Wer schafft es, eine Minute lang ganz bei sich zu sein, ohne von Gedanken oder Gefühlen oder sonstigen inneren Bewegungen abgelenkt zu werden? Das bedeutet nicht, dass da keine Bewegungen, keine Gedanken und Gefühle sein dürfen! Damit ist gemeint, dass man sich ununterbrochen an sich selbst erinnert, ohne einer Bewegung zu folgen und sich dabei zu vergessen. Das ist eine passive Übung – wer kann das?
Die erste Übung war noch relativ einfach. Wie sieht es damit aus: Wer schafft es, mindestens eine Minute lang, einfach nur da zu sein und das Aufkommen von Gedanken und inneren Ablenkungen alleine nur mit seiner starken Präsenz zu unterbinden? Wer das schafft, ist innerlich so massiv wie ein Berg! Das ist auch passiv – aber auf eine andere Art. Wer das schafft, wer sich mindestens eine Minute lang ununterbrochen an sich selbst erinnern kann, ohne sich auch nur ein einziges Mal von sich selbst ablenken zu lassen – egal, was in ihm und um ihn herum passiert – der wird unter Garantie die Quelle erreichen.
Warum? Weil die Quelle – das absolute Bewusstsein – reine, ununterbrochene Selbst-Erinnerung ist!
Die meisten Menschen wissen das nicht – sie wissen nicht einmal, dass sie existieren. Sie sind so sehr in irgendwelchen inneren und äußeren Vorgängen verstrickt, dass sie sich nie daran erinnern, dass sie da sind. Und wenn sie das doch einmal tun – dann kommen ihnen diese Momente vor, wie ein Wunder – und sie notieren das in ihrem Tagebuch. Selbst wenn die Leute in der Badewanne liegen oder „relaxen“ – selbst dann denken sie und wandern von einem Gedanken zum anderen. Das ist vollkommene Selbst-Vergessenheit – vollkommene Dunkelheit.
Und der unbewusste Konsum von TV, Medien, Handy und irgendwelchen unwichtigen Informationen hält Dich in Deiner Unbewusstheit fest und schafft sie immer wieder neu. Du bist ein helles Licht aus reinem Bewusstsein – hältst Dich aber in vollkommener Dunkelheit, indem Du andauernd Unmengen schwarzer Farbe über Dich selbst kippst. Du erstickst Dein Licht in jeder Sekunde Deines Lebens. Aber sobald Du damit aufhörst, bist Du plötzlich DA! Leider hört praktisch niemand damit auf…
Wer es tatsächlich schafft, sich eine Minute lang nicht von sich selbst ablenken zu lassen – wer ununterbrochen das Gefühl halten kann: „ich existiere“ oder seine Hand fühlen kann, seinen Herzschlag oder ein anderes Körpergefühl – nicht als Gedanke, sondern nur das Gefühl spüren, wer das kann, kann es irgendwann auch eine Stunde, einen Tag und den Rest seines Lebens. Aber die erste Minute, die wird hart, sehr hart – weil Du erst einmal damit anfangen musst – und wer tut schon so etwas? Alles fängt mit dem ersten Schritt an – aber man muss ihn auch tun, nicht nur diese Information interessiert zur Kenntnis nehmen und dann sofort im Gehirn dem nächsten interessanten Gedanken folgen…
Wie schafft man das, wie kann man bewusst anwesend sein, während Gedanken aufsteigen und verebben? Schaue einfach mit unfokussierten Augen passiv in den Raum um Dich herum, schaue aber nichts direkt an. Schau mit einer Art „abwesendem Blick“, wie wenn Du nach außen schaust und dabei intensiv an etwas denkst. Probiere es solange, bis Du das kannst, ohne, dass die Augen immer wieder irgendwelchen Bewegungen folgen oder sich auf irgend ein Objekt heften und fokussieren. Starre einfach mit „abwesendem Blick“ in den Raum, ohne Dich anzustrengen. Wenn Du das beherrscht, dann mache das auch nach innen, indem Du mit Deiner Aufmerksamkeit nach innen schaust, den Verstand anschaust. Aber schaue auch hier unfokussiert, schaue also keine Gedanken oder Gefühle an – schaue einfach. Wenn du das auch kannst, dann tue beides gleichzeitig – schaue gleichzeitig unfokussiert und passiv in den inneren und äußeren Raum. Siehe auch hier die Übung zur Vereinigung des inneren und äußeren Bewusstseins-Raumes. Wenn Du das wirklich übst, wirst Du mit Sicherheit irgendwann eine Minute schaffen!
Wenn man gelernt hat, sich ständig in der Stille aufzuhalten, dann entfaltet sich die Fähigkeit, Gedanken und mentale Objekte einfach dadurch aufzulösen, dass man sie mit seiner Gewahrsamkeit anschaut und durchbohrt, wie mit einem Laserstrahl. Das hält kein Gedanke aus – er löst sich sofort auf! Es ist ausgeschlossen, dass so ein Mensch nicht gewollte Gedanken hat, denn wer den Geist so sehr konzentrieren kann, der kann sowohl bewusst denken, als auch bewusst nicht denken. Jeder Gedanke, der so angeschaut wird, löst sich sofort auf. Vielleicht täusche ich mich hier auch in Bezug auf andere – aber bei mir ist das so. Diese Fähigkeit entwickelt sich, wenn man sich lange Zeit an die ständige Gewahrsamkeit gewöhnt hat und sie mühelos aufrechterhalten kann.
Es geht hier nicht um Theorie, sondern um handfeste Praxis! Ich habe das auch nicht irgendwo gelesen – ich weiß, dass das möglich ist, weil ich das, was hier beschrieben wird, genau so praktiziere! Wenn mir zum Beispiel einer sagt: „denke nicht an einen rosa Elefanten“, dann kommt in mir kein Gedanke an einen rosa Elefanten auf und auch kein inneres Bild davon! Das kommt aber nicht als Geschenk angeflogen – das muss man sich erarbeiten!
Du kannst essen, in dem nonverbalen Wissen: ich esse.
Du kannst gehen, in dem nonverbalen Wissen: ich gehe.
Du kannst lesen, in dem nonverbalen Wissen: ich lese.
Du kannst alles tun, in dem nonverbalen Wissen: ich existiere.
Kannst DU das?
Wenn Du es kannst, warum tust Du es dann nicht?
Und wenn du es nicht kannst, warum lernst Du es dann nicht?
Dieses Da-Sein ist alles, was Du hast,
diese Existenz ist alles, was Du bist.
Und Du tötest Dich in jeder Sekunde,
in der Du nicht weißt, dass Du bist!
PS: nonverbal bedeutet: nicht sagen und nicht denken, einfach nur wissen, gewahren, fühlen.