In den letzten Beiträgen habe ich immer wieder über Konzentration geschrieben. Eigentlich geht es aber um hochkonzentrierte, stetige und nicht-wertende Aufmerksamkeit. Diese Aufmerksamkeit muss so massiv werden, dass ihr nichts entgeht – denn so eine Aufmerksamkeit, wenn sie lange durchgehalten wird, transformiert nach und nach den ganzen Menschen.
Warum? Weil ein unaufmerksamer Mensch nicht bemerkt, was vor sich geht. Er bemerkt auch nicht die Gründe seiner Stimmungen und seiner Handlungen und Unterlassungen. Er wird von seinen Gedanken und Emotionen hin und her geworfen und kann sich niemals aus diesem Mechanismus befreien. So ein Mensch gleicht einem wandelndem Toten – einem Zombie.
Ein Mensch mit einer hochkonzentrierten Aufmerksamkeit merkt stattdessen alles. Er bemerkt zum Beispiel sofort, wenn sich Gedanken durch die Hintertür einschleichen und kann sofort reagieren. Ein solcher Mensch gleicht geistig einem massiven und unbeweglichen Berg – ist aber in Wirklichkeit selbst für die feinsten Regungen empfänglich.
Warum ist das so wichtig? Der ursprüngliche Bewusstseinszustand ist vollständige Präsenz, ist rein bezeugend – und zwar alles, selbst die winzigste Kleinigkeit bezeugend! Er ist auch absolut nicht-wertend, nimmt alles mit völligem Gleichmut an, zieht nichts vor und lehnt nichts ab. Wenn ein Mensch also sein individuelles Bewusstsein – das ja wesenhaft identisch ist, mit dem universellen Quell-Bewusstsein – läutert und die Aufmerksamkeit auf einem sehr hohen Niveau hält und innerlich auf überhaupt nichts reagiert, dann wird er auch von der Funktion her mit dem Quell-Bewusstsein identisch.
So ein Mensch nimmt dann auch seinen Ärger und seine Wut wahr, genauso wie Freude – und reagiert innerlich nicht darauf – weil er weiß, dass auch diese Emotionen nichts anderes sind, als von der Lebenskraft/Shakti hervorgerufene Bewegungen im Bewusstsein. Durch diese äußerste Unbeweglichkeit und stetige, konzentrierte Aufmerksamkeit wird er höchst empfänglich für Erkenntnisse und Eingebungen und kommt damit in die Lage, die Natur der Wirklichkeit zu erkennen.
Denn eine Erkenntnis ist nichts anderes, als dass die absolute Wahrheit über einen Sachverhalt plötzlich und unvorhergesehen offenbar wird. Mit anderen Worten: Erkenntnisse sind Wahrheits-Blitze und um sie zu bemerken und zu erfassen, muss ein Mensch immer „voll da“ sein! Und was erkennt man dann? Dass das, was einem ständig über den Weg läuft, alle Erscheinungen, alle Materie, der eigene Körper und auch alle anderen Körper und alle Bewegungen, Ereignisse, Gedanken und Gefühle und alles andere – dass das alles das Selbst, die Quelle ist. Mit in anderen Worten: man erkennt, DASS ALLES GOTT IST!
Es gibt ungewöhnliche Menschen, die, wenn sie die Wahrheit nur einmal hören, diese vollumfänglich erkennen und verwirklichen. Solche Menschen müssen gar nichts praktizieren – wozu auch – denn sie haben von Natur aus einen extrem hohen Aufmerksamkeitslevel und bekommen alles mit. Ich kenne jemanden, dem das so gegangen ist – diese Person verfügt zudem noch über ein fotografisches Gedächtnis und eine sehr hohe Intelligenz. Solch ein Gemisch ist offenbar so explosiv, dass schon ein kleiner Fetzen der Wahrheit genügt, um sie vollumfänglich ans Licht zu bringen.
Aber wer hat schon solche Fähigkeiten? Und wer solche Fähigkeiten nicht hat und von seinen Gedanken und Gefühlen herumgeworfen wird, der muss innerlich erst einmal für Ruhe sorgen, bevor sich bei ihm irgendwelche Erkenntnisse einstellen können – oder bemerkt werden…
Das ist der Grund dafür, warum ich so viel Wert auf Konzentration und Aufmerksamkeit lege.