In den letzten Tagen hatte ich mit jemanden aus der Verwandtschaft zu tun, dem bei einer Augenoperation die Linse eines Auges entnommen wurde. Ich kenne diese Person als sehr nüchtern, klar denkend und sehr fest in der Realität dieser Welt verankert. Die Person erzählte, dass sie plötzlich „kleine Wesen“ gesehen hätte und ein „Auge„, das gekommen sei, um das defekte Auge zu reparieren. Die Person sprach mit diesen Wesen und „drückte“ sie, „nahm sie in den Arm“ und „beschützte sie„.
Das geschah allerdings erst dann, nachdem die Person über mehrere Tage und Wochen dachte, dass sie wahnsinnig würde. Irgendwann kapitulierte sie dann, dachte, dass es ohnehin egal sei und nahm die Wahrnehmungen so an, wie sie nun mal da waren. Ab diesem Moment begann die Kommunikation mit den Wahrnehmungen. Natürlich hat niemand aus der Umgebung die Erklärungen der Person ernst genommen und ihr keinen Glauben geschenkt. Sie dachten alle, dass die Person, aufgrund des Alters und der vorangegangenen Behandlungen und der Medikation, etwas verwirrt sei.
Dem war aber nicht so. Ich habe mir alles erzählen lassen und aufmerksam zugehört und Zwischenfragen gestellt. Es verhält sich eindeutig so: Aufgrund der nicht mehr vorhandenen Linse, wird die in der Realität vorhandene Lichtstrahlung nicht mehr auf der Netzhaut gebündelt und so erhalten die Photorezeptoren der Netzhaut „krumme“ und unvollständige Signale, die an den visuellen Kortex weitergeleitet werden.
Dieser kann mit den „krummen“ Signalen nichts anfangen und interpretiert die Signale so, als wären da „kleine Nagetiere„, „kriechende oder fliegende Insekten„, Scharen von „bunt angezogenen Kleinkindern“ oder Gestalten aus kindlichen Phantasien, wie Feen, Elfen oder Zwerge. Ab dem Moment der Annahme und des Glaubens an die Existenz dieser Wesen, kann dann eine Kommunikation beginnen, denn sie sind genauso wirklich, wie „unser Körper“ oder „unsere Umwelt“ und die darin vorkommenden „anderen Körper“ – nämlich eine reine, vom Gehirn erzeugte Fiktion.
Interessanterweise war die Person schon selbst auf diese Idee gekommen, denn wenn da irgendwelche Wesen sind, die nicht von anderen gesehen werden können und die nicht in die allgemein akzeptierte Beschreibung der Umwelt passen – und wenn das Gehirn eindeutig normal arbeitet, scharf denken kann und keine Ausfälle aufweist – dann muss sowohl die abweichende Erfahrung der Welt, als auch die allgemein akzeptierte Erfahrung der Welt, eine reine Konstruktion des Gehirns sein. Das wurde unter anderem dadurch klar, dass die Wesen sofort verschwanden, wenn das defekte Auge abgedeckt wurde.
Ich war total verblüfft, dass die Person, angesichts ihres mir bekannten Starrsinns und ihres Alters, diesen Schwenk hatte vollziehen können. Und so konnten wir uns beinahe auf Augenhöhe unterhalten. Für mich war das sehr lehrreich, weil es mir zeigte, dass Menschen vom Leben selbst in eine Lage gebracht werden können, in der echte Erkenntnis statt finden kann – obwohl meine Versuche, vor etwa zwei Jahren, dieser Person einige Einblicke in die Welt zu geben, so wie ich sie sehe, auf vehementen Widerstand stießen.
Nun konnte diese Person aus eigener Anschauung sehen, dass die von uns erfahrene Welt eindeutig im Gehirn konstruiert wird und wir faktisch nicht wissen, wie sie wirklich ist und was „da draußen“ wirklich ist. Alles, was wir wissen, ist nur das, was uns über die Signale, gesagt wurde – aber nicht das, was sie wirklich sind – nämlich vom aktiven Teil des Bewusstseins erzeugte Energiemuster.
Ich gehe jede Wette ein, dass die Irrenhäuser voll sind von Menschen, die Dinge sehen, welche nicht zum allgemeinen Erklärungsmodell der Umwelt passen – und daher einfach weggesperrt werden. Dabei könnten wir von diesen Menschen lernen, wie man die Welt wirklich sieht – aber genau das scheinen wir nicht zu wollen.
Um das zu erkennen, muss man nur Kleinkinder betrachten, wie sie angestrengt in eine Ecke oder an die Decke eines Zimmers schauen. Wenn man sie dann befragt, was sie da sehen, werden sie vielleicht sagen: die „Biene Maya“ oder die „gute Fee„. Das tun sie aber nur solange, wie wir ihnen das nicht ausreden oder ihnen immer wieder zeigen, dass wir nicht sehen, was sie sehen.
Denn die Kinder wissen instinktiv, dass sie sich so verhalten müssen, dass sie uns gefallen und verlernen daher das Sehen dieser Wesen sehr schnell – weil sie ja nicht real sein können, wenn die Großen sie nicht sehen – die Großen, die scheinbar alles wissen. Sie erkennen nicht, dass die vermeintlich „Großen, Allwissenden“ die Verwirrten sind – und sie selbst, die „unwissenden, kleinen Kinder„, die klar Sehenden.
Tatsächlich sind das, was die Kinder sehen, real existierende Energiemuster, die aber keine Entsprechung in den gesellschaftlich akzeptierten Erklärungs-Modellen haben – und so werden sie in der Erwachsenenwelt vollständig ausgeblendet. Das führt dazu, dass die Erwachsenen nur noch die paar dürftigen Wahrnehmungen machen, die mit diesen Erklärungen korrelieren. Alles andere wird vom Gehirn als ungültig ausgefiltert – und zwar noch bevor sie bewusst registriert werden können.
Kinder können diese Diskrepanz nicht erkennen, weil sie noch nicht in der Lage sind, scharf zu denken. Manche Erwachsene können zwar scharf denken – aber ihre Wahrnehmungs-Filter verhindern, dass sie alles sehen, was es zu sehen gibt und damit bleiben sie in den Grenzen ihrer armseligen Wahrnehmung gefangen.
Ich weiß aus eigener Anschauung, dass die eigentliche Realität aus blitzenden, blinkenden, strahlenden Energiefäden besteht, die chaotisch durcheinander schießen und oszillieren. Es kommt zwar nicht oft vor, dass diese Ebene in Erscheinung tritt – meistens im Halbschlaf – aber ich kenne sie und weiß darum. Ich weiß von einem Menschen, der diese Wahrnehmung ununterbrochen macht – aber hier ist das bislang nicht so.
Nachtrag: Ramana Maharshi zur Wahrnehmung der Welt:
Unsere gegenwärtige Welt ist nicht real. Jeder sieht eine andere imaginäre Welt entsprechend seiner Vorstellung, also wo ist die Garantie, dass die neue Welt real sein wird? Der „Jiva“ [die individuelle Person], die „Welt“ und „Gott„, all dies sind relative Ideen. Solange es den individuellen Sinn von „Ich“ gibt, sind diese drei auch da.
Aus diesem individuellen Gefühl von „Ich„, aus dem Verstand (Mind), sind diese drei entstanden. Wenn du den Verstand stoppst, werden die drei verschwinden, nur das formlose Brahman allein wird bleiben, so wie es immer da ist, auch jetzt. Wir sehen Dinge/Objekte wegen eines Fehlers. Diese Fehlwahrnehmung wird berichtigt, indem man die wahre Natur des „Jiva“ (Individuum) erforscht.
Selbst wenn der Jiva in das Supramental eintritt, wird der individuelle Sinn von „Ich“ im Verstand/Mind erhalten bleiben. Nachdem der Verstand/Mind aufgegeben wurde, bleibt nichts anderes mehr übrig als das formlose Brahman. Ob diese Welt wirklich oder unwirklich ist, Bewusstsein oder Trägheit, ein Ort der Glückseligkeit oder ein Ort des Elends, alle diese Zustände entstehen im Zustand der Ignoranz/Unwissenheit. Sie sind nicht nützlich nach der Realisierung.
Der Zustand von Atmanishta [im Selbst fixiert sein], ohne das individuelle Gefühl von „Ich„, ist der höchste Zustand. In diesem Zustand ist kein Raum zum Nachdenken über Objekte, noch für dieses Gefühl des individuellen Seins. Es gibt keinen Zweifel in diesem natürlichen Zustand des Seins-Bewusstseins-Glückseligkeit. (Sat-Chit-Ananda)
Solange es die Wahrnehmung von Name und Form in sich selbst gibt, wird „Gott“ mit der Form erscheinen, aber wenn das Sehen der formlosen Realität erreicht ist, wird es keine Modifikationen des Sehers, des Sehens und des Gesehenen mehr geben. Diese Sicht (Wahrnehmung) ist die Natur des Bewusstseins selbst, nicht-dual und ungeteilt. Es ist grenzenlos, unendlich und perfekt.
Wenn der individuelle Sinn für „Ich“ im Körper entsteht, wird die Welt gesehen. Wenn dieser Sinn nicht vorhanden ist, wer wird dann die Welt sehen? [Quelle]
Auch hier wird eindeutig klargestellt, dass das non-duale Bewusstsein kein Ding und nichts Erreichbares ist – sondern ein Prozess des Sehens, der Wahrnehmung. Alles, was erscheint, erscheint in der ewig präsenten Wahrnehmung und ist nicht getrennt davon. Daher gibt es weder Seher, noch Gesehenes – sondern nur das SEHEN selbst.
Das Sein ist ein in sich und aus sich selbst entstehender Prozess. Bewegung, die in Stille, in Ruhe erscheint und wieder verschwindet. Daher ist Stille und Ruhe der natürliche Zustand – nicht Tätigkeit oder Bewegung. Tätigkeit und Bewegung erscheinen in Stille und sind daher relativ zu Stille. Stille ist absolut.