Individuum

Ich komme immer mehr dahin, zu erkennen, dass das Advaita, wie es heute verstanden wird, einen massiven Fehler in sich trägt. Entweder ist das Ganze nur eine reine Gehirnakrobatik – also Philosophie – oder es basiert tatsächlich auf Erfahrung aber dann muss der ursprünglich Erfahrende total an sich selbst vorbei geschaut haben! Fakt ist, dass etwas existiert, was wahrnimmt – seine eigene Existenz und die Existenz und Ausgestaltung diverser Objekte. Daran kommt kein lebendes Wesen vorbei.

Wie kommen die Advaitisten dann dazu, zu sagen, das „nichts existiert“ und/oder dass „niemand da ist„? Das ist doch ganz offensichtlich absoluter Nonsens! Da ist etwas und das, was da ist, ist in keiner Weise von seiner eigenen Existenz und der aller anderen Objekte getrennt. Das was da ist, ist immer die Gesamtheit dessen, was gewahrt wird!

Man könnte sich jetzt darüber streiten, ob man dieses Gefühl und die Erfahrung, zu existieren „Ich“ nennt oder „ICH„, „SEIN“ oder „GOTT„. Tatsache ist aber, dass da etwas ist und das, was da ist – egal, wie man es nennt – ist immer die Gesamtheit dessen, was da ist und keinesfalls nur eine Auswahl davon. Warum sagt dann jeder Advaitist: „Da ist niemand?

Haben die kein Gefühl und keine Intelligenz? Warum erkennen die nicht, dass sie das sind, was wahrnimmt und untrennbar mit dem verbunden sind, was wahrgenommen wird? Und dass das, was wahrnimmt und das, was wahrgenommen wird, eindeutig individuell ist, denn der Nachbar muss zwangsläufig eine Erfahrung machen, die zu meiner, um die Distanz zwischen uns, verschoben ist. Dieses Erfahrungsfeld ist somit ein individuelles und das kann man daher Individuum nennen – von lateinisch individuum = „Unteilbares„, „Einzelding„.

Nochmal: Warum behauptet das Advaita dann, dass es niemanden gibt und alles Illusion ist? Dazu gibt es eigentlich nur eine einzige Antwort: Diese Annahme, dass da keiner ist und nur die absolute Quelle, die niemand direkt erfahren kann – von der also auch niemand wirklich etwas wissen kann – außer dem, was die Intuition oder visionäre Einblicke einem zeigen – und das ist immer relativ interpretiert – diese Annahme existiert allein in den Köpfen der Advaitisten und diese Informationen haben sie schlicht und einfach gelesen oder gehört und einfach so übernommen.

<Sarkasmus ein> Irgend ein „hochangesehener Advaita Philosoph“ (zB Shankara) hat wohl irgendwann einmal seine „Lehre“ niedergeschrieben und alle anderen, etwas weniger angesehenen Philosophen, haben diese später übernommen und bezeichneten sich ab dem Moment ebenfalls als „Niemand„. Denn ein ordentliches Ego muss sich schließlich anpassen und darf keinesfalls aus der „spirituell-gesellschaftlichen Rolle“ fallen. <Sarkasmus aus>

Ich weiß, dass Suzanne Segal Erfahrungen machte, die sie jenseits ihres personalen Ich’s führten und in die Wahrnehmung „alles zu sein„. Wenn ich mich richtig erinnere, hat sie diese Wahrnehmung als „universell“ bezeichnet und ich bin mir ziemlich sicher, dass das nicht stimmt, denn auch ich hatte diese Wahrnehmung schon und ich hatte das Gefühl, dass sie höchst individuell ist – denn ICH habe sie gemacht, mein Nachbar aber nicht.

Man muss ganz klar sehen, wie das zusammenhängt, um nicht völlig verwirrt zu werden: Jedes individuelle Wahrnehmungs- und Ereignisfeld ist vom universellen Wahrnehmungsfeld abgeleitet. Wenn man es direkt „sieht„, dann wirkt das universelle Feld wie ein Ozean (See) mit lauter Blasen (Seelen) darin. Das universelle Wahrnehmungsfeld enthält alles als Gesamtheit und alle individuellen Sichten (Blasen, Seelen) auf die Gesamtheit.

Wenn Suzanne Segal also tatsächlich eine universelle Erfahrung gemacht hätte, dann hätte sie zwangsläufig die Gesamtheit sehen und Einsicht in jedes individuelle Wahrnehmungsfeld haben müssen. Das hatte sie meines Wissens aber nicht – sie erfuhr sich nur als das Hintergrund-Bewusstsein, das alles enthält, aus dem alles ist, das alle durchdringt und das immer und überall gleichzeitig ist – DIE SUBSTANZ. Das ist aber nur die natürliche Wahrnehmung des Hintergrundes ihres persönlichen Wahrnehmungsfeldes (Bewusstsein), das potentiell jeder machen kann.

Das, was ich als Individuum bezeichne, ist ein individualisiertes Wahrnehmungsfeld (Seele, Bewusstsein) – und zwar als Ganzes gesehen, inklusive aller Bestandteile der Wahrnehmung. Auf einen Menschen übertragen, ist ein Individuum ein Mensch, inklusive aller Handlungen, Ereignisse, Gefühle und sonstigen Wahrnehmungen, die er jeweils erfährt und der Welt, innerhalb der er (scheinbar) existiert – und zwar in der Wach- und Traum-Phase.

Das personale Ich ist lediglich ein Bündel von Vorstellungen, die besagen, dass da zusätzlich zu dem individuellen Wahrnehmungsfeld, was es tatsächlich ist – etwas anderes ist, das einen Namen hat und unabhängig davon schalten und walten könnte, wie es ihm seine Gedanken jeweils einflüstern. Diese Vorstellungen sind irreal aber da sie auf dem tatsächlichen Existenz-Gefühl basieren, wirken sie auf den ersten Blick real.

Schaut man aber genauer hin, insbesondere auf die vollautomatische Funktionsfähigkeit des hochkomplexen Körpers und dass das personale „Ich“ weder die Geburt, noch den Körper, dessen Erzeuger (Eltern, Genetik), Gesundheit und Krankheiten ausgewählt hat und dass ihm praktisch alle Ereignisse einfach nur geschehen, sieht man, dass das personale Ich nur eine Fiktion ist, die auf das sich selbst erfahrende Wahrnehmungsfeld aufgepfropft wurde.

Dass es irreal ist, bedeutet aber nicht, dass das personale Ich nicht existiert! Es existiert und es kämpft um seine Existenz. Es ist nur insofern irreal, als es sich lediglich um Vorstellungen und Ängste handelt – die aber, wenn es darum geht, das Ich zu transzendieren, erhebliche Schmerzen auslösen können! Das personale Ich ist aus der gleichen SUBSTANZ gemacht, wie das Wahrnehmungsfeld und sein gesamter Inhalt – aus reinem Bewusstsein.

Aus meiner lebendigen Erfahrung heraus, stelle ich hiermit fest, dass alles, von dem das Advaita behauptet, dass es nicht existiert, im Leben jedes Menschen real existiert: personales Ich, höheres Selbst (Individuum), Welt, Universum und alles andere, was wir als Menschen noch so erleben und wahrnehmen – und natürlich der Urgrund, die Quelle. Die einzige, sich mir zeigende, Illusion ist – Advaita.

Daher sehe ich es als falsch – und wenn es tatsächlich nur nachgeplappert wäre, sogar verbrecherisch an – wenn sich irgendwelche Gurus hinstellen und behaupten, dass „da niemand ist„, „niemand ein Ich hat„, „alle schon angekommen sind“ und „die gesamte Welt eine Illusion ist„.

Es ist doch ganz einfach: Was wahrgenommen wird, kann niemals eine Illusion sein, denn die Wahrnehmung wird ja tatsächlich gemacht. Das Einzige, was man guten Gewissens infrage stellen kann, ist die Beschaffenheit der Wahrnehmung (physische Erscheinungsform), dass da ein von der Umwelt getrennter Körper ist – und dass das personale Ich der Beherrscher des Körpers und des Lebens ist. Die Wirklichkeit, so wie ich sie immer wieder erlebe, ist ein individuelles Bewusstseins-Feld, das mit seinem gesamten Inhalt eine Einheit, ein Kontinuum bildet.