Selbst und Nicht-Selbst

Es gibt über alle Traditionen hinweg viele unterschiedliche Sichtweisen und Dispute bezüglich des sogenannten „Selbst“ und des „Nicht-Selbst„. Das beruht einfach darauf, dass die Natur des Absoluten und des „Selbst“ nicht „wissbar“ ist – was natürlich automatisch zu massenhaften Spekulationen führt.

Nicht-Selbst“ ist die eindeutig feststellbare Abwesenheit eines „persönlichen Selbst“ also „ich selbst“ – was aber nicht bedeutet, dass nichts da ist oder etwas fehlt – außer dem mentalen Konstrukt (Worte, Vorstellung, Gefühl) „ich selbst„. Für jemanden, der sich als „ich selbst“ versteht und erfährt, ist das aber nicht akzeptierbar oder auch nur verständlich.

Dieses Dilemma sollte aber lösbar sein, – wenn man sich nur vollständig klar macht, dass es nur EINE REALITÄT gibt (ein nicht-dinghaftes „Ding„) – was sich in sich selbst in Form erfahrbarer „Gegenstände“ manifestiert. Das Belebende und Erfahrende, das sich durch alle diese „Gegenstände“ hindurch zieht, IST DIESE EINE REALITÄT.

Wir haben also eine Vielheit von erscheinenden Gegenständen, die aber nur aus EINEM „was auch immer“ hervor kommt und wieder darin verschwindet. Daher kann man alle diese „Gegenstände“ als „Zellen“ in einem „Körper“ namens „Universum“ betrachten – und dieses wiederum als eine „Zelle“ im „Multiversum„.

Wenn man nun dieses „was auch immer“ mit den aufpoppenden Gegenständen gleich setzt, ohne sich in irgendwelchen Begriffen oder „Aggregatszuständen“ zu ergehen (Präsenz, Quelle, Absolutes, Leere, Nichts, Vibration, Licht, subtil, grob, mentale Konstruktionen etc.), dann kann man einfach „hemdsärmelig“ sagen, dass dieses ominöse „was auch immer“ genau DAS ist, was sich vor unseren Nasen befindet (inklusive des Körpers, an dem die Nase sitzt). Die Gesamtheit der Manifestation in all ihren Dimensionen und Ausprägungen – muss als EIN KÖRPER aus unendlich vielen (nicht-materiellen) Zellen verstanden werden.

Es wäre dann problemlos möglich zu verstehen, dass DAS jeder Körper ist, inklusive Bewegungen und Umgebung:

  • DAS, als Körper atmet DAS in Form von Luft,
  • DAS erzeugt auch das Ich-Gefühl (Ego) und alle Vorstellungen,
  • benutzt DAS in Form von Werkzeugen,
  • baut DAS an, in Form von Pflanzen,
  • die auf DEM wachsen, in Form des Planeten,
  • isst DAS in Form von Nahrung,
  • scheidet DAS in Form von Exkrementen aus,
  • liebt DAS in Form eines anderen Menschen,
  • zeugt mit ihm DAS in Form eines Babys,
  • schreibt auf DEM in Form der Tastatur,
  • liest DAS in Form eines Textes auf einem Bildschirm,
  • liegt am Ende in DEM in Form eines Sarges,
  • vergeht zu DEM in Form von Humus.

Das kann beliebig weit getrieben werden. Wenn das so ausgedrückt wird, gibt es absolut keinen Zweifel daran, dass es keine autonomen Entitäten gibt – sondern nur DAS, was auch immer DAS ist. Aber DAS verwechselt sich offensichtlich absichtlich mit dem Gegenstand, durch den es die Gesamtheit aus diesem punktuellen Blickwinkel beobachtet – es verwechselt sich mit der Brille oder dem Fernglas – mit dem Werkzeug des Sehens.

Wenn das so gesehen werden kann, gibt es kein „Transzendentes“ und auch kein „Persönliches“ – sondern einfach nur die Realität, ohne einen Unterschied zu machen, zwischen nicht-manifest und manifest und zwischen beliebigen „Aggregatszuständen„. Die Gesamtheit – ALLES und NICHTS – IST DAS.

Dann kann man einfach sagen, dass Leben „lebt„, Natur „naturt“ oder die Präsenz „präsenzt“ – ohne sich festzulegen, was das eigentlich ist, was da „naturt„. Damit sind sämtliche Unklarheiten in die Tonne getreten – und dann bleibt nur noch, ein stilles und friedliches Zuschauen, wie es „naturt“ und „präsenzt“ – bis an diesem Punkt das Zuschauen kollabiert, was gemeinhin „Tod“ genannt wird.

Interessanterweise ist das keineswegs langweilig, sondern höchst unterhaltsam, denn bei genauem Hinsehen wird erkannt, dass kein einziger Moment jemals gleich einem anderen ist. Sowohl der Körper, als auch die Psyche und die Umgebung wandeln sich ununterbrochen. Ein kluger Mensch namens Heraklit, nannte das einst „Panta Rhei“ – was bedeutet: „Niemand kann zweimal in den gleichen Fluss steigen„. Man kann das als einen Wasser-Fluss verstehen – ich sehe das aber als einen Bewusstseins-Fluss.

Man könnte das auch eine lebendige Präsenz nennen, die sich selbst unaufhörlich Objekte präsentiert/präsenzt und sich absichtlich darin verliert.

Ein Problem kommt nur dann auf, wenn man auf der mentalen Ebene verschiedene, getrennte Schichten konstruiert – zB „ich und du„, „Gott und Seelen„, „Seele und Mensch“ oder „Schöpfer und Erschaffenes„.

Wenn man dieses untrennbare Gemenge aber als EINES ohne ein Zweites sehen kann – dann kann es keinen Fehler oder Irrtum mehr geben. Selbst dann, wenn man annimmt, dass es so etwas wie „individuelle Seelen“ gibt, muss man davon ausgehen, dass auch diese „Seelen“ untrennbarer Bestandteil des gesamten Gemenges sind – das sich immer vollständig um sich selbst kümmert. Jede Vorstellung einer Anstrengung oder Leistung seitens einer getrennten Entität/Person, kann nur auf einer gedachten Trennung basieren.

Natürlich passiert Anstrengung, Leistung – und Faulheit, das kann ja ganz einfach festgestellt werden – aber doch nicht als „individuelle Leistung einer getrennten Entität“, sondern als individualisierter Ausdruck des Ganzen an diesem Punkt. Das Universum, als Ganzes betrachtet, „sternt„, „planetet„, „pflanzelt„, „tiert“ und „menschelt“ an unendlich vielen Koordinaten-Punkten des Universums-Körpers gleichzeitig.

Wer ernsthaft behauptet, dass es individuelle Anstrengung von getrennten Menschen gibt, der muss das auch jeder einzelnen Zelle seines Körpers zugestehen – und deren Molekülen, Atomen und Quanten. Gleiches gilt natürlich dann auch für jedes Lebewesen, Pflanze, Bakterium und alle Staubpartikel im Weltall, bis hin zu den massereichsten Sternen.

Wenn der Mensch unabhängig handelt, dann tun das auch diese Einheiten – wo wäre andernfalls die Grenze von „individueller Leistung„? Glaubt wirklich jemand, dass ein mit Knochen gespickter Fleischklops von 75 Kilogramm intelligenter ist, als die Sonne, der Saturn oder gar das Universum? Ach, die haben kein Gehirn? Sitzt denn Intelligenz im Gehirn? Oder ist es nicht eher umgekehrt?

Ich sehe hier vielmehr ein extrem dichtes Netz gegenseitiger Abhängigkeiten, aus dem alles emaniert – wie man es zB bei einer Computer-Simulation erwarten würde – bei der jedes Datenbit im Simulationsprozess von allen anderen Datenbits beeinflusst wird. In so einem Prozess kann man jeden Prozess-Schritt zurück verfolgen und ganz genau feststellen wann welche Speicherzelle welchen Wert erreichte und warum. Genauso sehe ich das Leben.


Das hier Beschriebene ist beileibe keine dümmliche Esoterik, sondern mittlerweile bereits in der modernen Physik akzeptierte Realität. Dort wird das u.a. „Quantenschaum“ und „nichtlokale Quantenfluktuationen“ genannt. Es gibt für die moderne Physik keine festen Dinge mehr, sondern mehr einen leeren Raum, in dem energetische „Strings“ ultraschnell schwingen. Diese hochfrequenten Vibrationen im leeren Raum bilden die Basis der scheinbar festen Realität. Mit einem scharfen inneren Fühlvermögen, kann man diese vibrierende Grundstruktur hören, sehen und fühlen.