Dezentralisierte Wahrnehmung – Update

Beim Aufwachen heute Morgen, schien es, als ob jede feinste Bewegung gefühlt wurde. Das Hirn war deutlich fühlbar, als eine Anhäufung von feinen Lichtpulsen, die gesehen und gefühlt wurden. Auch der Rest des Körpers wurde nicht flächig und massig wahrgenommen, sondern als feine Punkte von Bewegung und Licht, die aus einer Dunkelheit aufstiegen und wieder darin verschwanden.

Alles war dezentralisiert und es gab keine zusammenhängenden Wahrnehmungen. Statt dessen war eine vollkommen dunkle und stille Anwesenheit und Präsenz da, aus der das alles aufstieg. Es fühlte sich an, wie eine stockdunkle Nacht, in der Glühwürmchen aufblitzen. An manchen Stellen gehäuft und an anderen eher vereinzelt.

Dann wurde der Versuch gemacht, sich auf irgend einen Teil der Wahrnehmung zu konzentrieren und sofort verschwand diese globalisierte Wahrnehmung und wurde durch flächige, massige, klumpige Wahrnehmung ersetzt. Sobald die Konzentration wieder losgelassen wurde, verschob sich etwas ganz fein und die globalisierte Wahrnehmung war wieder da. Bei mehrmaligem Hin- und Her-Springen wurde gesehen, dass der Punkt, von dem aus die zentralisierte Wahrnehmung erfolgte im Kopf ist, dass das aber mit einer feinen Anspannung im Bauch zusammenhängt.

Diese dezentralisierte Wahrnehmung wird nicht von jemandem gemacht, sondern da IST nur dezentralisierte Wahrnehmung. Da ist kein Jemand, da ist nur ein Vorgang und in diesem Vorgang des Wahrnehmens erscheint einfach alles, wie es ist, ohne den geringsten Versuch der gedanklichen Einordnung. Diese gedankliche Nicht-Einmischung war allerdings schon lange so.

Es sieht so aus, als ob der dunkle Hintergrund, der lange Zeit nur hinter dem Körper wahrgenommen wurde, nun überall ist: im Körper und außen herum. Der dunkle Hintergrund ist es, der alles verbindet und damit einen kontinuierlichen und grenzenlosen „Raum der Wahrnehmung“ erschafft, in dem kein Gefühl von „Ego-Ich“ mehr ist, sondern nur noch allumfassende Präsenz. Man kann aber auch nicht sagen, dass sich das als „ICH“ anfühlt, es ist eher eine unpersönliche Präsenz. Da ist etwas aber es sagt nicht „ich„, sondern ist einfach da.

Das Erstaunliche ist, dass beim Schreiben des ersten Satzes, des vorherigen Absatzes, der Impuls da war zu schreiben: „Es sieht so aus, als ob der dunkle Hintergrund, den ich die ganze Zeit nur hinter dem Körper wahrgenommen hatte, nun überall ist…“ Aber im Moment des Schreibens wurde unmittelbar gesehen, dass das absurd ist und der Satz wurde so geändert, wie er nun dasteht. Es ist völlig eindeutig, dass da kein zentralisiertes Ich ist, sondern ein dezentralisiertes Wahrnehmungs-Feld oder ein Wahrnehmungs-Raum oder einfach nur der unbegrenzte Vorgang der Wahrnehmung. Da ist nur Wahrnehmung, kein Wahrnehmender.

Beim Sitzen am Frühstückstisch wurde versucht, die Wahrnehmung weiter zu erforschen und dabei wurde gesehen, dass der Blick automatisch weit und offen war und sich an nichts anheftete. Sobald Blick-Anheftung (Blick-Fokussierung) geschah, wurde die gesamte Wahrnehmung so zentralisiert, dass es schien, als ob der Sitz der Wahrnehmung im Kopf ist und „jemand“ ist. Gleichzeitig geschah eine fast unmerkliche Kontraktion im Bauch und hinter den Augen.

Diese Verschiebung von „ich“ auf „nicht-ich“ oder zentralisiert auf dezentralisiert ist so winzig, dass sie fast nicht wahrnehmbar ist. Die Auswirkungen sind jedoch ganz enorm, denn sie führen dazu, dass sich das, sich nicht selbst bemerkende, Bewusstsein, als „Körper und Ich“ erkennt und automatisch beginnt zu leiden, wenn der Inhalt der Wahrnehmung nicht den Vorstellungen von „gut“ genügt.

Momentan wird auch nicht die Subjektivität des Bewusstseins als „ICH“ wahrgenommen, sondern als Teil der Wahrnehmung. Offenbar versucht Anadi, die Zentralisierung der Wahrnehmung aufzulösen, indem er sie vom menschlichen Beobachterzentrum an der Stirn an den Hinterkopf verschiebt. Dadurch soll sich eine langsame Umgewöhnung ergeben. Dann dehnt er den fokussierten Bereich der Wahrnehmung langsam aus, indem eine Hingabe nach hinten und unten erfolgt, so dass sich das Bewusstsein langsam an eine dezentralisierte Wahrnehmung gewöhnen kann.

Tatsache ist aber, dass es gar kein Zentrum gibt! Das, was als Zentrum wahrgenommen wird, ist nur eine subtile Selbstverarschung: Eine subtile körperliche Kontraktion im Angesicht des nackten Nichts, der nackten Leere der dezentralisierten Nur-Wahrnehmung, die alles und jedes durchdringt und einfach überall ist.

Mir ist der wirkliche Grund nicht bekannt, warum Anadi das persönliche Bewusstsein alleine im Kopf verortet – was hier definitiv anders erlebt wird. Das persönliche Bewusstsein ist nichts anderes, als auf die eigene Subjektivität oder ein anderes Wahrnehmungsobjekt fokussiertes, individualisiertes Gewahrsein oder universelles Bewusstsein – und das ist potentiell überall. Löst man den Fokus des Bewusstseins auf, dann ist da nur noch grenzenloses Gewahrsein. Gewahrsein ist also entfokussiertes, dezentralisiertes Bewusstsein.

Hinzu kommt, dass die dezentralisierte Wahrnehmung nicht mehr gedämpft ist. Jedes Neuron, das im Hirn feuert, kann wahrgenommen werden, was zu einem Feuerwerk an Wahrnehmungs-Impulsen führt und nicht gerade angenehm ist. Anadi spricht viel von „well-being“ also von „gut gehen, gut fühlen, Wohlgefühl„. Das kommt aber nur dann zustande, wenn man die dezentralisierte Wahrnehmung im Körper positioniert und verkörpert, was zu einer sofortigen Dämpfung der Wahrnehmung führt.

Das ist so, wie wenn die Blechverkleidung einer Maschine brummt und scheppert, weil sie mit dem entstehenden Schall mitschwingt (Körperschall). Um diese Bewegung zu dämpfen muss man nur die Hand auf die Blechverkleidung legen und das Brummen verschwindet. Tatsächlich verschwindet es aber nicht, es findet nur eine lokalisierte Berührung des Bleches statt, so dass es nicht mehr frei mitschwingen kann. Das Blech ist dann sozusagen geerdet. Der verursachende Schall und auch die (gedämpfte) Bewegung des Bleches sind nach wie vor da.

Mit anderen Worten: Die frei fließende Wahrnehmung mit ausschließlichem Blick auf die Bewegungen schwingt immer mit allen Wahrnehmungen mit und das ist unangenehm. Wenn aber der Blick nicht auf den Bewegungen (Wahrnehmungen) haftet, sondern am Hintergrund der Wahrnehmung selbst, an der Präsenz, an der stillen Dunkelheit, an der Stille – dann ereignet sich auch dieses Brummen und Scheppern – aber nur als temporäre Bewegung im stillen Raum des dunklen Hintergrundes. Dieser dunkle Raum der Stille schwingt nie mit, er ruht immer in sich selbst.

Wer sich wirklich als diesen Raum erlebt, der wird deutlich sehen, dass alles aus der stillen Dunkelheit aufsteigt und wieder darin verschwindet und dass die Bewegungen aus Dunkelheit und Stille bestehen. Dann wird dieser dunkle Raum, der stille Hintergrund, die Stille – überall gefühlt, was nur eine andere Beschreibung ist für: dezentralisierte Wahrnehmung.

Der Hintergrund des Ganzen ist wohl, dass vor zwei Tagen eine Mail eines mir bis dahin Unbekannten kam. Darin war beschrieben, wie dieser Mensch sich momentan fühlt, nämlich als etwas, das da ist aber nicht benannt werden kann. Der momentane Zustand ist das Ergebnis, eines sich über lange Jahre hinziehenden Prozesses, der offenbar von selbst ablief und in dem die Selbstwahrnehmung als „ich“ kontinuierlich nachließ.

Es wurde aber hier nichts dazu getan, das auch so zu erleben – es geschah spontan beim Aufwachen, heute Morgen. Genau so geschieht Führung und Entwicklung: „Hinweis, hinschauen, erkennen, innere Verschiebung, Veränderung, Bestätigung„. Aber nicht so verstanden, dass da „jemand“ ist, der den Hinweis zur Kenntnis nimmt und dann ein „Übungsprogramm“ startet, um „auch dahin zu kommen“ – sondern als spontane und grundlose Folge von Ereignissen im dunklen Feld der immer seienden Präsenz. Daher erübrigt sich die Frage „Warum?“ – die Antwort ist immer: Darum.

Ob das so bleibt, kann nicht gesagt werden – es kann momentan jederzeit zwischen anhaftender und frei fließender Wahrnehmung gewechselt werden. Möglicherweise ist das auch nur wieder eine Demonstration, um zu zeigen, „wie sich das anfühlt„. Solche Demonstrationen gab es schon öfter und sie führten meist zu inneren Veränderungen, obwohl anschließend der menschliche Normalzustand wieder zutage trat. Es geht wahrscheinlich nur darum, immer mehr zu erkennen, dass da nicht wirklich jemand ist, sondern nur die reine Wahrnehmung an sich – das Bewusstsein an sich.

Nachtrag: Das alles bedeutet aber im Umkehrschluss, dass es gleichgültig ist, ob „jemand“ da ist oder nicht – da kann durchaus „jemand“ sein, vor allem im Umgang mit anderen Menschen – wenn sich das Bewusstsein an sich nur nicht mehr mit diesem „Kerlchen, das auch da ist„, verwechselt, sondern es liebevoll zur Kenntnis nimmt, mehr aber auch nicht.

Es muss also nichts vernichtet werden, sondern nur das Falsche als falsch erkannt und der Fokus auf das Wahre gelegt werden – auf den immer seienden Hintergrund, auf dem alles und jedes nur abläuft, sich erhebt, kurz aufblitzt, wieder verlöscht und zurück sinkt. das kann aber nicht gemacht werden, weil nicht wirklich jemand anwesend ist, der tun kann – das ist nur eine subtile Selbstverarschung – es geschieht ganz einfach, wenn es an der Zeit ist. Punkt.

Hiermit werden sämtliche spirituellen und sonstige Wege als falsch bezeichnet – und als richtig, wenn sie nötig sind.

Es ist eben nicht ein „Entweder, oder“ – das ist Trennung.
Es ist ein sowohl, als auch – die Vereinigung aller Gegensätze.
Dualität in der nicht-dualen Einheit – Einheit und Vielheit in EINEM.
STILLE DUNKELHEIT – und darin BEWEGUNG und LICHT – bestehend aus STILLE und DUNKELHEIT.