Selbsterkenntnis geht ans Eingemachte, es reißt alle Teile auseinander, von denen ein Mensch dachte, dass er es ist. Anschließend werden diese Teile wieder zusammen gesetzt – aber anders als vorher – so dass sie in einer korrekten Beziehung zueinander arbeiten und funktionieren können. Wenn man die funktionalen Teile seines Mensch-Seins betrachtet, sollte man Nüchternheit und Einblick walten lassen und sich nicht an irgendwelchen übernommenen Glaubens-Sätzen festhalten.
Man sehe die Physis (Körper) und die Psyche, wie eine komplexe, ferngesteuerte Maschine – und das Innere als den intelligenten Erzeuger und Steuerer dieser Maschine – und sich selbst als identisch mit dem Inneren, mit dem Bewusstsein, der Seele – und bemühe sich, diesen Zustand zu stabilisieren und weiter zu entwickeln. Das ist Selbsterkenntnis.
Kürzer: Man sehe sich als das Innere, die Seele, die sich in ihrem Bewusstsein eine Erscheinungs-Welt und einen persönlichen Erscheinungs-Körper dynamisch erschafft und steuert. Das ist Selbsterkenntnis.
Damit ist natürlich nicht gemeint ist, dass man sich das einreden (suggerieren) soll – so funktioniert das nicht. Selbsterkenntnis ist ein langer Prozess der Reorganisation verbogener Anteile, der Aktivierung noch unbewusster oder nicht vorhandener energetischer Strukturen, der Stabilisierung, der Vertiefung – und der Hingabe und Verankerung in den Dimensionen der Quelle. Das ist keine Sache von Monaten oder wenigen Jahren – das dauert gewöhnlich mindestens ein Leben lang, weil es alles ändert, was vorher war.
Die blitzartige Erkenntnis der Leere, welche gewöhnlich als „Erleuchtung“ bezeichnet wird, ist nur die Öffnung der bisher verschlossenen Tür – und als Einladung zu verstehen, die Schwelle dieser Tür zu überschreiten. Ich bezeichne erst den endgültigen Zustand als Erleuchtung, wenn der vorherige egoische Körper-Tier-Mensch verwandelt wurde in reines, individuelles, subjektives und persönliches Bewusstsein – wenn er als Seele existiert, die sich vollkommen in der Quelle verankert hat und beständig weiter dort hinein entwickelt. Erst dann ist die gesamte Existenz identisch mit dem, was wirklich ist und selbst-bewusste Existenz erst ermöglicht: das subjektive Licht des Bewusstseins.
Selbst leuchtende und selbst erkennende Existenz ist die Natur von Bewusstsein und die vollständige und dauerhafte Identität damit ist die wahre Bedeutung von „Erleuchtung„. Alles andere ist tiefste Dunkelheit, allenfalls erhellt durch ein kümmerliches Kerzenlicht. Ohne Selbsterkenntnis ist einer in der falschen Dimension und hat die falsche Sicht – falscher geht es nicht. Daher ist Selbsterkenntnis das Wichtigste, das es im Leben eines Menschen geben kann. Wenn sie nicht das Wichtigste ist, dann handelt es sich nicht um echte Selbsterkenntnis, sondern um einen belanglosen Zeitvertreib.