Heute Nacht lag ich wieder längere Zeit wach. Gleichzeitig waren die inneren Lichtphänomene stärker als sonst wahrnehmbar. Es blitzt und für jeweils einen winzigen Moment ist dann ein Meer von Lichtfäden zu erkennen. Da das an „verschiedenen Stellen“ gleichzeitig geschieht, ist es nicht so leicht zu beobachten. Es scheint auch so zu sein, dass man es sehen wollen muss, um es sehen zu können. Also erst muss der Wunsch oder Wille da sein, dann kommt das Sehen von selbst – wenn die nötige Sensibilität vorhanden ist.
Eine erneute Zusendung:
Ein junger Mann suchte einen Zen-Meister auf: «Meister, wie lange wird es dauern, bis ich Befreiung erlangt habe?» «Vielleicht zehn Jahre», entgegnete der Meister. «Und wenn ich mich besonders anstrenge, wie lange dauert es dann?», fragte der Schüler. «In dem Fall kann es zwanzig Jahre dauern», erwiderte der Meister. «Ich nehme aber wirklich jede Härte auf mich. Ich will so schnell wie möglich ans Ziel gelangen», beteuerte der Mann. «Dann», erwiderte der Meister, «kann es bis zu vierzig Jahre dauern».
Was sagt uns das? Anstrengung und zwanghaftes Wollen ist das Gegenteil von Entspannung, Einsinken und SEIN lassen. Letzteres ist exakt das, was nötig ist, um das innerste, unsichtbare, ungreifbare, feinste und zarteste zum Vorschein zu bringen. Es braucht keine temporäre Meditation, sondern ein ununterbrochenes Entfernen der subjekthaften, objekthaften, gedanklichen, emotionalen und sonstigen Bewegungen – oder ein Darüberhinwegsehen – um den stillen, unbewegten, zeitlosen Urgrund bewusst zu erfahren. Der Bewusstseinsfokus muss auf den Urgrund (Subjektivität, Stille, leeres Bewusstsein) gerichtet werden.
Tatsächlich ist es so, dass jeder ihn ununterbrochen erfährt, denn ohne den Urgrund gäbe es gar nichts. Er wird aber von den meisten Menschen nicht bewusst erfahren und das ist der Knackpunkt! Denn das, was man nicht bewusst erfährt, in dem oder als das kann man auch nicht bewusst ruhen. Das ist tatsächlich alles, um was es geht: Das leere Bewusstsein voll bewusst als ICH SELBST zu erfahren und ständig darin zu ruhen. Der Rest folgt von selbst.
Das gilt auch für die vertieften Einsichten und Einblicke. Je tiefer und je länger einer im Urgrund einsinkt und verweilt, umso mehr Einsichten und Einblicke erscheinen. Es ist also nicht so, dass man sich hier irgendwie bemühen müsste – im Gegenteil – je mehr versucht wird, zu sehen oder zu wissen, umso weniger kommt hoch. Interesse muss da sein und der Wille, zu sehen, was ist – aber das SEHEN und WISSEN IST und kann nicht gemacht werden.
Der Sucher, also „du„, und alle „deine“ Versuche, müssen aus dem Weg gehen oder verschwinden, damit das Gesuchte sichtbar wird. Noch klarer: Der Glaube, ein Jemand zu sein, der will, sucht und tut, muss verschwinden, damit sichtbar wird, dass alles bereits da und vollkommen perfekt ist. Die Hingabe, das Einsinken, das SEIN lassen – sind Synonyme für „aus dem Weg zu gehen„.
Das Gesagte gilt nicht etwa nur für den Zugang zum Urgrund, in dem ohnehin jeder IST – sondern auch für das relative Leben. Wer im relativen Leben versucht, „richtig„, „anders“ oder „individueller“ zu leben, verhindert damit zuverlässig den bewussten Zugang zum Urgrund.
Warum? Weil er damit den Glauben, ein Jemand zu sein, ständig anfacht und am Leben hält. Und ein Jemand kann niemals zum Urgrund werden – sondern der Urgrund muss erkennen, dass er kein Jemand ist und dass der Jemand nur eine Fiktion ist, die in ihm erscheint. Wie soll er das aber können, wenn er auf der anderen Seite den Glauben an den fiktiven Jemand ständig wieder neu belebt? Der Jemand muss verschwinden – am besten endgültig!
Das bedeutet aber auch, dass das, was hier beschrieben ist, sich nicht an einen Jemand wendet – sondern an das, in dem der Jemand erscheint und das, weil es sich nicht bewusst erfährt, glaubt, ein Jemand zu sein.