Es gibt nur eine Identität, von der alle anderen nur abgeleitet sind. Diese Ur-Identität ist der Lebensstrom an sich – oder das universelle Bewusstsein oder die Weite oder…
Wenn sich eine Gestalt anschaut und „ich“ fühlt, dann fühlt diese Gestalt das „Ich“ des Lebensstroms – garniert mit irgendwelchen Eigenschaften, die dieser Gestalt zugehörig sind. Also könnte man sagen, dass diese Gestalt tatsächlich „ich“ ist – weil sie vom Lebensstrom erzeugt wird. Aber sie hat keine getrennte Identität – nur in der Vorstellung.
Diese Vorstellung, eine getrennte Identität zu haben, schiebt sich zwischen das Geschehen des Lebensstromes und den Lebensstrom An sich. Natürlich fühlt jeder „ich“ – aber diesem „Ich“ sind keine Eigenschaften anhängig. Der Lebensstrom selbst ist die Grundlage dieses „ich„-Gefühles – weil es nur dieses ich gibt. Aber selbst diese Vorstellungen, was dieses „ich“ ist, dass es diese Gestalt ist, die einen Namen hat und irgendwo wohnt, sind nur Teil des Lebensstromes – sie sind da oder nicht und das macht letztlich keinen Unterschied – solange keiner da ist, der diese Vorstellungen als sich zugehörig betrachtet.
Interessanterweise kann man beide Positionen gleichzeitig einnehmen. Aus der persönlichen Sicht, erscheint es kurios, dass „ich“ (der Körper, das Ego) nicht „ich“ sein soll – weil das doch auch Teil von „ich“ ist. Tritt man einen Schritt zurück, dann sieht man, dass „ich“ nicht die Person und der Körper ist, sondern der momentane Augenblick, also das Gesamtgeschehen, in dem auch das Person-Sein erscheint.
Person existiert und Gesamtgeschehen existiert und beide sind nicht voneinander getrennt und „ich“ bin beides. Wird aber die Existenz auf das Person-Sein reduziert und der Rest des Gesamtgeschehens als „der Person geschehend“ gesehen, dann ist da Trennung. Und in dieser Trennung, wird die Person automatisch versuchen, am Gesamtgeschehen herumzubasteln – und nennt das „persönliches Handeln„. Das mag sogar funktionieren – aber nur dann, wenn der eingebildete Handelnde genau das will, was gerade geschieht. Sobald aber das Gegenteil davon geschieht – geht das Geheule los.
Was ist die Lösung davon? Sich einen Schritt nach hinten zu begeben und alles gleichzeitig anzuschauen und zu sein. Vorstellung (Denken) von Trennung ist Trennung. ALLES was JETZT da ist, ist faktische Realität. Dieser Körper wird als „mein Körper“ gesehen aber „mein“ ist nicht getrennt vom Gesamtgeschehen. Ich bin das Gesamtgeschehen – und das ist immer ein ablaufender Prozess, der aus mir, in mir abläuft. Ich bin das, was erscheint, das, in dem es erscheint und das, was beides gewahrt – also ALLES. So fühlt sich das momentan an.
Das alles ist nach wie vor eine Lebens-Reise und es ist auch noch jemand da, der diese Reise erlebt – aber zunehmend wird derjenige als Teil des Gesamten erlebt. Das ist alles noch halbgar, weil ich deutlich fühle, dass sich da noch etwas zusammenbraut. Aber ich muss es trotzdem aufschreiben, einfach deshalb, um es loszuwerden.
Nachtrag 1: Das Gewahrsein ist eigentlich das Gewahren selbst – also gewahrendes Sein, das gewahrt, dass es existiert und dass da etwas ist oder auch nicht. Dieses Sein ist bewusstes Sein, Bewusst-Sein. Bewusst-Sein ist die Basis, Bewusstseins-Inhalt ihre Aktivität und gewahren das Erkennen der Aktivität und der eigenen Existenz. Mehr gibt es nicht.
Nachtrag 2: Das, was passiert – der Wille des Lebens – passiert ohne und mit „meiner“ Zustimmung. Der einzige Unterschied, ist, dass es ohne „meine“ Zustimmung zu Leiden kommt. Daher macht es durchaus Sinn, auf jegliches Wollen zu verzichten – was ohnehin passiert, wenn die Identifizierung dahin schwindet. Ja, da ist eine Person – aber nur dann, wenn darüber nachgedacht wird. Ohne zu denken ist da einfach nur der Moment und alles, was darin aufscheint.
Und da es keine Mühe macht, die geistige Klappe zu halten – weil das der Normalzustand meines Verstandes ist – ist fast nie eine Person da. Ich bin auch die Welt – aber auch sie erscheint, wie sie ist. Und solange ich nicht den Verstand anwerfe, gibt es an ihr nichts auszusetzen. Aber wenn der Verstand startet, weil ich mich an irgend etwas störe – dann kann ich mir etwas anhören. Glücklicherweise bin ich Herr über den Aus-Schalter. Stille.
Ich empfinde das als eine echte Gnade, wenn ich mit ansehen muss, wie manche Menschen trauern. Aber auch Trauer ist nur ein gedanklich-emotionales Geschehen. Man mag jemanden, der stirbt, jetzt fehlt er einem. Denkt man nicht darüber nach, vergisst man das recht schnell. Da aber der Verstand bei normalen Menschen immer etwas sucht, an dem er haften kann, wird dieser Vorfall weidlich ausgenutzt, um im Zusammenwirken mit den Emotionen ein sich gegenseitig aufschaukelndes Gedanken-Emotionen-Gemisch zu produzieren, das so schnell nicht wieder stoppt.
Wenn ich dann sage, dass ich nicht trauere, halten mich die anderen für kalt – das ist aber nicht der Fall. Bei mir kommt auch Weinen vor – aber das dauert nie ewig, sondern nur solange, wie der entsprechende Reiz da ist. Ist er weg, wird er nicht mehr vom Verstand getriggert und damit erfolgt auch kein Weinen mehr. Ich kenne das von früher ganz anders – da kam es über lange Zeiträume zu ständigen Wiederholungen des Schmerzes, zum Beispiel bei Liebeskummer. Diese Mechanik wird genau dann durchbrochen, wenn ein dauerhafter Halt im Moment beziehungsweise im Bewusstsein aufscheint. Ab da hat der Verstand verloren! So kenne ich das.
Der Verstand ist der Schwanz, der mit dem Hund wedelt. Das ist dann der Fall, wenn der Schwanz sich im Boden festkrallt und der Hund in der Luft schwebt. Sobald aber der Hund entdeckt, dass ER es ist, an dem der Schwanz hängt und nicht umgekehrt, erdet er sich und bleibt mit dem Erdboden verbunden. Ab diesem Moment verliert der Schwanz den Halt und hängt frei in der Luft. Ab jetzt wackelt der Schwanz nur noch dann, wenn der Hund das will.
Genauso ist es mit dem Bewusst-Sein und dem Verstand. Der Herr, das Bewusst-Sein, muss erkennen, wer er ist und dauerhaft an sich festhalten – DA SEIN – dann ist der Verstand nur noch ein willentlich benutztes Werkzeug. Das ist das Ziel von Maharshis Frage: „Wer bin ich?“ Diese Frage funktioniert aber leider nur dann, wenn schon ein Erwachens-Erlebnis stattgefunden hat. Ein Normalmensch kann sich das tausend Jahre lang fragen und wird nichts erreichen. Diese Aktion darf eben nicht mental sein – aber ohne ein erwachtes Bewusst-Sein hat ein Mensch nur das Mentale – er ist darin eingesperrt.