in mir, in meiner Subjektivität und jenseits des Verstandes. Das Ergebnis ist innere Stille und Frieden.

Interessanterweise ist die Wahrheit fast in allen Fällen genau entgegengesetzt zu dem, was die Mehrheit glaubt… Es hört sich nur am Anfang sehr „egoistisch“ an, wenn man sagt, dass die Welt für einen selbst da ist und nicht umgekehrt. Warum ist die Welt für uns da? Weil die Quelle durch uns zurück zu sich selbst kommen will. Sie will sich selbst durch uns erkennen. In Wirklichkeit gibt es keine Menschen, sondern nur die Quelle, die viele Rollen spielt. Die Quelle projiziert aber nicht nur Menschen/Wesen, sie projiziert auch die Welt – für sich selbst, also für uns – und nicht umgekehrt.

Die Welt ist der Ort, an dem Selbsterkenntnis und Selbstverwirklichung geschieht – oder geschehen sollte. Daneben muss man auch dort leben und arbeiten, lernen, Kinder bekommen und erziehen, krank und wieder gesund werden und vieles mehr. Aber das sind in meinen Augen zusätzliche Funktionen, die dazu dienen, Erfahrungen bereitzustellen, damit das Innere wachsen kann. Die Hauptsache ist immer das Wachstum des Inneren und keineswegs irgendwelche äußeren Augenmerke! Das kann natürlich jeder sehen, wie er mag – aber in meinen Augen ist das so.