Ich habe gerade ein Video gesehen, mit dem Titel: Die Traumverbesserer.
Diese Aussagen möchte ich einmal untersuchen:
Der letzte Glaube besteht darin, an eine Fiktion zu glauben, von der Sie wissen, dass sie eine Fiktion ist, da es sonst nichts gibt. Die exquisite Wahrheit ist zu wissen, dass es eine Fiktion ist und dass Sie bereitwillig daran glauben. [Wallace Stevens]
Es ist vollkommen klar, dass dies alles ein Traum ist – aber ohne Träumer. Es ist auch vollkommen klar, dass es keine Trennung zwischen den Gestalten und zwischen „Innen“ und „Außen“ im Traum gibt. Weiterhin ist klar, dass „das Universum“ nur in dem persönlichen Traum auf genau diese Weise erscheint. Und klar ist auch, dass an dem Traum nicht direkt etwas verändert werden kann – denn es handelt sich dabei um ein ungeheuer komplexes Netzwerk gegenseitiger Abhängigkeiten.
Das Problem und die Falle besteht darin, sich zurück zu lehnen und zu sagen: „Das ist doch nur ein Traum!“ Dann mache ich nämlich gar nichts mehr und hocke nur noch auf meinem Bett in einem Keller. Das ist Nihilismus: es gibt nichts – und das führt zu Untätigkeit.
Zu glauben, dass man ein Beobachter bist, der einen Traum beobachtet – oder ein Bewusstsein, in dem das alles geschieht – ist schlicht und einfach Dualität, wie die gewöhnliche, nur aus einem unvollständigen spirituellen Blickwinkel.
„Ich habe mich erkannt, ich bin Bewusstsein, darum geht mich das alles nichts mehr an.“ Genau das ist der Neo-Advaita-Nihilismus, der zu Nichtstun und Welt-Abgeschiedenheit führt. Woher weiß ich das? Weil ich auch in diese Falle getappt bin!
Der „Wahrnehmer„, „Seher„, „Hörer“ oder auch das „Wahrnehmen„, „Sehen„, „Hören“ etc. – bzw. deren Eigenschaften, wie zB das Gefühl, der Wahrnehmer zu sein, ist auch nur eine Wahrnehmung, wie alle anderen Wahrnehmungen auch. Mit dem Unterschied, dass dieses Gefühl oder dieser Eindruck willkürlich als das genommen wird, was „ich bin„.
Anstatt also wie die 99% an das Konstrukt Ego/Person zu glauben: „ich bin Hans Wurst“ glaube ich dann plötzlich „ich bin das Bewusstsein“ oder „ich bin der Beobachter“ oder auch „Ich bin Gott„. Wo ist da der Unterschied? Das sind doch nur andere Bezeichnungen für das Gefühl „ich bin„, das nur eine Wahrnehmung ist unter Milliarden anderen selbst-kennenden Wahrnehmungs-Punkten in einer gigantischen Wolke namens „Universum“ !
Die Wahrheit ist geradezu lächerlich einfach: Es gibt weder ein andauerndes Bewusstsein, einen periodisch auftauchenden Beobachter oder eine dauerhafte Welt! Es gibt schlicht und einfach nur unendlich viele Punkte, die sich in einer Millisekunde als Punkt selbst erfahren und dann wieder verschwinden. Es gibt aber keinen Wahrnehmer, Seher, Hörer, Denker und auch keine Wahrnehmungs-Fähigkeit, Seh-Fähigkeit, Hör-Fähigkeit, Denk-Fähigkeit etc!
Denn damit da eine Wahrnehmungs-Fähigkeit ist, müsste etwas da sein, was diese Wahrnehmungs-Fähigkeit besitzt. Genau das lässt sich nicht finden – aber sehr wohl vorstellen und auf der Vorstellung basierend fühlen.
Wie? Die Vorstellung sagt: Ich bin das Gefühl „ich bin“ und da es nicht greifbar ist, muss es Bewusstsein sein – und zwar ein ewiges Hintergrund- oder Behälter-Bewusstsein, in dem das alles geschieht. Ah, ewig – ich bin unsterblich! Wie geil ist das denn! Und schon sitzt man in der Falle!
Und wenn man einmal da drin sitzt, fängt man an das immer weiter aufzublasen: Bewusstsein, universelles Bewusstsein, Gott/Brahman, Über-Gott/Para-Brahman etc. pp. Mit anderen Worten: Das nur konzeptuell vorhandene „Ich“ bläst sich immer weiter auf. Die ganze „Götter-“ oder „Bewusstseins-Kette“ des Advaita basiert auf Ich-Inflation!
Derjenige, der vorher glaubte, ein Ego zu sein, glaubt jetzt daran, Bewusstsein zu sein – und so weiter. Warum sollte das etwas ändern – außer dass sich der Begriff ändert? Schon alleine der Satz: „Ich bin Bewusstsein“ sagt doch schon alles aus! Das ist nur eine neue Vorstellung, kaum weniger falsch als „ich bin Hans Wurst„.
Wann immer in irgendeiner Form an ein „Ich“ geglaubt wird, also an etwas, das mit dem Satz „Ich bin X“ ausgedrückt werden kann, dann bedeutet das in letzter Konsequenz: „Ich bin Ignoranz„. Es gibt kein Ich, das ignorant sein kann – es gibt nur manifeste Ignoranz, die „ich“ sagt.
Nisargadatta Maharaj sagte das sehr deutlich:
Bevor dieses Wissen „ich bin“ da war,
DAS ist der reale Zustand.
Komme zu dem Schluss,
dass du NICHT das Bewusstsein bist.
Aus dieser Falle kann man aber wieder heraus kommen, wenn man das will! Denn, wenn man genau und tief schaut (Vipassana, Energiewahrnehmung), sieht man, dass das Gefühl „ich bin“ – oder auch das Gefühl der Präsenz – extrem schnell vibriert, das heißt fluktuiert, was bedeutet: es erscheint und verschwindet ununterbrochen – ALS jeder Erfahrungs-Punkt. Das ist Anatta (Anatman, Nicht-Selbst, Kein-Selbst) und das kann nicht erworben werden, das ist immer so. Wasser ist immer nass.
Wenn daher einer herausfindet, was er wirklich ist, findet er heraus, dass er es nicht weiß – weil er sich nicht finden kann. Das herauszufinden bedeutet, nicht mehr zu wissen was und wo „man“ eigentlich ist, denn es wird dann nur noch eine ungeheure Masse an vibrierenden und leuchtenden Punkten gewahrt – bzw. relativ gesehen: Bilder, Töne, Gerüche, Geschmack etc. aber kein „Ich„, „das bin ich„, „das fühlt sich an wie ich“ oder „das ist mein Körper“ mehr. Dieses „das bin ich“ löst sich in der schieren Masse an Sensationen komplett auf.
Das bedeutet dann aber nicht, dass nichts mehr getan wird – jetzt passiert nämlich folgendes: Wenn alle abgrenzenden Vorstellungen und die inneren verbalen Kämpfe zwischen verschiedenen „Stimmen“ weggefallen sind, auch die hemmende Vorstellung „ich bin Bewusstsein und erlebe einen Traum„, dann kommt die Persönlichkeit plötzlich viel stärker heraus, bekommt mehr Power, wird eventuell auch aggressiver, nicht in dem Sinn „Angriff“ oder „Krieg„, sondern in dem Sinn Klarheit und Klar-Stellung.
Mit anderen Worten: Jetzt wird der Kanal zunehmend zu dem, für was er gedacht ist. Kein „Heiliger„, der sanft lächelnd die Schäfchen lehrt, auch zu Schäfchen zu werden, oder zu „nichts tuenden Träumern„, sondern „ein Mann„, der, wenn es sein muss, die Geldwechsler mit der Peitsche aus dem Tempel treibt – aber ohne das zu wollen oder zu planen – das passiert dann einfach spontan im Moment.
Das ist das genaue Gegenteil von „Ich bin das Bewusstsein und erlebe einen Traum„. Das ist viel mehr: ICH BIN DER TRAUM – jedes einzelne Bit davon. Buddha-Mind IST die (virtuellen) Berge, Täler, Flüsse, Wesen. Aber natürlich nicht in dem Sinn von ewig, unendlich und unzerstörbar, weil der Traum in einem rasend schnellen Rhythmus erzeugt und wieder zurück gezogen wird. Als das gesehen wurde, ergab sich eine ungefähre Frequenz von 12 KHz (12000 mal pro Sekunde). Mehr gab das Auflösungsvermögen nicht her.
Dogen sagt es so:
Buddha-Mind ist Haut, Fleisch, Knochen und Knochenmark. Der Mind nimmt eine Blume auf und lächelt. Verständig sein und unverständig sein ist der Mind. Blau, gelb, rot und weiß sind Mind. Lang, kurz, quadratisch und rund sind Mind. Das Kommen und Gehen von Geburt und Tod sind Mind. Jahr, Monat, Tag und Stunde sind der Mind. Das Kommen und Gehen von Geburt und Tod sind der Mind. Wasser, Schaum, Spritzer und Flammen sind der Mind. Frühlingsblumen und Herbstmond sind der Mind. Alle Dinge, die entstehen und vergehen, sind der Mind.
Das sollte es endgültig klar gemacht haben…und damit sollte auch klar sein, dass das kein dumpfer, unwichtiger Traum ist, den „ein Bewusstsein“ oder „ein Beobachter“ so nebenbei und unbeeindruckt wahrnimmt und darauf wartet, dass er endet.
BUDDHA-MIND IST LEBENDIGES LEBEN!