Der Wert der Unabhängigkeit

Der gestrige Beitrag hat etwas in Bewegung gebracht. Ich konnte plötzlich sehen, dass eine der wichtigsten Eigenschaften für den inneren Weg die eigene Unabhängigkeit ist. Bis dahin bin ich immer davon ausgegangen, dass es gut ist, wenn man jemanden hat, an den man sich halten kann und dass das eben nur bei mir anders ist, weil ich, bis auf sehr wenige Ausnahmen, nie einen wirklichen Bezugspunkt hatte, von dem ich lernen konnte.

Das ist, wie ich jetzt sehen kann, total falsch! Es ist genau umgekehrt: Jeder Mensch hat alles, was er für SEIN Leben benötigt. Und wenn er eine Eigenschaft nicht hat, die andere haben, dann wird diese meist durch andere Eigenschaften überkompensiert. Ein Blinder, sieht die Welt nicht mit den Augen, sondern mit den Ohren, der Nase und der Haut. Ein nicht so intelligenter Mensch hat dafür mehr Instinkt…

Die Unabhängigkeit eines Menschen ist ein Ausdruck seiner eigenen Individualität. Natürlich kann auf dem inneren Pfad einiges schief gehen – aber wenn man von Anfang an seinem inneren Wesen vertraut und nicht den Fehler macht, das Ego zu mästen und den Weg zu erdenken, sondern wenn man ausschließlich auf die Intuition und die innere Hilfe setzt, dann wird man von innen geführt werden. Schließlich ist der äußere Helfer ja auch nichts anderes, als ein Ausdruck des Inneren im eigenen Universum.

Man sagt: „Der Lehrer erscheint, wenn der Schüler bereit ist.“ Die meisten sehen das automatisch in Bezug auf einen „äußeren Lehrer„. Das ist aber falsch – hier ist der „innere Lehrer“ gemeint, der sich in manchen Fällen eben im „Außen“ zeigt. Ich weiß aber schon seit vielen Jahren, dass es in mir etwas gibt, das mich leitet und genau darauf vertraue ich. Wobei das falsch ausgedrückt ist: Der Mensch, der im Spiegel erscheint, ist so etwas wie ein „Ganzkörper-Anzug„, den sich die Seele „übergestülpt“ hat und mit dessen Hilfe sie sich in der „äußeren Erscheinungs-Welt“ bewegt. Tatsächlich ist es nur die Seele, bzw. das individualisierte Bewusstsein, das real existiert und der „Anzug“ und die „Welt“ sind nur Erscheinungen in diesem Bewusstsein.

Die eigene Unabhängigkeit ist eine der wichtigsten Voraussetzungen, um den inneren Pfad zu gehen und ohne diese wird man immer an anderen „Autoritäten“ hängen. Ich weiß ganz genau, dass ich noch ganz am Anfang stehe, denn die sogenannte „Erleuchtung“ ist nur die Öffnung der inneren Tür. Und ich weiß, dass es Menschen gibt, von denen ich lernen kann. Das tue ich auch – aber ich lerne nicht von ihnen persönlich, sondern von ihren Texten, Audios und Videos. Offenbar reicht das bei mir aus und bisher wurde jeder Versuch, sich an einen anderen zu wenden, von innen her vereitelt. So dass ich davon ausgehen muss, dass das bei mir eben nicht nötig ist oder nicht sein darf. Ich muss es so schaffen und das werde ich auch.

Das Leben hat mich über die Schwelle katapultiert, hat das Bewusstsein aktiviert und stabilisiert, den Verstand beruhigt und sämtliche Zentren geöffnet, ohne dass „ich“ nur einen Finger gerührt habe. Und obwohl ich ein sehr schlechtes Gedächtnis habe und immer wieder vergesse, die Zentren zu verkörpern, spüre ich, dass sie sich nach und nach stabilisieren.

Es dauert halt länger, als bei anderen – aber so ist dieser Körper eben konstruiert. Ich bemühe mich nach Kräften und ich habe an mich selbst die „Ansage“ gemacht, dass ich es nicht ohne innere Hilfe (mich selbst) schaffen kann und wenn die nicht kommt, dann muss die Seele (ich selbst) eben darben. Wenn man so will, habe ich mir selbst die Pistole auf die Brust gesetzt und gesagt: „Entweder Du hilfst mir oder Du stirbst.“ Und anscheinend hat das gefruchtet. Das hört sich etwas paradox an aber genau so ist es.

Der innere Weg besteht darin, dass „die Seele“ sich „an den eigenen Haaren“ aus dem scheinbar physischen Sumpf heraus zieht. Und interessanterweise ist „die Seele“ alles: sowohl der Mensch, der scheinbar den Weg geht, als auch die Erscheinungswelt und natürlich das Innere selbst (Seele = individualisiertes Bewusstsein). Es gibt nur „das“ – nichts anderes – und „das“ ist eine „Kopie des Ganzen„, in dem „es“ als eine von vielen „Zellen“ existiert.

Das „Ganze“ erlebt sich selbst als viele „Einzelne„, die sich wiederum als „sterbliche Wesen“ erleben und nichts anderes tun, als den Weg zurück zum „Ganzen“ zu finden, der jedoch nie verloren war, denn die „Einzelnen“ sind „Zellen“ des „Ganzen„. Wenn man so will, ist das, was hier stattfindet, eine bewusste Selbst-Täuschung (Selbst-Verarschung) der Quelle, die immer die Quelle war und immer sein wird.

Nur aus der Sicht eines Selbstverwirklichten, der sich bewusst und dauerhaft so erlebt, kann gesagt werden: „Alles ist das Ganze, es gibt nur das Ganze, es gibt weder einen Weg, noch eine Rückkehr und es muss nichts getan werden.“ Aus der Sicht eines Menschen heraus, sieht das genau umgekehrt aus: „Ich bin nicht das Ganze, ich bin getrennt vom Ganzen, ich muss den Weg zurück finden und dafür muss ich etwas tun.

Beide Aussagen sind hundertprozentig gültig – je nachdem wo einer steht und wie er sich erlebt. Wenn ein Mensch, der sich nicht voll bewusst und klar als das Ganze erlebt, sich an die Perspektive eines Selbstverwirklichten anhängt, der sich real als alles erlebt, dann verarscht er sich lediglich selbst. Gefährlich wird es, wenn er das dann noch als ultimative Weisheit verkauft, die irgend ein bekannter „Meister“ aufgeschrieben oder ausgesprochen hat. Das ist dann nicht nur Selbst-Verarschung sondern Betrug an anderen. Man sollte immer wissen, wo man wirklich steht…

Ich habe diese Dinge mehrmals „gesehen“ und kenne genau den Unterschied. Daher weiß ich, dass ich noch nicht dauerhaft dort bin, dass dafür noch sehr viel zu tun ist und ich werde ganz bestimmt nicht den Fehler machen, mich als „angekommen“ zu sehen, solange das nicht wirklich der Fall ist. Daher bezeichne ich mich als „Anfänger„. Ein „Fort-Geschrittener“ ist für mich einer, der immer mal wieder Zugang hat und ein „Angekommener“ ist einer, der dauerhaft Zugang hat und „hier“ und „dort“ gleichzeitig lebt.

Wobei sowohl „hier„, als auch „dort“ keine räumliche Angabe ist, sondern lediglich eine andere „Blickrichtung“ darstellt, denn beide Angaben sind gültig. „Hier“ ist die Erscheinungs-Welt und „dort“ ist das Absolute. Es gibt nur einen Unterschied: „dort“ ist absolut und „hier“ ist relativ zu „dort„. Und: „hier“ ist in Wirklichkeit innerhalb von „dort“ – und es sieht nur so aus, als wäre „hier“ nicht „dort„. Begriffen?

Im Jahr 2004 hat mir eine Frau gesagt, dass sie schon seit ihrer Kindheit wissen will, wie das Universum funktioniert. Damals sagte ich zu ihr: „Das wirst Du niemals wissen, denn das Universum ist unendlich und Dein Kopf ist endlich, weswegen es nicht in Deinen Kopf passt.“ Das hat sie aus ihrer Denkschleife heraus geholt, in der sie seit ihrer Kindheit lebte.

Heute würde ich aus eigener Anschaung heraus sagen: „DU bist unendlich und das Universum und Dein Körper sind in Dir. Jede andere Sichtweise beruht nur auf der Selbst-Täuschung, dass DU dich für den Körper hältst, der nur ein kleiner Punkt innerhalb des Universums ist. In Wirklichkeit bist DU unendlich und enthältst alles, was existiert – und im Vergleich zu Dir ist das Universum nur ein winziger Punkt.