Buddha

Nachdem ich ein Video gesehen hatte, das sich mit Buddha beschäftigte, wollte ich wissen, was der Buddha wirklich gemeint hat, als er sagte, das Leben ist Leiden und muss überwunden werden. Nach kurzem Suchen im Netz fand ich diesen Text aus dem Palikanon:

Quelle: Palikanon

Was aber, ihr Jünger, ist die Edle Wahrheit von der Leidens-Erlöschung? Eben jenes Begehrens restlose Abwendung und Erlöschung, Verwerfung, Fahrenlassen, Befreiung davon, Nichthaften daran: das, ihr Jünger, nennt man die Edle Wahrheit von der Leidens-Erlöschung.

Wo aber gelangt jenes Begehren zum Schwinden, zum Erlöschen? Was es da in der Welt an Lieblichem und Angenehmem gibt, dort gelangt jenes Begehren zum Schwinden, zum Erlöschen.

S.12.66

Ob in der Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft, wer auch immer von den Mönchen und Asketen das Liebliche und Angenehme in der Welt als vergänglich (anicca), dem Leiden unterworfen (dukkha) und unpersönlich (anattā) betrachtet, als Unheil und Schrecken ein solcher überwindet das Begehren.

S12.42

Durch das restlose Abwenden und Erlöschen des ,Begehrens‘ (tanhā) erlischt das Anhaften (upādana), durch Erlöschen des Anhaftens der ,Werdeprozeß‘ (bhava), durch Erlöschen des (karmischen) Werdeprozesses die ,Wiedergeburt‘ (jāti); durch Erlöschen der Wiedergeburt aber erlöschen ,Altern und Sterben‘ (jarāmarana), Sorge, Jammer, Schmerz, Trübsal und Verzweiflung. So kommt es zum Erlöschen dieser ganzen Leidensfülle.

S.22.30

Somit ist das Erlöschen, Schwinden und Untergehen von Körperlichkeit, Gefühl‘ Wahrnehmung, Geistesformation und Bewußtsein das Erlöschen des Leidens, das Schwinden der Krankheit, die Aufhebung von Altern und Sterben.

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Das was hier steht, bedeutet, dass der Buddha die Ursache des Leidens im Begehren sah. Wird dieses überwunden, stirbt auch das Leiden. Hier steht nur etwas von „positivem Begehren“ – aber es kann nur so sein, dass damit auch das „negative Begehren“ gemeint ist – also wenn man etwas nicht will. Beides erzeugt Leiden, das kann jeder ganz schnell feststellen, wenn er etwas im Verstand will, das er nicht bekommen kann oder etwas ablehnt, das er nicht loswerden kann. Dieses Begehren loszulassen ist positiv, da das bedeutet, dem was geschieht nicht mehr in den Weg zu treten.

Mit Loslassen dieses Begehrens ist also die hundertprozentige Akzeptanz dessen gemeint, was geschieht. Bei mir führt die Akzeptanz immer dazu, dass sich Stille und Frieden einstellen. Das nenne ich „in die Stille gehen“ und das wirkt wie ein Jungbrunnen. In Wirklichkeit gehe ich da natürlich nirgends hin, und ziehe mich auch nicht irgendwie zurück. Die Stille ist immer da – aber durch mentale Beschäftigung mit Ereignissen oder Gefühlen wird sie überdeckt. Wird stattdessen einfach alles losgelassen, dann kommt die Stille zum Vorschein und ihr Hervortreten bewirkt meist noch eine Steigerung des Loslassens – eine Art Rückkoppelung.

Allerdings gibt es auch ein Begehren, das einfach geschieht. Wenn ein Mann sich zB in eine Frau verliebt und sie begehrt, dann kann er nichts dagegen tun – das ereignet sich einfach. Wie soll er dieses Begehren loslassen? Wenn der Buddha auch diese Art von Begehren loswerden wollte, dann versuchte er, Lebensimpulse zu unterdrücken und damit wäre er disqualifiziert.

Beim weiteren Lesen fand ich noch diverse Handlungsanweisungen, die ebenfalls angeblich von Buddha stammen (rechte Lebensweise, der achtfache Pfad) – aber davon halte ich gar nichts. Das, was geschieht, geschieht und Handlungsanweisungen beziehen sich immer auf jemanden, der diese ausführen soll. Auf wen? Sollten diese Handlungsanweisungen von Buddha stammen, dann konnte er nicht wissen, dass die Dinge aus sich selbst heraus geschehen. Wie sollen denn die Schüler die Anweisungen vollziehen? Und wie fühlen sie sich, wenn sie das nicht schaffen? Vielleicht hat er ja versucht, die Menschen dahin zu bringen, aufzugeben und zusammenzubrechen – und im Zusammenbruch die Wahrheit zu finden. Das wäre dann aber gewaltig in die Hose gegangen, wenn man sich die heutigen Buddhisten ansieht.

Zur Zeit Buddhas wurden sehr wenige schriftliche Aufzeichnungen gemacht. Daher glaube ich nicht, dass es Originaltexte gibt, die Buddha selbst verfasst hat. Ich denke, der Buddha wusste ganz genau, was richtig ist – aber die Leute, denen er versuchte beizubringen, was die Wahrheit ist, mussten irgendwie angeleitet werden. Daher spekuliere ich jetzt einmal, wie es gewesen sein könnte:

Wenn er ihnen gesagt hätte: macht einfach gar nichts ihr Dummköpfe, ihr seid doch schon die Wirklichkeit! – hätte ihnen das gar nichts gebracht. Also hat er die Wahrheit mit irgendwelchen Anweisungen zu einer guten Lebensführung gemixt. Damit waren die Leute beschäftigt.

Vielleicht hat er aber auch nur die Wahrheit gesagt: lasst einfach alles los, das führt automatisch dazu, dass ihr innerlich ruhig werdet und das führt dazu, dass ihr die Wirklichkeit erkennen könnt. Das hat den Leuten nichts gebracht, daher beobachteten sie ihn. Da er aus königlichem Hause war und entsprechend erzogen und ausgebildet und darum ruhig und angemessen agierte, schlossen die Schüler vielleicht daraus, dass sie auch so werden müssten wie er, um zu seiner Erfahrung zu kommen. So entstand dann der Mythos: Du musst das tun und jenes lassen, um zur Erleuchtung zu kommen.

Wenn es einen gibt, der weiß oder behauptet zu wissen, dann ist es oft so, dass sich ein Kreis von Menschen um ihn schart. Deren Wissen ist dann nur noch sekundär. Um diese bilden sich dann jeweils wieder eigene Kreise und deren Wissen ist dann noch geringer. Irgendwann, nach hundert Jahren, schreibt dann jemand etwas davon auf und das ist dann meist total verunstaltet und hat mit der ursprünglichen Lehre nichts mehr zu tun.

Es kann sich jeder selbst überlegen, was davon wahr ist und was nicht. Ich kann nur eines sagen – obwohl ich nur sehr wenig gelesen habe, erkenne ich doch, dass diese Anweisungen lebensfeindlich sind. Sollten sie direkt von Buddha stammen, dann hat sich dieser Mensch damit disqualifiziert. Stammen sie von seinen Nachfolgern, dann konnte er die Wahrheit nicht vermitteln – was auch logisch ist, denn man kann zwar darüber sprechen aber erkennen muss jeder selbst und das kann man nicht machen – das geschieht.