Dazugehören oder nicht.

Mittagspause.

Es ist schon eigenartig – aber auch irgenwie logisch, dass sich die Staaten praktisch genauso verhalten, wie Einzelmenschen. Sie schließen Bündnisse, gehen Verträge ein, wollen nicht abseits stehen. Dabei ist dieses „Abseits stehen“ doch genau das, was einen authentischen Menschen auszeichnet. Wer immer nur in den ausgelatschten Spuren der Vorgänger wandelt, kann niemals etwas neues entdecken und ausprobieren.

Man kann das sehr schön an den aktuellen Ereignissen um Griechenland sehen. Die Griechen wollen nicht aus dem Euro heraus – entweder, weil sie Angst davor haben oder sich mehr Vorteile davon versprechen, wenn sie dabei bleiben. Dabei könnten sie ihre Unabhängigkeit gewinnen und ihre Wirtschaft wieder beleben, wenn sie sich vom westlichen Bankensystem lösen würden. Aber vielleicht wollen sie das ja gar nicht – vielleicht wollen sie lieber dazugehören und weiter kriechen…

Ich mache mit diesem Blog eine Art Experiment. Es gibt keine Möglichkeit zur aktiven Teilnahme von außerhalb und nirgendwo bin ich gelistet. Es gibt auch keine Zugriffszähler oder externe Links. Ich mache das einfach nur für mich. So kann ich alles sagen, was ich will – solange es nicht gegen geltendes Recht verstößt und ich muss mich nicht an irgendjemanden anpassen und keine Rücksichten nehmen.

Beim vorherigen Blog hatte ich eine Leserschaft von >5000 pro Tag und Werbung geschaltet. Das hat mich immer unterschwellig unter Druck gesetzt, dass ich schreiben müsse. Jetzt darf ich schreiben. So gesehen bin ich alleine und frei – das macht mir Freude, weil ich so sein kann, wie ich bin, ohne dass irgendjemand die Chance hat, mir seine Kritik oder Häme aufzudrücken. Das war früher ganz anders. Da wollte ich immer dazugehören – wenn ich mich daran erinnere, muss ich immer lächeln. Das hat sich dramatisch geändert: heute ist mir das nicht nur gleichgültig – ich will gar nicht mehr dazugehören. Ich bleibe viel lieber bei mir selbst und in Ruhe.

Dazugehören, das heißt immer auch, sich anzupassen – und wenn es auch nur ganz wenig ist. Man muss die gleiche Sprache sprechen, die Dinge ähnlich sehen, irgendwelche Formen befolgen. Das lässt mich gähnen. Ich gehe viel lieber unerkannt durch eine Menge und verschwinde wieder – und niemand hat mich bemerkt. Mein Reichtum ist nicht da draußen – ich selbst bin mein Reichtum. Und irgendwie kann ich gar nicht mehr verstehen, warum alle ihr Glück und ihre Zufriedenheit da draußen suchen – da ist doch nichts wichtiges…

Das heißt nicht, dass ich nicht mehr mit Menschen spreche – das tue ich nach wie vor gerne und es macht mir auch Freude. Aber ich tue es aus meinem inneren Freiraum heraus und zwinge mir keine falsche Rücksichtnahme auf. Das ist ein gravierender Unterschied, denn im einen Fall bin ich frei und einfach ich selbst, ohne Rücksicht auf Konvention und Moral – im anderen Fall bin ich kontextuell gebunden – und Gebundenheit ist ein Gefängnis.

Lustig – oben steht etwas von Staaten und dann kommt der Blick auf mich. So ist das ganz oft, wenn ich schreibe oder spreche – es springt und hüpft, gerade so, wie es sich zeigt. Das ist so, weil ich mir nie etwas zurecht lege, weder vor, noch während des Redens oder Schreibens. Ich lasse einfach raus, was heraus will. Wenn es ein Text für die Öffentlichkeit werden soll, dann muss ich oft die Textteile ordnen, weil sonst niemand durchblickt. Aber es steht immer schon alles drin – nur eben chaotisch.

Viele finden das anstrengend und manchmal „unmöglich“. Aber ich mag es (mittlerweile), weil es ein Merkmal dessen ist, was ich bin. Warum soll ich mich an irgendjemanden anpassen, nur weil anderen das nicht gefällt? Das wäre ja Selbstzensur…

Ich denke fast nie über etwas nach – höchstens über unwichtiges Zeug – und das wird dann sofort beendet, wenn ich es bemerke. Ich muss auch nicht über etwas nachdenken, denn wenn ich etwas wissen will, muss ich nur eine Frage stellen und warten – die Antwort zeigt sich von selbst. Es macht auch viel mehr Freude, die Dinge anzuschauen, die sich gerade zeigen, als über irgend etwas nachzudenken – denn da bewegt sich etwas, da verändert es sich, da ist es lebendig. Am liebsten sehe ich es, wenn die Sonne von hinten mit voller Kraft durch die Blätter scheint. Dieses goldgrüne Licht – wunderbar – bei diesem Anblick könnte ich sterben. Was könnte es schöneres geben?

Wenn ich es recht bedenke, bin ich so ganz anders, als alle anderen – es ist ein Wunder, dass ich überhaupt hier bin, Vielleicht wurde ich ja auf dem falschen Planeten abgesetzt… Das war ein Witz. Nichts ist falsch.

Nein – ich will nicht mehr dazugehören – nirgendwo.