Gibt es einen freien Willen?

Wenn es einen freien Willen gäbe, dann dürfte es keinerlei Zwänge im Leben eines Menschen geben. Untersuchen wir einmal, was ein Mensch überhaupt ist und wie er in die Welt kommt.

  • Eine von Milliarden Frauen auf einem bestimmten Kontinent in einem bestimmten Land, einem bestimmten Landesteil, einem bestimmten Ort, einer bestimmten Familie. Gibt es eine Auswahlmöglichkeit des zukünftigen Menschen?
  • Ein Ei in der Gebärmutter dieser Frau verschmilzt mit einer bestimmten Samenzelle – einer von Millionen anderen. Auswahlmöglichkeit?
  • Noch bevor das Kind geboren wird, trennt sich die Frau vom Samenspender (freundlicher Mann) und zieht zu einem anderen Mann (Schläger). Auswahlmöglichkeit?
  • Das Kind wird geboren und muss unter dem Schläger leiden, der jetzt mit seiner Mutter zusammen lebt. Auswahlmöglichkeit?
  • Das Kind leidet unter dem Schläger und findet einen Ausweg, indem es anfängt zu laufen, was es glücklich macht. Irgendwann lehnt es sich aber doch gegen den Schläger auf – worauf der brutalst zuschlägt und das Kind so am Kopf und Nacken verletzt, dass es eine Querschnittslähmung erleidet. Auswahlmöglichkeit?
  • Wäre die Frau beim ersten Mann geblieben, dann wäre aus dem Kind vielleicht ein begnadeter Läufer geworden. Nun muss es mit einem Leben im Rollstuhl zurecht kommen. Auswahlmöglichkeit?
  • Das Kind ist geistig und körperlich hochbegabt – aber da die Familie arm und das Kind auf den Rollstuhl angewiesen ist, kann es nur in die örtliche Volksschule gehen – wo auf die besonderen Veranlagungen des Kindes nicht eingegangen werden kann. Auswahlmöglichkeit?
  • […]

Diese Story kann man beliebig fortführen. Man wird immer zu Kreuzungen kommen, bei denen es scheinbare Wahlmöglichkeiten gibt – aber wenn man genau hinschaut, gibt gar keine Wahl. Die äußeren Zwänge sind so groß, die Genetik und die erfolgte Prägung so bestimmend, dass auf keinen Fall von einem freien Willen ausgegangen werden kann.

Hinzu kommt, dass der Körper des Menschen im Gehirn simuliert wird. Sämtliche Erfahrungen, die der Körper macht, werden über die Sinne in elektrische Impulse umgewandelt, die im Gehirn verarbeitet und mit der bestehenden Landkarte des Körpers im Gehirn kombiniert werden. Somit spielt sich das Erfahrungsleben ausschließlich im Gehirn ab.

Was außerhalb von ihm ist, kann das Gehirn gar nicht wissen – es kennt nur die elektrischen Impulse aber nicht, was da wirklich ist. Somit ist nicht einmal bekannt, ob es tatsächlich einen Körper gibt – und wie der beschaffen ist. Bekannt sind nur die elektrischen Signale und die können von überall her kommen. Mittlerweile ist es im Labor nachgewiesen, dass das Gehirn bereits 200 Millisekunden bis mehrere Sekunden bevor das Ich die Entscheidung fällt, sich auf die bevorstehende Aktion vorbereitet. Das bedeutet, dass die Ich-Entscheidung nur simuliert wird. Theoretisch könnten wir alle eine Voll-Simulation in einem Supercomputer (Traum im Bewusstsein) sein.

Angenommen, es ist so, dass es keinen freien Willen gibt – wie kann dann ein Mensch etwas anderes tun, als er tun soll und wie sein Lebensweg sich entfalten will? Er kann das allenfalls im Gehirn tun, mittels seines Verstandes. Dieser wird dann irgendwelche Gedanken erzeugen, die sich damit beschäftigen, dass er dies oder das will und jenes auf keinen Fall. Insbesondere lehnt er sich gegen alles auf, was schmerzhaft oder unkomfortabel ist. Aber hat das tatsächlich eine Wirkung? Oder ist es nur ein nebenläufiger Prozess, der zwar lästige innere Geräusche erzeugt – aber keinerlei Auswirkungen auf die Handlungen des Körpers haben?

Wenn tatsächlich ein freier Wille vorhanden ist, dann muss es möglich sein, gegen alle Widerstände, selbst im Alter von 70 oder 80 Jahren noch zum Hochleistungssportler zu werden. Natürlich mit einer anderen Leistungsfähigkeit als ein Zwanzigjähriger – aber sehr viel leistungsfähiger als die durchschnittlichen Gleichaltrigen. Wer tatsächlich glaubt, dass das möglich ist – der probiere das aus.

Ich sehe die Sache vollkommen anders. Jeder von uns erlebt einen einzigartigen Lebensweg, der sich einen Körper geschaffen hat, durch den er sich ausdrückt. Wir sind weder der Körper, noch seine Handlungen, sondern dieser Lebensweg, diese geistige Idee, die sich genau so ausdrückt, wie sie das will. Der Verstand ist ein notwendiges Werkzeug, das hin und wieder benötigt wird, um kompliziertere Aufgaben zu erledigen. Dummerweise glaubt der Verstand aber, der Besitzer und Bestimmer des Körpers und seiner Handlungen zu sein und versucht, diese zu steuern.

Das kann natürlich nicht funktionieren, denn der Verstand macht nur Geräusche aber keine Handlungen. Somit tut der Körper immer, was dem sich entfaltenden Lebensweg entspricht und wenn der Verstand sich dagegen auflehnt, dann entsteht innere Reibung und daraus Schmerzen und Leid. Das Einzige, was wirklich getan werden kann, ist, den Verstand daran zu hindern, ständig geistigen Müll zu erzeugen – ihn stillzulegen oder zu ignorieren. Aber unabhängig davon, ob der Verstand beruhigt ist oder nicht, wird sich der Lebensweg, der sich durch genau diesen Menschen originär ausdrückt, unbeeindruckt weiter entfalten.

Das Leben feiert das Leben genau so, wie es das durch diesen Körper tun will – unabhängig davon, ob der entsprechende Körper und der darin sich befindende Verstand damit einverstanden sind oder nicht. Nicht der Mensch lebt ein Leben – das Leben lebt sich selbst als dieser Mensch – es erschafft sich genau den Körper und die Umstände, die nötig sind, um genau die Erfahrungen machen zu können, die es jeweils machen will.

Wer anders denkt, verhält sich, wie ein Schwanz, der glaubt, mit dem Hund wackeln zu können. So denken nur Verstandesmenschen – aber das ist völlig verdreht und einfach nur absurd! Die Wirklichkeit ist genau anders herum, als es erscheint!

Genau dafür gibt es die Frage: „Was bin ich wirklich?

Die Antwort darauf ist weder der Körper, noch die Um-Stände. Die Antwort ist geistig und nicht greifbar. Und die Lösung besteht darin, als scheinbar unabhängiges Ich zu verschwinden und damit dem sich entfaltenden Leben aus dem Weg zu gehen und es tun zu lassen, was immer es tun will. Damit wird die innere Reibung und der daraus entstehende Schmerz eliminiert. Der Rest entfaltet sich weiter, wie gehabt – aber innen ist und bleibt es still.

Jeder hat die Wahl, zu wollen, was geschieht – oder sich dagegen aufzulehnen.
Geht er mit, ist alles gut – wehrt er sich, wird er gegen seinen Willen mitgeschleift.

DAS sind die wahren Machtverhältnisse und alles andere nur romantische Verwirrungen!